Guten Wind: Bis Sonntag kleine Sail am Sund

Wer sich für alte Schiffe interessiert und selbst an Bord gehen möchte, für den dürfte der Stralsunder Seglarträff an diesem Wochenende genau das Richtige sein. „Es war traumhaft“, sagte Britta Richter (50) aus Berlin, als sie gestern Mittag zusammen mit ihren Töchtern Laura und Lisa von einem Törn mit der „Berta von Lassan“ — einem Oldtimer aus dem Jahr 1910 — zurückkehrte. Auch Christiane und Herbert Alex aus Frankreich interessieren sich für Traditionssegler. Die 66-Jährigen sind selbst mit dem alten Holzschiff „Anitra“ , einer Chassiron, an den Sund gesegelt. „Weil Stralsund so schön ist“, wie sie begründeten. Mit dem Seglarträff gebe es unverhofft noch einen kleinen Bonuspunkt oben drauf. Nach der Premiere im letzten Jahr ist Tilmann Holsten mit seiner „Ernestine“ wieder mit dabei. Seit elf Jahren besitzt er das Boot zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Skipperin ist. 1899 wurde die alte pommersche Quatze erbaut. Und zu tun hat er auf dem Boot immer etwas, erzählt der Vater von zwei Kindern, der im Winter als Matrose auf anderen Schiffen fährt oder Boote repariert. Leben kann die Familie von dem Schiff nicht. „Das Schiff lebt von uns“, sagt Tilmann Holsten. Alle Einnahmen aus den Törns steckt er wieder in die Erhaltung. Die Idee des Seglarträffs fernab von lautem Rummel findet der 36-Jährige sehr gut und hofft, dass sich die Veranstaltung auch auf Dauer trägt. Das wäre ebenfalls ganz im Sinne von Frank-Lutz Jätschmann (53) aus Altefähr, der in Stralsund aufgewachsen ist. „Eine gute Sache, mit so einer Veranstaltung an die gemeinsame Geschichte, die uns mit Schweden verbindet, zu erinnern“, meint Jätschmann, der beruflich als Vertreter unterwegs ist. In „Erna“ ist er seit 2008 verliebt. Seitdem steckte er viele Stunden und Euros in das Schiff aus dem Jahr 1904, das er als „Schrotthaufen“ erworben hatte. Anfangs machte er sich allein ans Werk. Unterstützt wird er jetzt von vielen Freunden, mit denen er sogar einen Verein gegründet hat. „Erna“ kam im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland, fuhr bis Anfang der 1960er-Jahre als Motorschute und wurde zuletzt in Wieck auf dem Darß als Ferienunterkunft genutzt. Die Zulassung für die erneute große Fahrt gab‘s vor vier Wochen. Nicht nur Seglern kann man zuschauen, sondern auch Theaterleuten: Auf dem selbstgebauten Katamaran „Esperantos“ bringen 13 Mitwirkende um Regisseurin Dorothea Lübbe (28) Bühnenkunst über die Kaikante. Schauspieler Günter Schanzmann (80) eine Jazz-Sängerin, eine Puppenspielerin und zwei Musiker erzählen ein modernes Märchen. Beim Seglarträff dabei Diese Schiffe laden bis Sonntag beim deutsch-schwedischen Seglarträff zu Mitfahrten ein: „Ernestine“, „Schwart Johann“, „Erna“, „Vorpommern“, „Hoffnung“, „Lene“, „Vertrouwen“, „Berta von Lassan“ und „Lisa von Lübeck“. Heute Mittag wird der schwedische Oldtimer „Hoppet av Brantevik“ erwartet, der wegen des Sturms in Rönne festsaß. Das Bootstheater „Esperantos“ ist am Sonnabend und Sonntag, jeweils um 16 Uhr, zu erleben. Der Eintritt ist frei. Weiter führt die Tour über Stahlbrode, Greifswald, Wolgast, Loddin, Anklam und Ueckermünde bis Stettin. Marlies Walther

Stralsund - Guten Wind: Bis Sonntag kleine Sail am Sund