Rettungsgrabung auf Arkona fördert Sensation zutage

Den Archäologen Mecklenburg-Vorpommerns ist ein spektakulärer Fund an der Ausgrabungsstätte Kap Arkona gelungen. Sie haben die Fundamente einer Kulthalle entdeckt, die hier im 11./12. Jahrhundert gestanden hat. „Aufgrund von in regelmäßigen Abständen angelegten Pfostengruben haben wir den Umriss des Gebäudes ermitteln können“, berichtet Landesarchäologe Dr. Detlef Jantzen. „Bei der Größe muss es sich um ein bedeutendes Gebäude gehandelt haben.“ Der Holzbau, der spätestens 1168 zerstört wurde, war etwa zwölf Meter lang und acht Meter breit, das entspricht der Größe einer kleinen Dorfkirche. Der sagenumwobene slawische Tempel mit der Statue des Gottes Svantevit , der sich auf dem Kap Arkona befunden haben soll, ist die Halle jedoch sicher nicht. „Nach den Beschreibungen des dänischen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus war der Tempel eher klein und hatte vier tragende Säulen“, meint der Archäologe Dr. Fred Ruchhöft. „Bei unserer Kulthalle haben wir aber bereits sieben Pfahlgruben gefunden, eine achte wird vermutet.“ Zunächst war den Archäologen unklar, dass diese Gräben zusammengehören. „Erst als wir die Funde auf einer Karte eingezeichnet haben, ist uns klargeworden, dass die Gruben miteinander in Zusammenhang stehen.“ Dabei sei die endgültige Bestätigung der Theorie spannend gewesen wie ein Krimi. „Sechs Fundamente hatten wir schon gefunden. Dann haben wir errechnet, wo das siebte sein muss. Und tatsächlich — die Grabung hatte Erfolg“, berichtet Ruchhöft. Die Archäologen am Kap Arkona stehen bei ihrer Arbeit unter Zeitdruck. Jedes Jahr knabbert die Ostsee etwa einen halben Meter der Kreideküste ab, archäologische Fundstücke die mitabrutschen, sind unwiederbringlich verloren, die Ostsee zermalmt und verstreut alles. Die Grabungsmitarbeiter die unmittelbar an der Steilküste arbeiten, müssen durch Haltegurte abgesichert sein. „Seit 2012 laufen hier so genannte Rettungsgrabungen um die Funde des einzigartigen Ortes zu bergen, bevor sie ins Meer rutschen“, erklärt die Bürgermeisterin des Ortes Putgarten, Iris Möbius. „Die Kosten für fachmännische Grabungen sind nicht unerheblich. Das Land zahlt 150000 Euro für zwei Jahre. Die Gemeinde beteiligt sich mit 5000 Euro.“ Die Funde, die bei den Ausgrabungen der vergangenen Jahrzehnte zu Tage gefördert wurden — es handelt sich um 30000 bis 40000 Fundkomplexe — lagern derzeit in Schweriner Magazinen. „Allein im Bereich der Halle haben wir in den vergangenen Jahren über 200 Münzen, 200 Perlen und 350 Pfeilstücke gefunden“, beschreibt Ruchhöft die Qualität des Ausgrabungsortes. „Es wäre nur logisch, die Funde auch hier mit einem eigenen Museum am Kap Arkona auszustellen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.“ Erstmal werden die Wissenschaftler weitergraben und sich mit den Kollegen aus Schweden und Dänemark besprechen. „Das besondere an unserer Kulthalle ist nämlich, dass sie im skandinavischen Stil erbaut wurde. „Vergleichbare Funde gibt es sonst nur im schwedischen Uppåkra und im dänischen Tissø“, erklärt Ruchhöft. Rückschlüsse auf eine skandinavische Zwischenbesiedlung in der Zeit um 1100 möchte der Landesarchäologe aber nicht ziehen. „Es ist denkbar. Aber der Ort im Norden Rügens war immer schon Handelsort. Es ist möglich, dass der Raum auch kulturell von Skandinavien beeinflusst wurde.“ Die Tempelburg Arkona Die Tempelburg an der Nordspitze der Insel Rügen gilt als die wichtigste Kultstätte der Slawen und entstand vermutlich ab dem 9. Jahrhundert. Die Anlage wurde 1168 von dänischen Kriegern im Rahmen der Christianisierung zerstört. Die Überrreste des Tempels mit der Svantevit-Figur sind vermutlich bereits in die Ostsee abgerutscht. Anne Ziebarth

Putgarten - Rettungsgrabung auf Arkona fördert Sensation zutage