Kulturbrücke mit Tasten und Knöpfen

„Die Musik ist Weltsprache und braucht nicht übersetzt zu werden. Da spricht Seele zu Seele.“ Was der schwäbische Schriftsteller Berthold Auerbach im 19. Jahrhundert so treffend formulierte, demonstrierten am Samstagvormittag 43 Musikschüler aus Wolgast, Stralsund, Swinemünde, Stettin, Goleniów, Gorzów und Myslibórz. Unter der Leitung von Krzysztof Naklicki (Musikschule Swinemünde) probten die Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis achtzehn Jahren für ihr Konzert, das sie gestern Abend im Swinemünder Kulturhaus gaben. Dass Musik Grenzen überwindet, zeigte sich auch darin, dass die Musiklehrer neben Popsongs jeweils zwei polnische und deutsche Volkslieder einstudieren ließen. „Wir spielen viele Stücke, die wir selbst bearbeiten“, erklärt Krzysztof Naklicki. Der erfahrene Musiklehrer hatte schon in den 1980er Jahren seine jetzige Kollegin an der Musikschule Wolgast, Cathleen Holz, am Akkordeon unterrichtet. Seither kennen sich die beiden. Bis zur Wende gab es bereits deutsch-polnische Proben. Die lebten allerdings erst wieder 2010 auf. Seither gibt es regelmäßige Workcamps, zunächst in Peenemünde und nun im zweiten Jahr in der Jugendbegegnungsstätte Golm in Kamminke. Dies erzählt die Musiklehrerin Andrea Neye, während Naklicki mit dem Dirigierstab die einzelnen Gruppen üben lässt. „Frau Holz und Herr Naklicki bereiten die Noten vor, so dass sie die Kinder für die verschiedenen Stimmen spielen können“, erklärt sie weiter. „Für unsere Kinder ist es sehr wertvoll, in einem solchen Probenlager üben und in einem Orchester spielen zu können“, sagt Andrea Neye. Für einige ist das eine neue Erfahrung. So hat der achtjährige Ben Brautzsch in Bansin lediglich Einzelunterricht, während in Wolgast immerhin in Kleingruppen geübt werden kann. Ben spielt seit der 1. Klasse Akkordeon, „weil mir das Instrument Spaß macht und ich den Klang schön finde.“ Täglich übt der Drittklässler eine halbe Stunde. Joe Schröder aus Wolgast lernt ebenfalls im dritten Jahr das Instrument. Er hatte gerade erst mit Paul Börnert beim Landeswettbewerb in Neubrandenburg solistisch mitgemacht, erklärt Andrea Neye. „Deshalb ist es umso toller, dass sie jetzt hier sitzen und im Orchester spielen“, lobt sie die Grundschüler. Schon viel weiter ist Paul Boße. Der siebzehnjährige Abiturient spielt schon im zwölften Jahr Akkordeon. Er hatte zwischendrin schon mal einen Hänger, wie er gesteht, doch das Spielen im Orchester mache ihm viel Spaß — und er hat auch schon ein wenig Polnisch gelernt, sagt Paul. Er will übrigens nach dem Abi für ein Jahr nach England gehen — dann allerdings mit Trompete, weil ihm das Akkordeon zu sperrig ist. Aber auch dort gilt: Musik ist Weltsprache und verbindet. Für die Kinder ist es wertvoll, in einem Orchester zu spielen.“Andrea Neye, Musikschullehrerin Dietmar Pühler

Kamminke - Kulturbrücke mit Tasten und Knöpfen