„Pauker und Lausebengel“ erzählen von alten Zeiten

Wenn sich aus einer Idee heraus eine Gruppe zusammenfindet, die engagiert ein gemeinsames Ziel vor Augen hat, dann steht am Ende meist auch ein tolles Ergebnis. Es gibt kaum einen besseren Beweis dafür als das große Hugoldsdorfer Dorf- und Schulfest am Wochenende. Im Frühjahr 2014 wurde bei einem Klassentreffen die Idee geboren, unter dem Motto „Unsere Grundschule in Hugoldsdorf“ ein Wiedersehenstreffen zu organisieren. Eingeladen waren alle, die so etwa ab den 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts bis 1973 zur Schließung die Hugoldsdorfer Grundschule besucht haben — von den ehemaligen Lehrern bis hin zu früheren und gegenwärtigen Hugoldsdorfern, die sich mit ihrem Heimatort verbunden fühlen. Für so ein kleines Dorf klang das zunächst fast ein bisschen utopisch. Schnell fanden sich einige begeisterte Enthusiasten, die gemeinsam in einem Freundeskreis die umfangreiche Aufgabe in Angriff nahmen. Und das Interesse war groß: Gegen 11 Uhr rollte Auto an Auto auf das Festgelände, und nach und nach füllten mehr als 200 Besucher aus allen Ecken der Republik den großen Saal in der Kulturbaracke. Schon vor der offiziellen Eröffnung und Begrüßung durch den Bürgermeister Peter Richter und den Vertreter des Freundeskreises Arno Schlegel gab es manche freudige Begrüßung und Umarmung, denn viele hatten sich ja seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Da gab es hier und da schon Probleme mit dem Wiedererkennen... Schnell zeigte sich, dass sich die Hoffnung der Organisatoren auf ein freundschaftlich-herzliches Wiedersehens- und Erinnerungstreffen voll erfüllte. In unzähligen Gesprächen zwischen ehemaligen Schulfreunden und Klassenkameraden und ihren damaligen Lehrern, einstigen Arbeitskollegen oder früheren Nachbarn und Bekannten kam es immer wieder zu bewegenden Begegnungen und zum Austausch von Erinnerungen an gemeinsam erlebte Schul- und Dorfgeschichten. Zu den begehrten Gesprächspartnern gehörte dabei unter anderem auch Walter Rüter, der von 1959 bis 1973 Schulleiter in Hugoldsdorf war. „Es war einfach eine schöne Zeit“, sagte der 84-Jährige, der inzwischen in Stralsund lebt. „Ich leite dort einen Chor und bin auch in der Seniorenarbeit aktiv“, erzählt er seinen ehemaligen Kollegen. Und zu denen zählt auch Brigitte Droste. Sie war von 1958 bis 1962 in der kleinsten Gemeinde Vorpommerns als Lehrerin tätig. „Das war meine erste Lehrerstelle. Damals hieß ich noch Günther“, so die über 70-Jährige und erinnert sich noch genau an ihren ersten Tag. „Ich hatte eine Klasse mit Schülern so um die zehn Jahre alt und sagte, sie sollten in Zweierreihen antreten. Einer antwortete prompt: Ne, das mach ich nicht.“ Und genau jener Schüler war es, der seiner ehemaligen Lehrerin am Samstag in die Arme fiel und sich riesig freute, sie zu sehen. Auch Helga Rudolph erinnert sich noch gern an die Zeit in der Hugoldsdorfer Schule. „Ich habe 1962 dort als Lehrerin angefangen und war bis zur Schließung dabei. „Wir hatten die Klassen 1 bis 6 noch dort, und zwar immer zwei Jahrgänge in einer Klasse, aber mit 30 Kindern im Raum. Und jeder musste alles unterrichten“, sagt die Ruheständlerin, die ebenso wie ihre Kollegin heute in Tribsees wohnt. „Legendär waren die Kinderfeste, das ganze Dorf machte mit, auch die Eltern. Das war eine tolle Gemeinschaft“, schwärmt sie und ergänzt: „Die Schule war damals das kulturelle Zentrum im Dorf.“ Und Hans-Georg Lehmann — der 83-Jährige hat ebenfalls in Hugoldsdorf unterrichtet — griff für seine ehemaligen Kollegen und Schüler sogar zum Akkordeon und machte fröhliche Musik. So wurde das Treffen zu einem emotional geprägten Erinnerungsnachmittag, wie Hugoldsdorf ihn wohl selten bisher erlebt hat. Zum erfolgreichen Verlauf trugen auch die gastronomische Betreuung durch den Eixener „Schmugglerkrug“ und das von den Besuchern selbst gestaltete reichhaltige, verlockende Kuchenbüfett bei. Außerdem wurden die angebotenen Kremserfahrten durch die alte Heimat Hugoldsdorf und Rönkendorf gern genutzt. Anziehungspunkt war auch eine kleine Ausstellung mit Dorf- und Schulchroniken und vor allem mit vielen teils viele Jahrzehnte alten Klassenfotos. Alle Ehemaligen waren begeistert von diesem Treffen. Der Dank gilt nicht nur dem Freundeskreis, sondern auch der Gemeinde und dem Landwirt Thomas Tiedemann, der sein Grundstück mit der Kulturbaracke zur Verfügung stellte. Aber danken wollte man auch den unzähligen freiwilligen Helfern für ihren Einsatz vor, während und nach dem Fest. Über vier Jahrzehnte im Schuldienst Harry Lembke, unser Autor, hat selbst einige Monate in der Hugoldsdorfer Schule gearbeitet. „Als junger Lehrer wurde ich aus Tribsees abkommandiert. Das erste und letzte Mal in meinem Leben habe ich dort den jahrgangsübergreifenden Unterricht praktiziert. Die Klassen 1 bis 4 saßen in einem Raum, damals noch im alten Gutshaus. Und dann musste ich für alle Deutsch und Mathe unterrichten“, so der Tribseeser. Das sei eine ganz schöne Umstellung gewesen, sagt er. Der 85-Jährige — übrigens der älteste freie Mitarbeiter der OZ — hat nach einem Schnell-Lehrgang 1950 in Tribsees als Lehrer begonnen. Die DDR suchte damals viele neue und junge Lehrer. Später absolvierte er ein Fernstudium für Deutsch und danach für Kunst. Bis 1993 zu seinem Ruhestand hat er 43 Dienstjahre als Pädagoge geleistet. Der Stadt Tribsees ist Harry Lembke immer treu geblieben, noch heute wohnt er in der schönen Trebelstadt, ist aber gern auch in der Umgebung unterwegs. Harry Lembke

Hugoldsdorf - „Pauker und Lausebengel“ erzählen von alten Zeiten