Bilder aus Lehm und Marmorstaub

„Dieser Lehm ist aus Piemont in Italien. Ocker aus Südfrankreich. Das Grau ist Marmorstaub. Das Schwarz ist aus der Kohlenstraße in Kassel. Ich habe es von einem Trümmergrundstück geholt“, beschreibt die Malerin Hildegard Jaekel die Farben auf einem ihrer großen Gemälde. Sie stellt Malerei mit Erden aus aller Welt und anderen Materialien in der Galerie Künstlerdeck in Wieck aus. Die Künstlerin sieht sich als „Grenzgängerin zwischen Malerei und Bildhauerei“. Hildegard Jaekel, Jahrgang 1939, studierte Freie Kunst an der Werkkunstschule Saarbrücken und Hochschule für Bildende Künste in Kassel. Die sogenannte Arte-Povera-Bewegung habe sie geprägt. „Bis heute“, sagt sie. Die Stilrichtung der „Arte povera“, arme Kunst, hat ihren Ursprung in Italien und geht auf den Kunstkritiker Germano Celant zurück. Farben kauft Hildegard Jaekel nicht, ausgenommen das beste Blau, das vom Halbedelstein Lapislazuli fein gemahlen wird. Ihre Farben sind Erden, die sie von Freunden und Bekannten mitgebracht bekommt. Mitunter stehen die Schätze vor der Tür in der Quiddestraße in Kassel, wo sich ihr großes Atelier befindet. Ort und Datum sind verbrieft, manchmal ist sogar ein Foto dabei, wo die Erde entnommen wurde. Ihr Konzept ist einfach, denn ihre Malerei beginnt, wenn sich ein Mensch bückt. „Er ist somit an meiner Malerei beteiligt“, erklärt Hildegard Jaekel. In der ersten Werkgruppe thematisiert sie Fläche, Raum und Perspektive in den Bildern. Sie entspringen der nuancenreichen Farbpalette aus der Natur. „Die Welt ist mein Malkasten“, sagt die Künstlerin. Die Erden sind grobkörnig, kristallin, weich, geschmeidig wie fetter Acker oder transparent. Diese Eigenschaften beachtet und respektiert sie bei der Umsetzung ihrer Bildideen. Zur zweiten Gruppe gehören Wandobjekte. „Damit habe ich mich von der Malerei verabschiedet. Es sind ganz neue Arbeiten“, sagt Hildegard Jaekel. Den Hintergrund bilden Pappe und Erde wie gehabt, mit Gaze gekrümmt, geschichtet und gefaltet. Dadurch bekommt das Bild eine erhabene Struktur. Sie verändert sich durch den wechselnden Lichteinfall und in den Augen des wandelnden Betrachters. Das Eigene und ganz Besondere zu finden, gelingt Hildegard Jaekel. „Ich mag auch müde Farben. Deshalb spricht mich das an“, sagt Besucherin Roswitha Erler aus Minden. „Das ist sehr interessant und sehr mutig.“ Seit 2008 führt Gudrun Gottschalk ihre Galerie Künstlerdeck im Gebäude der ehemaligen Schule, wo sie selbst auf der Schulbank gesessen hat. „Die Galerie ist mein Leben“, sagt die gelernte Drogistin und Fotografin. Die Ausstellung kann noch bis zum 24. April, immer freitags und samstags von 11 bis 17 Uhr, in der Galerie Künstlerdeck Wieck, Bliesenrader Weg 2, besucht werden. Elke Erdmann

Wieck - Bilder aus Lehm und Marmorstaub