Greifswalder Unternehmer helfen Kulturprojekten

Greifswald — Fachwissen verschenken oder Anzeigen schalten — auch ohne große Summen können Firmenchefs die Kulturszene in der Stadt unterstützen. Fünf Beispiele aus der Hansestadt. Der gebürtige Greifswalder Michael Pracht hat in den vergangenen Jahren den gleichnamigen Pflegedienst aufgebaut — und findet es selbstverständlich, von seinem Erfolg ein Stückchen abzugeben. Rund 10000 Euro spendet er nach eigenen Angaben jedes Jahr an verschiedene Vereine im Kultur- und Freizeitbereich. „Man hat, wenn das Unternehmen gut läuft, doch auch eine Verpflichtung der Stadt gegenüber“, sagt der 49-Jährige. Von dieser Einstellung profitierten zum Beispiel der Fußballverein in Neuenkirchen und die Ausstellung „Insomnale“ des Caspar-David-Friedrich-Instituts. Auch die Sanierung des Friedrich-Aquarells „Greifswalder Marktplatz“ hat Pracht damals mit 1500 Euro unterstützt, dem Jugendzentrum „Klex“ mal 30 neue Stühle für 2000 Euro finanziert. „Ich freue mich einfach, wenn ich in meiner Stadt etwas bewegen kann“, sagt er. Außerdem seien er und seine Frau selbst Kulturliebhaber. Und für viele Projekte fehle nun mal Geld. Christian Pantke hat als Steuerberater in der Kanzlei „Seemann, Kalker & Partner“ von seinem Büro aus den ganzen Greifswalder Marktplatz im Blick. Nicht nur deshalb wünscht sich der 38-Jährige, dass hier und in anderen Teilen der Stadt viel los ist. Pantke liebt Musik, spielt selbst seit 14 Jahren in der Coverband „die zusammengesackten Mülltüten“. „Kultur ist aber auch für die Ansiedlung von Unternehmen wichtig“, meint der gebürtige Greifswalder. Gelegentlich verschenkt Pantke deshalb Fachwissen und Tatkraft. So hat er innerhalb des Projekts „Business-Culture-Partnership“ (siehe Beitrag unten) im Mai einen Infoabend veranstaltet, bei dem sich Kulturschaffende kostenlos über Vereinssteuerrecht informieren konnten. Mit Sponsoring und ehrenamtlicher Mitarbeit stärken er und andere Kollegen aus der Kanzlei zudem Vereine in Greifswald, Wolgast und Heringsdorf. Zum Beispiel den Handels- und Gewerbeverein Wolgast, der dort jedes Jahr einen kleinen, gemütlichen Weihnachtsmarkt auf die Beine stellt. „Die brauchen vor allem ehrenamtliche Helfer“, sagt Pantke. Darum verkaufen er und Kollegen dort immer Glühwein. Der 54-jährige Diplom-Betriebswirt Klaus-Peter Adomeit ist seit 2008 Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (WVG) — und damit Chef des größten Wohnungsanbieters in der Stadt. In diesem Sommer hat er 20 Künstlern und Kunststudenten den maroden Wohnblock Makarenkostraße 43b überlassen. Das ganze Haus samt zehn Wohnungen soll ab 2015 saniert werden. Als Zwischenlösung durfte die Gruppe vier Monate in den Wohnungen arbeiten, sie als Ateliers und Ausstellungsräume nutzen, auch Wände bemalen. Die Betriebskosten hat die WVG der Caritas als Projektträger in Rechnung gestellt, die Mietkosten erlassen. Damit verzichtete sie nach eigenen Angaben auf rund 8000 Euro. „Bildung und Kultur machen eine Stadt erst lebenswert“, sagt Klaus-Peter Adomeit. „Eine Aktion wie ‘Kunst im Block‘ strahlt in die Lebensumwelt der Quartiersbewohner aus. Sie kann das Wir-Gefühl im Wohnviertel stärken, ein Rahmen für Begegnungen und gemeinsame Erlebnisse sein.“ Ähnliche Projekte seien auch im Ostseeviertel denkbar. Renate Schönebeck, Chefin der INP-Tochter Neoplas, engagiert sich seit Jahren fürs Theater. Als Mitte der 1990er Jahre das Ballett aufgelöst werden sollte, gründete sie den Theaterförderverein „Hebebühne“ mit und machte öffentlich Stimmung gegen die Streichpläne. Heute nutzt sie auch Firmen-Know-How von Neoplas, um Vereine im Kulturbereich zu unterstützen. Ein Beispiel: Vor ein paar Monaten hat Renate Schönebeck das „KulturLokal“ besucht (siehe unten) und dem Förderverein von Schloss Ludwigsburg vorgeschlagen, Grafiker aus der Marketingabteilung ihres Unternehmens vorbeizuschicken: Sie könnten neue Flyer für die Schlossrettung entwerfen. „Das war dann doch nicht nötig, weil der Verein gerade Flyer in Auftrag gegeben hatte“, erzählt die 62-Jährige. „Aber das Angebot steht, wir bleiben im Gespräch.“ Der studierte Mathematiker und Geograph Jens Böhme leitet seit 1995 das Reisebüro „Grüße aus Atlantis“, das auf sanften Tourismus und Individualreisen spezialisiert ist. Er und seine sieben Mitarbeiter kümmern sich jedes Jahr um die Reisebuchungen für die Künstler, die zum Festival „Nordischer Klang“ kommen. „Dabei bieten wir günstigere Konditionen an“, sagt Böhme. Auch Anzeigen schalten im Programmheft sieht er als Form der Unterstützung: „Wenn wir schon Geld für Werbung in die Hand nehmen, achte ich darauf, dass es in Bereiche fließt, die es brauchen“, sagt er. Der Grund: „Ich interessiere mich auch privat für Kultur und wünsche mir, dass Festivals wie der ,Nordische Klang‘ und der ,Polenmarkt‘ immer weiter laufen.“ Manche Bereiche in der Gesellschaft seien finanziell leider nicht gut aufgestellt. „Da hat man als Unternehmer eine gewisse Verantwortung.“ Nebenbei kommt er über Anzeigen und Reisebuchungen für den „Nordischen Klang“ vielleicht auch an neue Kunden. „Eine Win-Win-Situation“, sagt er. Sybille Marx

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