Ein Stück Greifswalder Kulturgeschichte

Die letzten Werke werden noch aufgehängt, Kleinigkeiten ausgebessert. Kommenden Dienstag eröffnet im Soziokulturellen Zentrum St. Spiritus eine besondere Schau. „Was war. Was bleibt. Grafische Lockrufe“ heißt sie treffend. Denn Bärbel Steinberg (70) zeigt darin etwa 150 ihrer Werke — Illustrationen, Plakate und Werbebanner, die sie als Grafikdesignerin für zig Vorstellungen des heutigen Theaters Vorpommern anfertigte und so Zuschauer animierte, sich ein Stück anzusehen. „Das sind schon meine Kinder“, sagt die vitale Rentnerin verschmitzt über ihre Schöpfungen. Aufgeregt wegen der Ausstellung sei sie nicht. „Ganz im Gegenteil, ich freue mich. Denn bei den Besuchern werden Erinnerungen geweckt — auch bei den jüngeren“, erzählt die gebürtige Dresdnerin. Stets versuchte sie, ihre Werke nachhaltig zu gestalten. „Das war mir besonders bei den Märchenstücken wichtig.“ Die kleinen Theaterbesucher erhielten in den Programmheften Masken zum Ausschneiden, Puzzles oder sogar ein Kartenspiel. Bärbel Steinbergs Schaffen ist ein fester Bestandteil der hiesigen Kulturlandschaft. Für den Verein Art7 ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, eine Schau mit der gelernten Positivretuscheurin zu organisieren. „Zum einen ist Bärbel im Januar 70 Jahre alt geworden. Zum anderen wird das Theater 100 Jahre alt“, begründet der Vereinsvorsitzende Ekkehard Brunstein. Einige der Werke wurden in der Vergangenheit besonders gewürdigt. So schafften es vier in die Schau „Die 100 besten Plakate der DDR“, darunter „Der Hofmeister“. „Frau Holle“ erhielt 1992 den Designpreis MV. Doch in der DDR war die politische Obrigkeit nicht immer mit der Arbeit Steinbergs einverstanden. So bei dem Plakat zu William Shakespeares „Was ihr wollt“. Steinbergs Werbung enthielt farbige Streifen, auf denen die drei Worte in unterschiedlicher Anordnung zu lesen waren — also auch „Wollt ihr was“. „Dazu kam, dass die Farbgestaltung wohl an das Schwarz-Rot-Gold der BRD erinnerte. Das war aber nie meine Absicht“, betont Steinberg. Anfangs wollte sie gar nicht Grafikerin werden. „Mein Ziel war es, eine Ausbildung zur Chemielaborantin zu machen. Aber ich bekam keine Stelle“, erzählt Steinberg, deren Vater als selbstständiger Fotograf arbeitete. Ihr letztes Plakat als Grafikdesignerin des damaligen Theaters Greifswald erstellte sie 1994 für Samuel Becketts „Endspiel“. „Die Fusion zum Theater Vorpommern stand bevor. Ich habe nicht gewusst, dass das meine letzte Arbeit sein wird“, erinnert sich Steinberg. Nach dem Zusammenschluss wurde ihre Stelle gestrichen. „Ich wurde durch Photoshop ersetzt“, sagt die diplomierte Grafikdesignerin lachend. Kurzerhand rief sie die Foyergalerie ins Leben, die sie bis zur Rente 2010 leitete. Ausstellungseröffnung: 4. August, 19.30 Uhr, St. Spiritus, Lange Straße 49/51, Ende der Schau: 4. September Ich wurde in den 1990ern durch Photoshop ersetzt.“Bärbel Steinberg (70), Grafikdesignerin Reik Anton

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