Neues Buch über das alte Grimmen

Die evangelische Kirchengemeinde in Grimmen ist ab dem 5. September für vier Wochen Gastgeber der Ausstellung „Leben nach Luther — Eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses“ des Deutschen Historischen Museums. Schirmherrin dieser Exposition ist in ihrem eigenen Wahlkreis Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Darüber freuen wir uns besonders“, sagt Pastor Wolfgang Schmidt. Doch nicht nur die Ausstellung soll für viele Informationen sorgen und zahlreiche Besucher in die Grimmener Marienkirche locken: Gleichzeitig sind während des gesamten Zeitraumes Veranstaltungen, Vorträge, Lesungen und Besichtigungen geplant. Und die Grimmener haben noch etwas ganz Besonderes auf die Beine gestellt: Pünktlich zur Ausstellungseröffnung erscheint das mehr als 500 Seiten starke Buch „Die Marienkirche in Grimmen und ihre Gemeinde — Beiträge zur Kirchengeschichte einer pommerschen Stadt“. Herausgeber sind Norbert Buske, Haik Thomas Porada und Wolfgang Schmidt. Fast 20 Autoren sind mit Texten in diesem Band vertreten. „Mit diesem Buch gibt es erstmals in der Geschichte einen Einblick von der Reformation bis zur Gegenwart in das Leben in der Marienkirche und in Grimmen“, sagt Pastor Schmidt. Auch die heutigen Ortsteile mit ihren Kapellen wie Kaschow, Stoltenhagen und Klevenow werden berücksichtigt. Die Autoren haben gelesen, gesichtet, Archive besucht, gesammelt, sortiert und neu zusammengestellt. Viele Fakten sind dabei gefunden und wieder aufgeschrieben worden — und alles ehrenamtlich, betont Schmidt. Vieles werde erst durch das Buch deutlich, was Grimmen im Mittelalter ausgemacht habe. So gab es einst 20 Priester und Pfarrer in der Stadt mit damals nur 2000 Einwohnern, die zeitgleich ihren Dienst in den verschiedenen Kirchen und Kapellen versahen. In der Marienkirche existierten acht Altäre. „Diese Fakten öffnen den Blick auf das Leben der damaligen Zeit“, sagt Wolfgang Schmidt. Bisher sei es recht nebulös gewesen, wie die Situation vor hunderten von Jahren in Grimmen war — jetzt gebe es Klarheit. Im Buch könne so dargestellt werden, wie beispielsweise Bestattungen abliefen oder wie die Menschen gekleidet waren. Einige der verwendeten Chroniken würden bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Besonders interessant findet Schmidt, dass Grimmen damals durchaus eine bedeutende Rolle als Stadt in Pommern gespielt habe. „Grimmen war kein Provinznest“, sagt er. Das werde auch deutlich an der Präsenz der Schweden in der Stadt. Und natürlich an der Marienkirche selbst. Denn sie sei der einzige erhaltene Bau ihrer Art aus frühgotischer Zeit. Mit einer solchen gewaltigen Dachkonstruktion gab es neben dem Grimmener Gotteshaus nur noch das in Neubrandenburg, das zerbombt wurde, und das Tribseeser, das jedoch abgebrannt ist. Architektur-, Kunst- und Kulturhistoriker waren am Werk, um dieses Buch zusammenzustellen. Beispielsweise Torsten Rütz, freiberuflicher Archäologe und Bauforscher aus Greifswald, der vom unglaublichen Kirchen-Baugeschehen im 18. Jahrhundert in der Stadt berichtet. Zeitgleich seien damals die Superintendentur, das Gemeindezentrum in der Mühlenstraße und mehrere andere Kirchengebäude entstanden, obwohl in der Stadt große Armut herrschte. Es wurden Scheunen abgerissen, um Material zu bekommen und auch Teile des alten Grimmener Schlosses sollen verbaut worden sein. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit den Wappen der Stadt und den adligen Familien. Im Laufe der Recherche-Arbeiten wurden in der Marienkirche Särge gehoben, Inschriften entziffert, Grabplatten wieder zusammengesetzt. Und obwohl die Autoren ehrenamtlich arbeiteten, wird der Band etwa 18 000 Euro kosten, weiß Wolfgang Schmidt. Ein Großteil des benötigen Geldes kommt von der Arbeitsstelle Reformationsjubiläum 2017 der Nordkirche. „Aber auch Privatpersonen haben es gesponsert. Aus Grimmen war beispielsweise ein Arzt dabei und die Stoltenhäger Agrar- und Handels GmbH“, informiert der Pastor, der gleichzeitig betont, dass ein offener Betrag bleiben wird, der über den Buchverkauf aufgefangen werden soll. Erscheinen wird es im Ludwig Verlag Kiel, gedruckt wird das Buch in Köthen. Das Buch „Die Marienkirche in Grimmen und ihre Gemeinde“ ist ab 5. September in der Ausstellung, im Pfarramt oder bundesweit im Buchhandel erhältlich. Preis: 34,90 Euro, ISBN: 978-3-86935-261-9 Vorträge, Lesung und Konzert rund um die Ausstellung Die Ausstellung „Leben nach Luther — Eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses“ ist vom 6. September bis zum 4. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr in der Marienkirche Grimmen zu sehen. Eröffnet wird die Ausstellung mit einem Konzert und der Präsentation des Buches „Die Marienkirche in Grimmen und ihre Gemeinde“ am 5. September um 17 Uhr. Ab Montag, dem 7. September gibt es insgesamt elf Veranstaltungen zusätzlich zur Ausstellung in der Kirche. „Grimmen — ein mittelalterliches Kirchspiel und seine Frömmigkeit “ heißt beispielsweise ein Vortrag am 7. 9. um 17 Uhr von Haik Porada. Um Siegel und Wappen der Stadt Grimmen geht es am 15. 9. ab 17 Uhr (Dr. Ralf Gunnar Werlich). Der Dachstuhl der Marienkirche kann gemeinsam mit Torsten Rütz am 18. 9. besichtigt werden. Welche Botschaften aus der Vergangenheit die Inschriften in der Marienkirche verraten, vermittelt Jürgen Herold am 22. 9. um 17 Uhr. Zur Lesung mit Anja Würzburg „Ich — Pfarrerskind“ wird am 25. 9. um 19 Uhr eingeladen. Almut Jaekel

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