Kopflos und hinter Gittern in Born

„Beinahe zu spät. Es tut mir so leid“, sagt Conférencier Gerd Scharmberg. Er kommt gestresst als Hausfrau Gisela mit Kittelschürze in den Saal gehuscht. Die Lockenwickler noch im Haar, das schwarze Täschchen und die Goldkette umgehängt, so bewegt er sich tänzelnd mit spitzen schwarzen Schuhen durch den Saal. „Leute, das scheint ein lustiger Abend zu werden. Wir fangen an.“ Rund 400 Gäste hat es am Samstagabend zum Maskenball in die Born Aqua Diskothek geweht. Die Mecklenburg-Vorpommersche Blaskapelle spielt „Es war einmal ein treuer Husar“. Und treu sind an diesem Abend auch die vielen Maskenballfans, die schon zeitig kamen, um sich einen guten Platz zu sichern. Edgar Fink bläst die große dicke Tuba. Er begrüßt das Publikum, denn Chef Michael Gabbert befindet sich im Urlaub. „Was machen wir heute anders? Gar nichts“, antwortet er selbst. „Und denkt daran, wenn die Masken kommen, dürfen nur noch sie zum Tanz auffordern.“ Das hat Tradition in Born. Und schon wird die erste Maske angekündigt. Die Blaskapelle führt sie in den Saal. Ein Beichtstuhl erscheint, der schon bald die 79-jährige Marianne Rubart zum Tanz auffordert. Noch älter ist Elisabeth Fincke: „Ich bin erst 82 und extra von Barth aus dem Adligen Fräuleinstift gekommen. Als ehemalige Bornerin kann ich auf diesen Ball nicht verzichten.“ Mit zwei Damen vom Finanzamt und einer Sünderin hinter Gittern kommt Bewegung in das Publikum. Temperamentvoll geht es mit einer großen Clowns-Gruppe in fein genähten Kostümen zu. „Er war ein Clown in der Manege“, tönt es dazu aus den Boxen von DJ Falco aus Dändorf. Mit einem Hauch von Venedig bereichern zwei venezianische Masken in kostbaren Kleidern den Ball. Stoffqualität und handwerkliches Können werden augenblicklich sichtbar. Und während sie den Saal durchwandern, „sucht einer heimlich von dem anderen mit ungeheurer Hinterlist herauszubringen, wer er ist.“ Doch mit den kopflosen Männern aus Las Vegas wird es surreal. Jetzt zieht die Welt von Übersee in das kleine Boddendorf Born ein. In schwarzen, paillettenbesetzten Anzügen, glitzernden Handschuhen, Schlips, Tuch, Brille, Hut und Stab. Immer mehr Masken drängen in den Saal, darunter süße Schokolinsen, sehr junge Frauen mit übergroßen Brüsten — alle selbst gemacht —, die Gruppe um den Wiecker Wolfgang Brauer mit Figuren aus dem amerikanischen Fantasiefilm „Der Zauberer von Oz“, eine spitze Gabel und ein scharfes Messer, die große Löffel suchen. Da hat es die Jury nicht leicht. Jurymitglied Hartmut Streichan aus Graal-Müritz ist zum zweiten Mal in Born dabei. „Einmal gekommen und nicht wieder davon gelassen. Das Originelle gefällt mir so gut. Sie machen den Ort über die Landesgrenzen hinweg bekannt“, sagt er fröhlich. „Mein Favorit ist übrigens Las Vegas.“ Das sehen offenbar auch andere so. Die Gruppe um Carmen Wolf erhält den ersten Preis für die originellsten Masken — neben den Clowns, die Anke Baumann größtenteils benäht hat. Wie ungemütlich es teilweise unter der Maske ist, berichtet Wolfgang Brauer: „Alle wollen sich belustigen. Aber es ist nicht immer lustig unter der Maske. Man schwitzt, durstet, bekommt wenig Luft und hat ein eingeschränktes Blickfeld. Aber es löst sich alles in Wohlgefallen auf, wenn die Demaskierung beginnt.“ Mit seinen Filmgestalten bekommt er an diesem Abend den dritten Platz. 400 Gäste 10 Maskenbilder mit zahlreichen Figuren bereicherten den Borner Maskenball in diesem Jahr. Insgesamt vergnügten sich 400 Ballgäste. 5 Jury-Mitglieder hatten es nicht leicht unter den Maskierten die schönsten auszuwählen. Elke Erdmann

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