Fotobuch von Jochen von Fircks zeigt Rostock um 1960

„Als ich die alten Bilder auf meinen Computer überspielt habe, habe ich gesehen, wie interessant sie sind“, sagt Jochen von Fircks (83). Die Sichtung der alten Rostock-Aufnahmen offenbarte viele vergessene Stadtansichten. Die meisten Motive stammen aus der Zeit um 1957 herum. Jochen von Fircks bot die Fotosammlung als Buchprojekt dem Hinstorff Verlag an – und Verlagsleiterin Eva Maria Buchholz nahm an. Neuland war ein Buch für Jochen von Fircks nicht, bereits seit 1979 hatte er Sachbücher zu maritimen Themen im Hinstorff Verlag veröffentlicht. Aufnahmen entstanden in der Studienzeit: Nun ist das neue Werk erschienen, es trägt den Titel „Auf Fotopirsch durch Rostock um 1960 und heute“. Der Hintergrund: Als Jochen von Fircks im Herbst 1956 sein Schiffsmaschinenbau-Studium in Rostock begann, erkundete er zu Fuß seine Stadt. Besonders in den ersten beiden Studienjahren war der Student viel mit dem Fotoapparat in Rostock unterwegs. Man kann es also heute eine Fotopirsch nennen. Die Schwarzweiß-Aufnahmen haben heute ihren besonderen Reiz, sie entstanden mit einer in Dresden hergestellten Praktica FX2. Bildergalerie aus Rostocks Stadtgeschichte Reste der Jakobikirche standen damals noch: Erschienen ist nun ein Buch mit zahlreichen alten Stadtansichten, die heute nicht mehr existieren. Damals waren noch Wunden im Rostocker Stadtbild zu sehen, die der Krieg geschlagen hatte. Zum Beispiel Reste der im Krieg zerstörten Jakobikirche, die bis 1960 neben der Langen Straße standen. Diese Aufnahme entstand aus der Richtung des Uniplatzes. „Näher hab ich mich damals nicht herangetraut“, sagt Jochen von Fircks heute. Nach 1960 begann sich Rostock stark zu verändern. Darum ist das Buch für den Betrachter eine Zeitreise, die Fotos zeigen die damalige Bezirksstadt zwischen Rathaus, Uniplatz und Stadthafen. Die alten Aufnahmen vermitteln auch einen Eindruck vom städtischen Alltagsleben, so wie die Kinder auf dem Titelbild, die vor dem Rathaus spielen. Oder die alten Herren, die nachdenklich am Uniplatz stehen und sich unterhalten. Weitere Aufnahmen zeigen unter anderem eine Ruderregatta auf der Unterwarnow und das Radrennen „Rund um den Vögenteichplatz“. Viele Motive wurden aktuell nachfotografiert: Hier ist aber auch zu sehen, wie sich Rostock in einem Zeitraum von 60 Jahren verändert hat. Denn viele Motive hat Jochen von Fircks 2019 und 2020 nachfotografiert, um dem Konzept des Buches gerecht zu werden. Die Veränderung der Stadt wird im Vorher-Nachher-Vergleich erst richtig sichtbar. Und heute ist die Fotografie bei Jochen von Fircks digital, mit einer Sony-Kamera. Die Rostock-Motive sind ein Teil der Lebensgeschichte von Jochen von Fircks, der 1937 in Riga geboren wurde. Seine Familie verschlug es am Ende des Zweiten Weltkriegs über Umwege nach Mecklenburg, „mit viel Glück“, wie sich von Fircks erinnert. Bei Wismar fand seine Familie ein neues Zuhause. Jochen von Fircks ging in Neukloster zur Schule und legte dort das Abitur ab. Ein Schulkamerad war damals übrigens M. Klaus Kilimann, der von 1990 bis 1993 Oberbürgermeister von Rostock war. Für dieses Buch steuerte Kilimann das Vorwort bei – so schließt sich der Kreis. Fotografieren für den Schiffbau-Ingenieur mehr als ein Hobby: Für Jochen von Fircks, der 1970 promovierte und bis 1990 am Institut für Schiffbau arbeitete, gab es nach der Wende eine neue berufliche Herausforderung. „Ich habe sieben Jahre eine ABM-Gesellschaft geleitet“, sagt Jochen von Fircks. Eine neue Erfahrung: „Da hatte ich für 300 Menschen Verantwortung.“ Und Rostock ist seine Heimatstadt geblieben, noch heute lebt Jochen von Fircks hier. Jochen von Fircks; „Auf Fotopirsch durch Rostock um 1960 und heute“, Hinstorff Verlag 2020, 72 Seiten, 16 Euro. Von Thorsten Czarkowski