Außergewöhnliche Malerei im Kunstraumdarss

Die Frau im knallroten Korsett fällt dem Besucher im Kunstraumdarss ins Auge. „Venus Kallipigos“ betitelt Hans Ticha diese Malerei von 2014. Das Reduzierte wirkt durch Form und Farbe. Dieses Bild hat für den Berliner Grafikdesigner und Maler Karl-Heinz Beck „was Unterkühltes“. „Sie präsentiert sich mit ihren feministischen Reizen, hält den imaginären Betrachter auf Abstand, ist zugeschnürt und für alle tabu.“ Eigentlich gehöre Hans Ticha in ein anderes Umfeld, meint er. Doch Galerist Johannes Zielke schätzt sich glücklich, in seinem kleinen Kunsttempel eine erlesene Auswahl des Künstlers Ticha zu zeigen, der im September seinen 75. Geburtstag feiert. „Hierher kommen Museumsdirektoren, Sammler von Bremen bis München, Österreicher, Schotten und Schweizer. Im Urlaub haben sie Zeit“, sagt Zielke. Er will das Werk des Künstlers heben, der schon zu DDR-Zeiten ein Außenseiter war und Arbeiten aus innerer Dringlichkeit schuf, die er in Schubladen oder rückseitig an den Wänden verwahrte, Bilder der Führungsriege, die sich selbst feierte. „So habe ich die DDR-Welt erlebt wie in dem Katalog ‚Anhaltender Beifall' von Hans Ticha. Sie war eine komische Veranstaltung, und wir haben nicht wenig dazu beigetragen, dass sie so komisch geworden ist“, fasste Musikwissenschaftler und Publizist Dr. Gerhard Müller 2011 im Kunstkaten zur Vernissage mit Hans Ticha zusammen. Aus den Bildern springt dem Betrachter der Kubismus entgegen, lässt aber auch Vergleiche mit dem französischen Maler Fernand Léger zu, der gleichfalls seine Motive in kubistische Formen verwandelte. „Der exakte und feste Malstil wird der Anregung seines Lehrers Professor Kurt Robbel entstammen, der auf peniblen Umgang mit den Materialien und auf ein Höchstmaß von Ordnung und Sauberkeit achtete“, berichtet der Ahrenshooper Professor Ludwig Kellner in seiner ganz persönlichen Sicht auf den Maler Hans Ticha. Beide begegneten sich erstmals im Februar 1965 an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee zur Eignungsprüfung, zu der Ticha in NVA- Uniform erscheinen musste. Unverkennbar ist die Handschrift des Malers und Grafikers, der für seine Bildaussage Mensch und Umgebung auf das Notwendigste reduziert. Besonders deutlich wird es bei den musischen Darstellungen, wenn Musiker und Instrument miteinander verschmelzen oder eine Tuba sich selber spielt. Eine ganze Serie hat Hans Ticha zum Thema „Frisörsalon“ gemalt. „Kann ich mich in die Ecke setzen und zeichnen, falls es ihre Kunden nicht stört?“, hatte er die Chefin des Salons vis-à-vis, eine „schäbige Ruine in der Berliner Rykestraße“, in den 1960ger Jahren gefragt und bekam zur Antwort: „Det wär ja noch schöner!“ Also durfte er. Hans Ticha, 1940 im Sudentenland im damaligen Tetschen-Bodenbach (Decin) geboren, „ist der bedeutendste und interessanteste Kritiker des Massen- und Propaganda-Designs der DDR.“ Er malte Plakate und illustrierte Kinderbücher. Seit 1993 lebt Hans Ticha freischaffend im hessischen Maintal. Eine retrospektive Werkschau wird vom 12. Dezember 2015 bis März 2016 im Kunstmuseum Jena gezeigt. Ausstellung: Kunstraumdarss, bis 4. Oktober, im Moor 3b, Born, freitags bis sonntags, 13-17 Uhr und nach Vereinbarung: ☎ 038234/169820. Hierher kom- men Sammler von Bremen bis München, Österreicher, Schotten und Schweizer.“Galerist Johannes Zielke Elke Erdmann

Born - Außergewöhnliche Malerei im Kunstraumdarss