Puhdys-Gründer gestorben: Das verband Harry Jeske mit Rammstein-Sänger Till Lindemann

Die Nachricht vom Tod Harry Jeskes hat den Wismarer Henry Schütt tief getroffen: „Es tut weh“, sagt er. Harry Jeske sei ein einfach gestrickter Typ gewesen, nie überheblich und ein guter Mensch, betont der Immobilienmakler. 1974 treffen sie sich das erste Mal – in Wismar. Dort treten die Puhdys öfter in der Sporthalle auf. Henry Schütt kennt einen Organisator der Konzerte und lernt so den Musiker kennen. Es entsteht eine Freundschaft, die bis zum Schluss hält. Lesen Sie auch: Wismar: Puhdys-Bassist Harry Jeske ist tot „Wir haben beide das Wasser geliebt – Harry hat gerne geangelt und ist mit mir oft segeln gefahren“, erzählt der 69-Jährige. Auch zu Hause besuchen sich die Männer regelmäßig: „Ich war auch bei ihm auf den Philippinen“, berichtet Henry Schütt. Das südostasiatische Land ist die Heimat von Harry Jeskes Frau Erma. Mit ihr hat der Puhdys-Gründer den Winter auf den Philippinen verbracht, im Sommer waren sie meist in Mecklenburg. „Beide haben sich in Wismar sehr wohlgefühlt“, betont Henry Schütt. Lindemann als Häuslebauer: Im denkmalgeschützten Stadtteil Hoben hat sich das Ehepaar Jeske ein Heim gebaut. Dabei hat auch Henry Schütt geholfen – und Rammstein-Sänger Till Lindemann. Damals sei der zwar schon Musiker, aber noch nicht berühmt gewesen. „Und so viele gab es davon im kleinen Wismar nicht. Deshalb hat man sich gekannt und gemocht“, erzählt Henry Schütt. In dieses Eigenheim hatte Jeske im Sommer 2003 auch den damaligen OZ-Redakteur Werner Geske eingeladen. „Ich hatte den Auftrag erhalten, ihn zu interviewen“, berichtet der heute 71-Jährige. „Wir fanden sofort einen Draht zueinander. Vielleicht auch deshalb, weil Jeske und Geske recht ähnlich klingen.“ Zwar war Jeske damals schon einige Jahre nicht mehr Mitglied der Rockgruppe, aber als Puhdy-Urgestein noch immer sehr prominent. „Doch von Star-Allüren keine Spur“, betont Geske. Bescheiden und freundlich: Jeske habe ihn durch sein bescheidenes Auftreten, seine Einfachheit und seine freundliche Art beeindruckt, sagt Geske. Das Gespräch habe sich vor allem um die Liebe gedreht – zu seiner Frau Erma, zu seiner zweiten Heimat, den Philippinen, zu Wismar und natürlich zur Musik. „Er gab mir das Gefühl, dass wir uns schon seit ewigen Zeiten kennen würden. Bei einem guten Glas Rotwein haben wir damals unsere Bekanntschaft begossen“, sagt der ehemalige Redakteur. Der Musiker und der Journalist sollten sich danach noch häufiger begegnen. „Jedes Mal war es dann so, als würden sich alte Freunde wiedersehen“, erinnert sich Geske. „Der Gedanke, dass ich Harry nie wieder die Hand drücken kann, fällt mir schwer.“ Dank an die Wismarer: 2018 kommt es dann zu einem Wiedersehen von Jeske und seinen Bauhelfern Henry Schütt und Till Lindemann. „Harry wollte Till gerne noch einmal treffen, das habe ich für ihn möglich gemacht“, verrät Schütt und zeigt stolz ein Erinnerungsfoto. Das ist in der Nähe von Bad Kleinen entstanden, wo Till Lindemann viele Jahre gelebt hat und sich noch immer regelmäßig aufhält. Von Harry Jeske Ehefrau Erma soll Henry Schütt ausrichten: Sie sei sehr dankbar für die Zeit mit ihrem Mann und für die Unterstützung der vielen Wismarer, die ihr geholfen haben – ihren Mann zu pflegen und zu umsorgen, als er immer kränker wurde. „Am Mittwoch ist er nach einem Schlaganfall ins Krankenhaus gekommen“, erzählt Henry Schütt. Am Tag darauf sei sein guter Freund dort gestorben. Beerdigt werden soll Harry Jeske in Wismar. Danach will seine Frau auf die Philippinen zurückkehren zu ihrer Familie. Bodenständiger Typ: Auch Klaus-Dieter Steinberg aus Hoben ist betroffen, als er die Nachricht vom Tod seines langjährigen Nachbarns erhält. „Wir Hobener haben die beiden gemocht. Sie waren integriert und haben sich ins dörfliche Leben eingebracht. Erma hat die Hobener mit ihren Kochkünsten verzaubert“, erzählt der 73-Jährige. Harry Jeske habe nie seine Prominenz als Künstler nach außen getragen. Er sei ein bodenständiger Typ gewesen, entspannt und völlig in sich ruhend. Steinberg hatte den letzten persönlichen Kontakt vor über einem Jahr. „Harry und Erma waren an den Ostseeblick gezogen, als es ihm gesundheitlich immer schlechter ging. Wir trafen uns beim Einkaufen.“ Puhdys-Lieder gehörten zur Jugendzeit: In Wismar wurde Jeske häufig gesehen – auch Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) und der Sozialpädagoge Roy Rietentidt begegneten ihm. Letzterer ist großer Puhdys-Fan gewesen. „Ich bin im Osten aufgewachsen, die Lieder gehörten zu meiner Jugendzeit“, erinnert er sich. Ein „besonderes Gefühl“ sei es deshalb gewesen, als er Harry Jeske hin und wieder in Wismarer Gaststätten gesehen hat. „Aber das ist schon viele Jahre her.“ Als er den Musiker das erste Mal vor sich sah, „musste ich zweimal hingucken, ob er es wirklich ist“, erzählt Rietentidt. Als Harry Jeske dann krank wurde, sei er nicht mehr so oft in der Stadt unterwegs gewesen. „Aber ich behalte ihn und die Lieder immer in guter Erinnerung.“ So geht es auch Thomas Beyer: „Als Urgestein der Puhdys verbinde ich mit ihm natürlich in erster Linie Musik und Titel wie ‚Alt wie ein Baum‘, die ja auch heute noch gespielt werden. Mein Beileid gilt seiner Familie.“ Lesen Sie auch Zum Tode von Puhdys-Gründer Harry Jeske: Erkennen Sie diese Ostrock-Klassiker? Electra-Sänger Stephan Trepte mit 70 Jahren gestorben Der Barfuß-Drummer: City-Schlagzeuger Klaus Selmke gestorben Von Kerstin Schröder