Das Herzstück des Festspielfrühlings

Durch die Fensterscheiben des Restaurants „Seeterrassen“ strahlt Klärchen mit voller Kraft. Sonne, blauer Himmel, Ruhe — Rügen von seiner besten Seite. „Da hat doch ein Hoteldirektor nicht mehr viel zu tun“, schmunzelt Dr. Markus Fein und setzt sich entspannt an den Frühstückstisch. „Das Cliff Hotel ist toll, alle lieben es“, lobt der Intendant der Festspiele MV. In der Selliner Luxusherberge sind noch bis Sonntag 15 Künstler untergebracht — die Stammbesatzung des 4. Festspielfrühlings. Wiedermal. Von Anfang an ist das Fünf-Sterne-Haus Partner. „Wir sind froh, dass wir einen Ort haben, wo alle Künstler zusammen sind. Hier entstehen Ideen, hier wird das Miteinander gelebt, er ist das Herzstück des Festspielfrühlings“, schwärmt Fein. Und ein großes Zugpferd für die Künstler, nach Rügen zu kommen, weiß Karl Heinrich Wendorf. „Zwei junge Familien haben sogar ihre Kinder mitgebracht und hängen ein paar Tage Urlaub mit ran“, erzählt der 26-Jährige. Er ist beim Festspielfrühling „Mädchen für alles“. Wann wer Probe hat, wer zu welcher Veranstaltung gefahren werden muss, wie die Instrumente von A nach B kommen — darauf hat Wendorf eine Antwort. Der Projektkoordinator zieht zusammen mit seinen Kollegen Julia Sinnhöfer (27) und Frederic Tietz die Fäden hinter den Kulissen — bis hin zum Besorgen der Rügener Abschiedsgeschenke für die Künstler. „Es ist schon eine große Logistik und viel Fahrerei“, meint Karl Heinrich Wendorf und legt den knallbunten Ablaufplan den Tisch. „Der ist selbst schon wie ein abstraktes Kunstwerk“, findet der Festspielintendant und tickt auf die Uhr „Ich muss los.“ Auch dem Fauré Quartett bleibt nicht viel Zeit zum Essen. Die vier Musiker kommen gerade aus dem Arndt-Gymnasium in Bergen, um Schüler für klassische Musik zu begeistern, nun geht es zur Probe für das Konzert am Abend zusammen mit anderen Kollegen. Die sind schon im „Spiegelsaal“. Den füllen Musik, österreichische Wortfetzen, Lachen, Kaffeehausatmosphäre. „Ich bin das erste Mal auf Rügen. Die Stimmung ist unglaublich. Zusammen mit dem Licht und der Ostsee gibt einem das viel Kraft“, sagt Ariane Haering. Die Schweizerin, die in Salzburg lebt, ist mit ihrem Mann, dem Violinisten Benjamin Schmid und den beiden Kindern Emilian (5) und Flora (3) angereist. „Musik und Kinder, das ist fast wie Urlaub“, lacht die Pianistin. Fast. Die Musiker haben in den zehn Tagen auf Rügen ein hartes Pensum zu absolvieren. Trotzdem, die Stimmung ist locker — bis spät in die Nacht, wenn die Musiker bei den Zugaben nach dem Konzert mit dem Publikum anbändeln. Mit dem Charme von Wiener Komödianten. Die Letzten sind nach dem Konzert im Gutshaus Boldevitz erst um drei Uhr ins Bett, die Ersten gestern waren schon um 7 Uhr am Strand, einige sogar baden. Auch in den Salons „Vilm“, „Granitz“, „Mönchgut 1“ erklingt jetzt Musik. Dezent dringen Töne von Klavier, Violoncello und Bratsche in den Hotelflur. Sieben Räume stehen den Künstlern zur Verfügung, drei Flügel wurden extra mitgebracht. „Wir sind total glücklich und dankbar, weil die Festspiele uns ein anderes Publikum ins Haus zaubern, die Stimmung steckt die Mitarbeiter und Gäste an“, ist Hoteldirektor Peter Schwarz begeistert. Der 48-Jährige ist im Vorstand der Festspielfreunde, dem rund 1000 Mitglieder starken Förderverein der Festspiele MV. „Es sind in diesen Tagen noch mehr geworden“, freut sich Schwarz, dass die Musikwoche inzwischen auf der Insel angekommen ist. Die Nachfrage sei größer als die Kapazitäten. „Das ist ein Highlight für die Insel, das sind Weltstars, das müssen wir allen sagen.“ Auch zwei Hotelgästen, die vertieft Zeitungen lesen. „Kommen Sie heute ins Konzert, das wird toll“, frohlockt Schwarz. „Fußball ist da leider starke Konkurrenz“, zuckt die Urlauberin mit den Schultern. „Das ist doch keine Konkurrenz!“, kontert der Hotelchef. „Na, wir überlegen es uns noch“, schaut der Gast hinter seiner Lektüre vor. Großes Pensum 16 Konzerte und vier Begleitveranstaltungen absolvieren die Künstler beim 4. Festspielfrühling Rügen zum Thema Wien in zehn Tagen. 9 Veranstaltungsorte mit insgesamt 14 Spielstätten gibt es dabei auf der Insel. Ebenso 15 Partnerhotels an 7 verschiedenen Orten. Nach der Strauss-Gala mit Tänzern der Ballettakademie der Wiener Staatsoper am Sonnabend in der Nordperdhalle Göhren gibt es auch wieder eine „Zugabe mit Musik“. Die Abschiedsparty findet im Cliff Hotel statt. Gerit Herold

Sellin - Das Herzstück des Festspielfrühlings