König Drosselbart: Wo die Liebe den Stich macht

Weihnachten rückt langsam näher. Um Familien die Zeit bis zum Fest mit einem Märchen zu versüßen, bringt das Theater Vorpommern den Grimmschen Klassiker „König Drosselbart“ auf die Bühne — gleich 30 Mal. Und so war einmal: ein König, der unbedingt seine Tochter verheiraten wollte. Sie ist die schönste Frau weit und breit, die royalen Männer stehen Schlange. Doch niemand ist der Prinzessin gut genug. Sie verhöhnt die Verehrer und bringt ihren Vater damit zur Verzweiflung. Nachdem seine Tochter wieder einmal einen jungen König schroff abgelehnt hat, platzt ihm der Kragen: Er werde sie nun mit dem erstbesten Spielmann verheiraten, schreit er. Da der Verehrer — König Drosselbart — das hört, schlüpft er schnell in ein ärmliches Gewand. Als Spielmann verkleidet, kehrt er zurück und heiratet die zickige, hochmütige Prinzessin. Aber nicht nur, weil sie von so schöner Gestalt ist. „Drosselbart erkennt in ihr viele positive Dinge“, erklärt Oberspielleiter André Rößler, der das Stück am Theater Vorpommern inszeniert. Ihre Grundwerte seien positiv. Sie nehme nicht einfach alles so hin, lege viel Selbstbewusstsein an den Tag. König Drosselbart attestiere ihr „eine radikale Wahrheitsliebe“, sagt Rößler. Auf dem Weg zu seinem Zuhause lehrt Drosselbart seine junge Frau, wie ein Leben jenseits von Pomp und Prunk funktioniert. Sie muss arbeiten und auf Diener verzichten. Dabei bleiben Rückschläge nicht aus. Dennoch setzt sich in ihr ein Läuterungsprozess in Gang. Sie wandelt sich im Verlauf zu einer liebenswürdigen, mitfühlenden Frau, auf die am Ende eine mehr als versöhnliche Überraschung wartet. „Wir haben bei der Geschichte auf Aktualisierungen verzichtet“, sagt André Rößler. Es sei das klassisches Märchen geblieben. Für das Bühnenbild haben er und sein Team sich allerdings etwas Ungewöhnliches überlegt. Mannshohe Spielkarten und Bierdeckel stehen auf der Bühne, sogenannte Blow-Ups, die sowohl Marktstände als auch Königshäuser darstellen. Auch die Kostüme, entworfen von Simone Steinhorst, sind in den Spielkartenfarben Herz, Karo, Pik und Kreuz gehalten. „Wir hatten Sehnsucht nach einer abstrakten Szenerie, die den Schauspielern auch andere Spielmöglichkeiten bietet“, sagt Rößler. Zudem werde den Kindern eine fantastische Welt mit vertrauten Motiven geboten. Am Ende werden die kleinen Zuschauer noch zum Singen animiert. „Wir haben 240 CDs mit dem Abschlussstück an Schulen und Kitas verschickt, damit sich die Kinder mit Melodie und Text schon mal vertraut machen können.“ Märchen gehören am Theater zu den aufwändigsten Produktionen. „30 Aufführungen, zwei an einem Vormittag, danach sind die Schauspieler erstmal platt“, meint Rößler. Aber er macht sich da keine Sorgen: Für die Besetzung wurden die jüngsten und spielfreudigsten Talente des Ensembles ausgewählt. Kai Lachmann

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