Die „hübsche Tochter“ in Gummistiefeln

Bergen — In unserer Serie „Störtebeker: Hinter den Kulissen“ stellen wir in loser Reihenfolge Schauspieler und Kleindarsteller der Störtebeker-Festspiele in Ralswiek vor. Heute erzählt die 16-jährige Stephanie Maaß aus Bergen mehr aus dem Alltag der Kleindarsteller. Im OZ-Interview berichtet die Gymnasiastin, die eine „hübsche Tochter“ spielt, unter anderem über Gummistiefel auf der Bühne und den beherzten Griff von Schauspielerkollegen Mario Ramos. OSTSEE-ZEITUNG: Sie sind als „hübsche Tochter“ besetzt worden. Was geht einem da durch den Kopf? Stephanie Maaß: „Oha“, habe ich gedacht. „Was kommt jetzt?“. Ich bin ja erst das zweite Jahr dabei und wusste nicht, was mich erwartet. Was die Figur auf der Bühne tun muss, erklärt Regisseur Thomas Schendel dann Schritt für Schritt bei den Proben. Ich bin mit meiner Rolle zufrieden. Seit ein paar Tagen hat die „hübsche Tochter“ sogar einen Namen: Olga. Der hat sich bei den Vorführungen so ergeben. OZ: Was passiert der hübschen Olga denn im Stück „Aller Welt Feind“? Maaß: Meine „Olga“ hat es nicht leicht. Sie ist mit ihren Eltern auf dem Markt, als sie von dem Schergen von Fürst Wassili geraubt wird. Wassili hat ein Auge auf das Mädchen geworfen und bringt sie als Betthäschen in seiner Burg unter. Zum Ende des Stückes können sie ihre Eltern aber aus den Händen Wassilis freikaufen. OZ: Das hört sich aber eher nach dramatischer Hauptrolle an als nach Kleindarsteller. Maaß: Der Regisseur Thomas Schendel hat sich für die Kleindarsteller eigene Mini-Geschichten ausgedacht, die sie im Stück spielen. Das ist toll, so hat man auch bei den kleinsten Rollen noch eine Handlung. Neben der Haupthandlung gibt es viele Geschichten am Rand der Bühne: über Ehebruch und Versöhnung zum Beispiel. Die Zuschauer haben dadurch überall im Bühnenbild etwas zu entdecken. OZ: In dem Stück fasst ihnen der Schurke Großfürst Wassili (gespielt von Mario Ramos) auch an die Brust. Wie geht man mit so viel Intimität um? Maaß: Zuerst war es schon komisch. Aber Mario Ramos ist ein professioneller und dabei sehr freundlicher Schauspieler und mittlerweile lachen wir über die Situation und machen unsere Späße. Mario ist sowieso ein humorvoller Mensch. Mit einem sehr ansteckenden Lachen. OZ: Und was sagen ihre Eltern und Freunde dazu? Maaß: Meine Eltern waren erst sehr skeptisch, als sie von diesem Teil der Rolle hörten. Nachdem ich ihnen erklärt hatte, wie respektvoll alle miteinander umgehen und sie das Stück gesehen hatten, waren sie allerdings beruhigt. Meine Freundinnen dachten zunächst, Mario tut nur so und würde nicht wirklich zufassen. Sie waren ziemlich geschockt, als ich ihnen gesagt habe: doch, doch! Aber es ist eben nur Schauspielerei. OZ: In der vergangenen Woche hat es wie aus Kübeln geregnet. Wie gehen sie als Darsteller damit um? Maaß: Wenn es gießt, bilden sich auf der Bühne schnell Pfützen und der Boden wird matschig. Vor der Vorstellung wird entschieden, ob wir Gummistiefel unter die Kostüme ziehen oder nicht. Der Regen ist nicht das Problem, aber in Gummistiefeln elegant über die Bühne zu schreiten, ist eine Herausforderung. Man darf auch nicht zu lange auf einer Stelle stehen, sonst sinkt man ein. Noch schlimmer ist das Wetter allerdings für die Kleindarsteller, die sich bei Action-Szenen in den Matsch werfen müssen. OZ: Die Vorstellungen finden unter der Woche jeden Tag statt. Wie bekommt man die Kostüme so schnell wieder sauber? Maaß: Das machen unsere Schneiderinnen, ich habe keine Ahnung, wie. Wir hängen die Kostüme nach der Vorstellung zum Trocknen auf. Wie durch Zauberhand sind sie am nächsten Tag sauber und einsatzbereit. Wenn die Verschmutzungen zu schlimm sind, wird auch mal gewaschen. OZ: Sprechen sie auch im Stück? Maaß: Zumindest nicht so, dass es das Publikum mitbekommt. Aber wir Kleindarsteller reden schon miteinander auf der Bühne. Wenn ich am Marktstand stehe, frage ich ganz selbstverständlich nach, wie viel der Händler für die Ware haben will. Durch das Sprechen identifiziert man sich einfach besser mit der Rolle. OZ. Geht bei den Kleindarstellern auch mal etwas schief? Maaß: Eigentlich nicht. Das sind eher Kleinigkeiten. Manchmal werden wir Kleindarsteller aber auch gebraucht, um zu helfen, wenn die Technik streikt. Wenn ein Mikro der Schauspieler kaputt ist, muss man ihm ja einen Ersatz zukommen lassen. Und das übernimmt dann einer von uns. Der oder die bringt die Tasche mit dem Ersatzmikro unauffällig zu dem Schauspieler. Und keiner merkt was. Anne Ziebarth

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