Die große Schlacht der Wortakrobaten

„Fünf Minuten sind einfach zu knapp.“ Mit diesen Worten brachte ein Zuhörer die Meinung eines trotzdem restlos begeisterten Publikums auf den Punkt. Randvoll war auch diesmal die Kulturschmiede zum Sund-Slam. Dichtgedrängt saßen die erwartungsfrohen Fans des Dichter-Wettstreits. Elf Kandidaten stellten sich am Donnerstagabend der kritischen und slam-erfahrenen Zuhörerschaft. Den Regeln entsprechend, sollten sie in fünf Minuten einen Text ohne zusätzliche Hilfsmittel aus eigener Feder vortragen. Einmal in Fahrt, vermochte so mancher der Bühnen-Poeten seinen Wortfluss jedoch kaum noch zu stoppen. Musste dies aber, sehr zum Unwillen der gebannten Lauscher. Denn was die Wortakrobaten, überwiegend aus dem Norden Deutschlands — mit einer durchaus verbesserungswürdigen Frauenquote von zwei zu neun — an mitreißender und zuhörenswerter Literatur boten, war grandios. Egal, ob sie es in Prosa, in wilden Reimen oder gar im Rapp-Rhythmus taten. Da gab es Texte voller Ironie und Sarkasmus, aber auch mit tiefem Ernst und hoher Nachdenklichkeit. Es ging um den Tod eines langjährigen Partners oder um chaotische Verirrungen im Internet. Mal stritten sich die deutschen Dichterfürsten Goethe und Schiller zitatenreich um die Bedeutung ihres literarischen Werkes. Dann wieder brachten die irren Erfahrungen eines Brandenburger Ossis das Publikum zum Lachen. Letztendlich musste die Entscheidung zwischen Emotionalität und Seriosität zwischen reinem Spaß und Unterhaltung fallen. Das Zuhören war aber in allen Fällen ein großartiger Genuss. Was den Ausschlag zur Wahl der drei Besten gab, war wie meist die Kunst des Entertainments und die Präsenz auf der Bühne. Moderator Markus Klose lud nach dem Publikumsvotum die Slammer Richard Schuster, Karsten Lampe und Diego Hagen zur finalen Runde ein. Am meisten überzeugte schließlich Karsten Lampe aus Berlin mit 30 aberwitzigen Lebensmaximen als Ultima Ratio. Einen kleinen Sonderpreis hatte zuvor Sarah Swojak aus Abtshagen erhalten — mit 15 Jahren die bisher jüngste Teilnehmerin, die sich bei dem Stralsunder Poetry Slam auf die Bühne wagte. Für ihren Vortrag eines emotional bewegenden Textes über den Verlust eines Freundes schlug ihr viel Sympathie und Anerkennung aus dem Publikum entgegen. Ihren Mut belohnten die Veranstalter mit einer der kleinen Pandabär-Leinwände von der Bühne, kurz bevor die 15-Jährige noch vor dem Finale wieder aufbrach — schließlich musste sie am Freitag wieder in die Schule. Gemessen am bisweilen frenetischen Applaus bot der 5. Sund-Slam in der Schmiede ein exzellentes Kunsterlebnis. Bestätigt wurde das auch durch eine tiefe Stille während der Vorträge, die allen ein ungestörtes Zuhören ermöglichte. Veranstalter Andy Kutter kündigte bereits für den September 2015 ein weiteres Highlight dieser Art an. Dann aber mit verändertem Modus: weniger Teilnehmer, längere Vortragszeit. Man darf gespannt sein. • Video vom Sund-Slam: QR-Code scannen oder auf www.ostsee-zeitung.de klicken Bernd Hinkeldey

Stralsund - Die große Schlacht der Wortakrobaten