Die Sprache ist alt – die Lehrbücher sind es auch: Rund 2100 Kinder und Jugendliche lernen derzeit in Mecklenburg-Vorpommern Plattdeutsch an der Schule. Und das mit Literatur, die 2006 oder noch früher erschien.
Der Hinstorff Verlag hat ein Herz für das Niederdeutsche und macht diesem Zustand nun ein Ende. „Platt mit Plietschmanns“ heißt das jüngste Werk des Rostocker Traditionshauses: Ein Lehr- und Lernbuch, das auf 256 Seiten den Spaß an der Sprache vermitteln soll – für Schüler ab Jahrgangsstufe 7, aber auch für Studenten oder jeden, der am Niederdeutschen interessiert ist. Für 25 Euro ist es in jeder Buchhandlung oder online erhältlich.
2021 erstmals „Plattinum“ möglich
Neben der Stiftung Mecklenburg hat auch das Land MV das Projekt unterstützt und rund 20 500 Euro investiert. Dafür gibt es vom Verlag 2000 Bücher der Erstauflage. Die sollen an den sechs sogenannten Profilschulen verteilt werden, an denen Platt sogar Abiturfach ist.
Laut Auskunft des Bildungsministeriums lernen an sechs Gymnasien in Dömitz, Crivitz, Wismar, Laage, Stavenhagen und Demmin derzeit rund 240 Schüler die Sprache. Im Jahr 2021 werden die ersten von ihnen durch eine schriftliche sowie mündliche Abiturprüfung die Chance auf Erreichen des „Plattinums“ haben.
Drei Jahre von der Idee bis zum Buch
Rund drei Jahre ist in Rostock an dem neuen Lehrbuch gearbeitet worden – ungewöhnlich lange, wie Hinstorff Verlagschefin Eva Maria Buchholz zugibt. „Das lag unter anderem daran, dass wir mit Wolfgang Hohmann einen sehr erfahrenen Autoren gefunden haben, der auch Platt-Kurse gibt und ganz viel Unterrichtspraxis mitbringt“, so Buchholz.
Aber eben auch viel Material, das gesichtet, gekürzt und didaktisch bearbeitet werden musste. Schließlich enthält das Buch Anregungen für Vorträge, Vorlese- oder Fehlertexte, Einzel- sowie Gruppenaufgaben und erfüllt dadurch als erstes Lehrbuch alle Vorgaben des gültigen Rahmenplanes Niederdeutsch, der in Mecklenburg Vorpommern 2017 in Kraft gesetzt wurde.
Regionale Besonderheiten des Landes vermittelt
„Zusätzlich wird viel über die regionalen Besonderheiten unseres Landes vermittelt, über Geografie, das gesellschaftliche Leben und die Geschichte“, sagt die Verlegerin. „So, wie es jetzt ist, kann das Buch deshalb auch bis zur 12. Klasse genutzt werden.“ Die Orthografie richte sich nach dem Standard der Greifswalder Niederdeutsch-Professorin Renate Hermann Winter, weise aber auch auf Varianten hin.
Zahlreiche Illustrationen der Rostockerin Silke Herr führen auf unterhaltsame Weise durch das Buch. Zur namensgebenden Familie Plietschmann mit Vater, Mutter, Sohn und Tochter gehören auch eine Katze, ein Hund sowie ein Papagei, die beim Vokabellernen helfen sollen.
Hörproben für die korrekte Aussprache
Kultusministerin Bettina Martin (SPD) freut sich über das neue Lehrbuch. „Die Landesregierung unternimmt viel, um die plattdeutsche Sprache zu bewahren und zu pflegen“, so Martin. Wie beim Lernen einer Fremdsprache sei auch beim Niederdeutschen entscheidend, dass es gesprochen würde. „Deshalb haben wir neben schriftlichen Handreichungen auch Hörproben gemacht, die zum Download bereitstehen“, sagt Verlagschefin Eva Maria Buchholz.
Autor Wolfgang Hohmann hätte die Passagen extra eingelesen, damit sich die Schüler und Nutzer des Buches auch akustisch über die korrekte Aussprache informieren könnten.
Nutzwert für Schüler und Lehrkräfte
„Ich bin sehr stolz auf dieses besondere Buch“, sagt die Hinstorff-Chefin. Sie selbst hätte beim mehrmaligen Lesen direkt Lust darauf bekommen, Platt zu lernen. Außerdem erleichtere es ihrer Ansicht nach nicht nur den Schülern den Zugang zur Sprache, sondern auch den Lehrkräften die Arbeit. „Die mussten sich bisher viel Material auch selbst zusammenstellen. Das brauchen sie jetzt nicht mehr“, sagt Eva Maria Buchholz.
Kommentar zum Thema: Plattdeutsch darf nicht sterben
Von Claudia Labude-Gericke