Kabarettisten gehen Bundesadler in Barth ans Gefieder

Bärbel Schuldt (52) aus Barth hat schon mehrere FKK-Programme gesehen. FKK? Genau, die Abkürzung steht für Freches Küsten-Kabarett, längst eine Institution in Vorpommern. Der kabarettistische Ableger der Vorpommerschen Landesbühne feierte am Samstagabend auf der Barther Bodden-Bühne die Premiere eines neuen Stückes. Rund 120 Zuschauer waren gekommen. „So wahr mir Gott helfe“ — es war also die Eidesformel des Bundeskabinetts, die hier Pate stand. „So wahr uns Spott helfe“ — dieser Titel trug den ersten Kalauer schon in sich, davon sollte es am Abend noch einige mehr geben. Hier standen Autor und Regisseur Peter Tepper mit den Mimen der Vorpommerschen Landesbühne gestandene Schauspieler zur Verfügung. Es war Frontalkabarett der alten Schule, das die fünf Darsteller (Birgit Lenz, Karoline-Anni Reingraber, Philip Dobraß, Heiko Gülland und Rolf Günther) boten. In einigen Momenten ein bisschen wie im Frontalunterricht: Wenn der etwas strenge Lehrer den Zeigefinger erhebt, zu dem man dann erwartungsvoll aufblickt. Die Themen des Abends gab das Grundgesetz vor, die aktuellen Beispiele lieferte die Realität. Dort der Anspruch — hier die Realität. Eine einfache Aufgabe also. So wurden viele relevante Alltagsthemen berührt: die Politik selbstverständlich, die Erziehung, das Altwerden, die Bildung, die Medien und auch ein bisschen die Liebe. Die klassischen Kabarettfelder vor der Erfindung der Comedy. Es war schon mal die Große Koalition, die als „GRO K.O.“ typografisch auf dem Bühnenbild ein bisschen verhohnepipelt wurde, während der Aufführung wurde von den Darstellern einem Bundesadler nach und nach das Gefieder weggezupft. Ein bisschen subtiler hätte das schon sein können. Das kabarettistische Spiel mit der Provokation funktionierte in allen Bereichen. So zum Beispiel mit dem „Homebombing“ genannte Konzept, in dem der Krieg in Syrien quasi aus dem deutschen Wohnzimmer geführt werden kann, auf 400-Euro-Basis. Dann wurden mit dem TV-Format „Schlauer sucht Frau“ zwei sich widersprechende Monologe geliefert. In diesem Teil wurde gekonnt verqueres Anspruchsdenken sowie die gestörte Selbstwahrnehmung thematisiert, wenn die eigenen Maßstäbe durch falschen Fernsehkonsum verrutscht sind. Eher schwierig gestaltete sich dann die Persiflage von ProSieben-Star Jorge Gonzáles, denn der Mann ist bereits eine Persiflage seiner selbst. Und dann war da unter anderem auch noch Bodo Ramelow als „Karl Liebknecht für Arme“. Reichlich aktuelle Themen und Reibungspunkte also. Es war der ganz klassische Kabarett-Mix aus Texten und Musik (Begleitung am Piano und am Schlagzeug: Rambald Bellmann), zwischendurch überzeugte Philip Dobraß auch an der E-Gitarre und modernisierte die ganze Angelegenheit ein bisschen. Das Stück wird in dieser Saison an verschiedenen Spielorten der Vorpommerschen Landesbühne aufgeführt. In Barth war es ein Publikum, das zufrieden nach Hause ging. „Mir hat es wieder gefallen“, urteilte Bärbel Schuldt hinterher, sie wurde von neuen FKK-Programm nicht enttäuscht. Und was war am schönsten in der neuen Vorstellung? „Ich fand die Lieder am besten“, sagte Besucherin Mathilde Koch (17), als der Schlussapplaus verklungen war. Freches Küsten-Kabarett 2005 wurde das Freche Küsten-Kabarett (FKK) an der Vorpommerschen Landesbühne ins Leben gerufen. Das FKK war auch dazu gedacht, damit die Studenten der Vorpommerschen Theaterakademie in Zinnowitz ein weiteres Betätigungsfeld bekommen, ist aber offen für Schauspieler der Vorpommerschen Landesbühne. Thorsten Czarkowski

Barth - Kabarettisten gehen Bundesadler in Barth ans Gefieder