Opernale wird bei „Land der Ideen“ Bundessieger 2014

„Wir waren überrascht und überglücklich darüber, dass uns die Jury zum Bundessieger 2014 kürte“, freute sich Henriette Sehmstorf am Telefon noch auf der Autobahn, als sie am gestrigen Donnerstag von der Preisverleihung des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ in Frankfurt am Main zurückkehrte. Die Intendantin war gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Vereins „Opernale“, Hans-Henning Bär, wohl mit einer freudigen Vorahnung in die Mainmetropole gereist, genoss aber hörbar das Gefühl der Gewissheit. Dieses Jahr trumpfte die „Opernale“ mit dem Stück „ISt Lieb ein Feur“ auf und war mit Aufführungen auch in Putbus und Altenkirchen zu Gast. Und das Engagement der Künstler und Inszenierer beeindruckte nicht nur Rüganer. Als „Leuchttürme der deutschen Innovationslandschaft“, lobte die 18-köpfige Fachjury die sechs Bundessieger aus den Bereichen Wirtschaft (Sieger war ein Projekt aus Rheinland-Pfalz), Wissenschaft (Hessen), Umwelt und Bildung (Sachsen) und Gesellschaft (Niedersachsen). Den Preis in der Kategorie Kultur holt die „Opernale“ nach Mecklenburg-Vorpommern. „Deutschland — Land der Ideen“ ist eine gemeinsame Standortinitiative von Politik und Wirtschaft. Sie wurde 2005 von der Bundesregierung und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit dem Ziel gegründet, „Deutschland mit seiner Innovationskraft und kreativen Ausstrahlung nach innen wie nach außen sicht- und identifizierbar zu machen.“ Im Rahmen des diesjährigen Themas „Innovationen querfeldein; Ländliche Ideen neu gedacht“ wurden Projekte aus Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Umwelt, Bildung oder Gesellschaft ausgezeichnet. „Viele Kommunen und ihre Einwohner stehen vor neuen Herausforderungen: kilometerweite Entfernungen zu Schule, Arzt und Supermarkt. Probleme wie Busse, die nicht mehr fahren, fehlende Arbeitsplätze und fehlende Kultur, weil sie sich nicht mehr lohnt. Aus dieser Not heraus entsteht aber auch seit Jahren ein Engagement, das seinesgleichen sucht“, wissen die Organisatoren der Initiative. Tatsächlich gründete sich der Opernale-Verein mit Sitz in Sundhagen, der es in diesem Jahr als einziger Teilnehmer aus der Kategorie „Kultur“ unter die letzten zehn schaffte, „im Sommer 2010 aus Enttäuschung über eine gewisse Kulturlosigkeit Vorpommerns, insbesondere bezüglich des Genres Oper“, erinnert sich Henriette Sehmsdorf. „Die kulturelle Lücke im Hinblick auf Musiktheater war unübersehbar. So entstand die Idee, ein eigenes Opernfestival aus der Taufe zu heben“. Viermal inszenierte Sehmsdorf seither die jährliche Oper. In diesem Jahr „ISt Lieb ein Feur“ nach einem Theaterstück des Sundhagener Schriftstellers Ulrich Frohriep. Der hatte „in einem Akt künstlerischer Archäologie das geistige Skelett eines literarischen Wunderkindes freigelegt“; der Greifswalder Barockdichterin Sibylla Schwarz (1621-1638), deren kurzes Leben ganz in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges fällt und die im frühesten Jugendalter erste Gedichte zu schreiben beginnt. Als sie mit nur 17 Jahren stirbt, hinterlässt sie bereits ein umfangreiches, aber bis heute wenig beachtetes Werk, das die vorpommerschen Opernmacher würdigen wollten. Das Stück über die junge Frau, die nach der antiken griechischen Dichterin auch die „pommersche Sappho“ genannt wurde, wurde von August bis Oktober an landesweit 21 Spielorten, neben Altenkirchen und Putbus auch in Ahrenshoop, Hessenburg, Ribnitz-Damgarten, Franzburg sowie der Hansestadt Stralsund aufgeführt. Mit einer bravouröse Susanne Groß in der Hauptrolle. „Langfristig möchten wir ein gemeinnütziges Kulturfestival für die Region mit internationalen Partnern aus dem Ostseeraum produzieren, um den Festivalcharakter zu unterstreichen“, beschreibt Sehmsdorf ihre Vision. Auch Preise, Stipendien und Auftragswerke würde sie gern vergeben. Dafür sei allerdings Voraussetzung, dass sich die Einstellung vieler Verantwortlicher in Politik und Gesellschaft zu Kunst und Kultur ändere: „Wenn es mehr Achtung vor der gesellschaftlich wichtigen Arbeit der Künstler gäbe, gäbe es auch keine Finanzierungsnot mehr, davon bin ich überzeugt.“ Der Verein greift bereits auf ein Instrument aus den Anfängen der öffentlichen philharmonischen Konzerte zurück und verkauft im Vorfeld Abonnements. „Aus dem Verkauf unserer Opernale-Aktien konnten wir sogar 500 Euro an den Förderverein weitergeben“, freut sich Sehmsdorf. „Durch die Abstimmung zum ,Land der Ideen‘ und unsere breite Werbung dafür hat sich eindeutig unser Bekanntheitsgrad in Vorpommern und auf Rügen verbessert“, freut sich Sehmsdorf. „Ich hatte Glückwünsche aus allen Teilen des Landkreises und allen Bevölkerungsteilen. Für diese Anerkennung hat sich der Aufwand gelohnt“. Zum fünfjährigen Geburtstag im kommenden Jahr will das Opernale-Team ein Wohnzimmerkonzert anbieten, das musikalisch mit Stücken aus „Der Schauspieldirektor“, „Die Bettlerdamen“, „Die Bettleroper“ und „ISt Lieb ein Feur“ auf die vergangenen Jahre zurückblickt. Dafür sucht sie noch Gastgeber (siehe Kasten). Die nächste Oper soll dann 2016 folgen. Wohnzimmerkonzerte 10 bis 15 Gastgeber sucht die Opernale für das Wohnzimmerkonzert im kommenden Jahr. Gezeigt werden Ausschnitte aus bisherigen Inszenierungen. 30 Personen sollte der Raum aufnehmen können und Platz für ein Klavier bieten. Dafür gibt es ein Wahl-Menü, bei dem Gastgeber sich Ihre Lieblingsmusiken aussuchen dürfen. Interessensbekundungen können Bewerber an 038333/88512 oder kontakt@opernale.de richten. Wenn es mehr Achtung vor der wichtigen Arbeit der Kün- stler gäbe, gäbe es auch keine Finanzierungsnot mehr.“Henriette Sehmstorf, Opernale Uwe Driest

Putbus/Altenkirchen/Sundhagen - Opernale wird bei „Land der Ideen“ Bundessieger 2014