Noch immer bleibt die Frage: „Sein oder nicht sein?“

Auf dem Boden liegt eine schäbige Matratze. Daneben erstreckt sich ein Teppich aus Büchern, Magazinen, einem Pizzakarton und einer Schachtel Zigaretten. Der junge Hamlet betritt in Lederjacke die Bühne. Nachdem er sich eine Zigarette in den Mund gesteckt hat, hört er seinen Anrufbeantworter ab: „Dein Vater ist tot“, sagt eine Stimme mit bedächtigem Unterton. Hamlet macht sich daran, einen finsteren Plan umzusetzen. Seit September vergangenen Jahres haben sich die etwa 15 Jugendlichen des Theaterjugendclubs Greifswald auf „Hamlet‘s Rache“ vorbereitet. Am Dienstagabend feierte ihr Stück im Rubenowsaal Premiere. „Natürlich waren wir alle sehr aufgeregt“, erzählt Jannis Weu. Er wurde für die Rolle des Hamlet ausgewählt. „Es war eine große Verantwortung. Ich musste viel Text auswendig lernen“, erklärt der 16-Jährige. „Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass ich der Rolle nicht gerecht werde.“ Denn nachdem Hamlet erfährt, dass sein Onkel seinen geliebten Vater vergiftet hat, schwört er Rache zu nehmen, verstößt dabei die Liebe seines Lebens und wird selbst verrückt. „Der Anspruch an die Rolle des Hamlet ist sehr hoch“, sagt Markus Voigt, Regisseur und Betreuer des Theaterjugendclubs. „Jannis sollte daran wachsen.“ Einige Szenen forderten denn auch Überwindung, erzählt Jannis Weu, der später Musicaldarsteller oder Schauspieler werden will. In einer beispielsweise stürzt Hamlet in seinem Wahn seine geliebte Ophelia zu Boden, legt sich auf sie, will anfangen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen. „Da musste ich mich wirklich überwinden, das zu tun“, erzählt Jannis Weu. Auch wenn die Charaktere durch die Bank passend besetzt waren, sticht eine Darstellerin besonders hervor: die 16-jährige Emma Meyer, die die Rolle der Ophelia spielt. Sie zeigte eine so überzeugende darstellerische Leistung, dass mancher Schauspieler vom Theater Vorpommern es nicht besser hätte machen können. Dass sie die weibliche Hauptrolle bekommen würde, hatte sie selbst überrascht, erzählt sie nachher. Anfangs hatte sie Bedenken, ob sie damit zurechtkommen würde. Nach der zweistündigen Aufführung breitet sich Erleichterung unter den Schauspielern aus. Sie bekommen Blumen geschenkt, hauptsächlich von ihren Verwandten und Freunden. Zufrieden, wie man als Regisseur nur sein kann, zeigt sich auch Markus Voigt, der seit fünf Jahren das Jugendtheater betreut. „Generell ist der Leiter ja immer unzufrieden“, sagt der 48-Jährige. Dennoch sei er jetzt stolz auf seine Truppe. „Wir hatten zum Proben nur zwei Stunden pro Woche.“ Markus Voigt ist ausgebildeter Schauspieler. Viele der Mitglieder des Theaterjugendclubs wollen später auch professionell auf der Bühne stehen. Doch ihr Leiter warnt: „Wer nicht an einer staatlichen Schauspielschule angenommen wird, sollte es lieber lassen.“ Davon abschrecken lassen sich die wenigsten Nachwuchsdarsteller. Sie wollen weiterhin an ihren Schauspielkarrieren arbeiten. Und das wäre bei so manchem Darsteller gar nicht verkehrt. Weitere Vorstellungen Noch drei weitere Aufführungen von „Hamlets Rache“ gibt es am: 25.06.2015 um 20.00 Uhr 28.06.2015 um 18.00 Uhr 30.06.2015 um 20.00 Uhr Christin Weikusat

Greifswald - Noch immer bleibt die Frage: „Sein oder nicht sein?“