Born - Borner Sonderschau — im Rausch der Farben

„Die Arbeit bringt mich Schritt für Schritt näher zu der langsam und mühsam erkämpften Erkenntnis: Bilder malen mit innerem Wert, rund und voll wie eine kleine Stube voller Wärme, oder weit und klar voller Wahrheit wie der Horizont “ Das schreibt Carl Marx (1911 - 1991) am 5. April 1947, im selben Jahr, als er in Dessau in einer ersten Ausstellung seine Bilder zeigt und fortan freischaffend als Maler tätig ist. Im „Kunstraumdarß“ in Born sind nun Malerei und Zeichnungen aus seinem Nachlass konzentriert. Galerist Johannes Zielke nennt ihn „einen der ganz großen Klassiker, die in der DDR an den Rand gedrängt wurden.“ „Im Rausch der Farben“ ist die Ausstellung überschrieben. Das große Ölbild „Brasil Tropic-Ballett“, 1986, dominiert den Raum und zeigt pure Lebensfreude und Temperament der fast nackten Tänzerinnen mit berauschendem Federkopfschmuck. In Kniehöhe bewegt sich ein lachender Harlekin. Carl Marx ließ sich von dem Ballett inspirieren, das seinerzeit durch die DDR tourte und wie ein Magnet wirkte. Frauen kommen in der Biografie des Künstlers nicht vor. In seinen Bildern ist er ihnen sehr zugetan und zeigt sie mitunter in exzessiver Lebenslust, in genüsslichen Posen oder schönen Akten. Im zauberhaften Kleid kommt „Kellnerin Zofia“, 1969, daher. Das Tablett mit asiatisch anmutendem Geschirr und rosa Teekanne scheint sie zu balancieren. Ihre grünen Augen blicken sinnlich. Über dem linken Unterarm hält sie ein weißes Tuch. Dieses Bild vermittelt eine behagliche Atmosphäre. In den frühen Gouachen 1951 „An der Adria“ und „Mädchen in südlicher Landschaft“ spürt man die Sonne des Südens. Besondere Aufmerksamkeit verdient das Bild „Der fliegende Holländer begegnet Stella“, 1986. Carl Marx nutzt ein traditionelles Seestück eines unbekannten Malers und setzt wenige Elemente hinzu. Das Schiff in den Farben Rot, Weiß und Grün scheint wie an einem Fallschirm zu hängen und berührt neben den historischen Segelschiffen kaum das Wasser. Die legendäre Senta aus Richard Wagners Oper badet hier neben einem bunten Wasserball und reckt die Arme empor. Zu dieser Adaption ließ Marx sich von einer holländischen Eisschnellläuferin anregen, deren Foto er in einer Zeitung entdeckte. Das ist auf der Rückseite des Bildes dokumentiert. Eine schöne Reihe maritimer Blätter zeigen „Fischkutter in Warnemünde“, „Am Kurhaus“ und „Matrosen und Mädchen“. Sie leiten zu der sehr modernen „Galionsfigur“, 1975, Mädchen mit blauem Haar über. Carl Marx erlernte zunächst den Beruf des Dekorationsmalers. Für kurze Zeit studierte er bis 1933 am Bauhaus in Dessau, wo er Unterricht auch bei Wassily Kandinsky genoss. Kunsthistoriker Dr. Andreas Hüneke schreibt über den asketisch lebenden Künstler: „Pinsel und Farbe waren wohl das Wertvollste, was Carl Marx besaß.“ Großes Interesse bezeugten die beiden promovierten Internisten Katrin und Horst Haack aus Basel. „Die Ausstellung ist sehr ansprechend, die Atmosphäre in der kleinen Galerie speziell. Unerwartet haben wir diese Bilder angetroffen“, sagt Katrin Haack. Elke Erdmann Ausstellung: bis 3. August, Freitag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr, Kunstraumdarß, Im Moor 3b, Born/Darß OZ