Musikwissenschaftler wehren sich

Das Studienfach Musikwissenschaft darf nicht Sparzwängen geopfert werden, sagt Lehrstuhlinhaber Walter Werbeck. Der Bachelorstudiengang sei ein Alleinstellungsmerkmal der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in MV, gehöre zum Kernbestand einer Philosophischen Fakultät und sei Teil eines erfolgreichen Netzwerks im Ostseeraum, argumentiert der Professor. Und doch hat eine Strukturkommission der Fakultät genau das vorgeschlagen: Wenn Walter Werbeck (Jahrgang 1952) in den Ruhestand geht, soll sein Lehrstuhl nicht wieder besetzt werden. Damit käme auch das Ende der Ausbildung zum Bachelor Musikwissenschaften, die Werbeck mit seinem Mitarbeiter Dr. Martin Loeser absichert. Insgesamt etwa zehn Stellen muss die Philosophische Fakultät streichen, um wieder ein sicheres finanzielles Ufer zu erreichen (die OZ berichtete). „Die Musikwissenschaft gehört zu einer Philosophischen Fakultät genau wie die Philologien, die Kunst oder die Geschichte“, hält Werbeck dagegen. Das einzige Argument für das Opfern der Musikwissenschaft habe mit Inhalten nichts zu tun: Werbeck geht in absehbarer Zeit in Rente. Der Professor fühlt sich an die letzte große Kürzungsrunde an der Philosophischen Fakultät vor einem Jahrzehnt erinnert; Sowohl die Sportwissenschaften als auch die Romanistik wurden geopfert, weil dort zufällig gerade Hochschullehrer in den Ruhestand gingen. „Eine echte Strukturdebatte sieht anders aus, sie muss sich an den Inhalten orientieren“, sagt der Professor. „Wir sind gut aufgestellt und vernetzt. Das sollte man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.“ Man müsse doch erst darüber reden, wie man trotz aller Nöte Stärken stärken könne, ergänzt Martin Loeser. Auch müsse es die Fakultät schaffen, die Attraktivität geisteswissenschaftlicher Kernfächer zu erhalten. Werbeck verweist auf die etablierte Reihe der Greifswalder Beiträge zur Musikwissenschaft, die vor 20 Jahren etablierte Tagungsreihe „Musica Baltica“, die Tatsache, dass 2014 die Tagung der Gesellschaft für Musikforschung in Greifswald stattfand. „Wir werden wahrgenommen“, sagt er. Auch bei der Einwerbung von Drittmitteln sei man erfolgreich wie das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt zur Gelegenheitsmusik des Ostseeraums vom 16. bis 18. Jahrhundert zeige. Werbeck ist einer der beiden Sprecher des Fachkollegs Musikwissenschaften der DFG, ein Kompliment für ihn. Mit 30 Studenten der Musikwissenschaften, der Hälfte aller Kommilitonen am Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft mit seinen drei Studiengängen, stehe man für ein kleines Fach gut da. Mit Kollegen aus der südschwedischen Universitätsstadt Växjö gebe es sogar erfolgversprechende Gespräche über die Einführung eines gemeinsamen Masterstudiengangs, den Greifswald allein nicht anbieten könne. Werbeck fordert eine offene Debatte. Den Beschlussvorschlag für den Fakultätsrat habe er vor der Sitzung nicht gekannt, Die Sparvorschläge Die Baltistik soll künftig keine Studiengänge mehr anbieten. Stephan Kessler (49) soll künftig nur noch Forschungsprofessor sein. Drei der elf befristeten Stellen sollen künftig nicht besetzt werden und die Verteilung der verbleibenden über einen Pool beim Dekan erfolgen. An der Slawistik sollen Mitarbeiterstellen gestrichen und eine frei werdende Professur zeitweise nicht besetzt werden. Lektorate, so das für Deutsch als Fremdsprache, könnten gestrichen bzw. zusammengelegt werden. Eckhard Oberdörfer

Greifswald - Musikwissenschaftler wehren sich