Im „Karusel“ geht‘s wieder rund: Hiddensees Künstlertreff saniert

Das Glas Erdbeerbowle in der Hand, die Nielsen und den Ringelnatz im Sinn — so haben die Hiddenseer gestern bis in den späten Abend hinein die Wiederkehr ihres Künstlertreffs gefeiert. Und damit die Eröffnung des sanierten „Karusel“, des Sommerhauses des einstigen Stummfilmstars Asta Nielsen (1881 — 1972). Mehr als 400000 Euro hat der kommunale Hafen- und Kurbetrieb ausgegeben, um „unser denkmalgeschütztes Schmuckstück“ (Kurdirektor Alfred Langemeyer) aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. „Wenn Asta und Ringel von oben zugeguckt haben, hätten sie bestimmt ihre Freunde daran gehabt“, sagt Ute Fritsch. Die Autorin und Reiseführerin liebt die Verse des Joachim Ringelnatz (1883 — 1934), hat erst kürzlich ihr Buch „Mit Ringelnatz auf Hiddensee“ vorgelegt. Und deshalb weiß sie: Der Leichtmatrose war auf besondere Weise mit dem Haus verbunden. Hier genoss er einst beseelte Stunden mit dem Stummfilmstar und seiner Seelenfreundin Asta Nielsen. Er erlebte hier sonnenhelle Tage. Er suchte hier ewig Bernstein. Er fand hier immer nur Schnaps. Auch Max Taut (1884 — 1967), an einem 15. Mai geboren, war ein gern gesehener Gast auf Hiddensee. Der Berliner Architekt konnte dort zwischen 1922 und 1925 jedes Jahr ein Haus entwerfen und bauen. Keines ist mit einem der anderen vergleichbar, alle sind in die Landschaft integriert — wie eben das heutige „Karusel“ Das hatte Taut als erstes der Häuser 1922/23 als Sommerhaus für die Berliner Familie Richard Müller zu Papier gebracht. Die verkaufte 1928 das Anwesen an die Dänin Jesta Nielsen, die Tocher von Asta Nielsen. Ab 1929 wurde es dann von ihrer Mutter genutzt, die das Haus wegen der runden Bauweise auf den Namen „Karusel“ taufte. Die Autorin verbrachte auf der Insel zwischen Ostsee und Bodden mit ihrer Tochter und ihrem Mann mehrere Monate des Sommers. „Nirgends ist man so jung, so froh und so frei wie auf dieser schönen Insel“, sagte sie einst. Innerhalb kurzer Zeit wurde das Haus in Vitte zu einem Treffpunkt für Freunde und Bekannte: Neben Ringelnatz und seiner Frau „Muschelkalk“ zählten zu den Stammgästen auch Heinrich George und Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann. Asta Nielsen nutzte das Haus bis Mitte der dreißiger Jahre zur Erholung und Zerstreuung. Aber im Jahre 1936 hatte sie ihr „Karusel“ abgeschlossen und mit dem Inventar zurückgelassen. In Nazi-Deutschland war es ihr zu eng geworden. In den Kriegsjahren und bis 1961 lebten nacheinander etwa 15 Familien, vor allem Flüchtlinge, in dem Haus. Die meisten Einrichtungsgegenstände von Asta Nielsen verschwanden in dieser Zeit. 1962 wurde das Sommerhaus schließlich zum ganzjährig genutzten Wohnquartier — das Lehrerehepaar Ehmer hielt dort Einzug. Seit Mai 2009 stand es leer, war aber regelmäßig Mittelpunkt der jährlich stattfindenden Asta-Nielsen-Woche. Jetzt kehrt Leben unterm Karusel-Dach ein. Dort wird geheiratet und im Erdgeschoss ausgestellt: alles über Asta Nielsen, alles über die Häuser von Taut auf Hiddensee. Hinzu sollen wechselnde Ausstellungen kommen. Es geht wieder rund — im „Karusel“. In Vitte und Kloster: Die anderen drei Taut-Häuser auf Hiddensee Haus Weidermann — der Sommersitz der Direktorenfamilie Weidermann — wurde 1923 in Vitte neben dem späteren Karusel gebaut. Haus Gehlen am Biologenweg in Kloster wurde 1924 für den Verlagsdirektor Dr. Gehlen erbaut. Seit 1930 biologische Forschungsstation der Uni Greifswald. Haus Pingel, 1923/24 als Sommerhaus für den Innenarchitekten Walter Pingel gebaut, ist seit 1984 im Besitz der Familie Wildbrandt. Chris-Marco Herold

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