Stralsunds Schönheiten im Detail

ist ein bemerkenswertes Beispiel einer frühen bürgerlichen Hansestadt. Alle Bauten, von den großen Kirchen bis zur Wehrmauer, waren aus dem Bedürfnis der Bürger entstanden und auf diese zugeschnitten. Das Selbstbewusstsein, das dem städtischen Gemeinwesen und seinen einzelnen Mitgliedern eigen war, ließ aus dem heimischen Backstein weithin sichtbare Großbauten entstehen. Aber auch aufwändig gestaltete Profanbauten, wie Rathaus und Stadttore, sind uns überliefert. Zu Recht werden diese Zeugnisse der Blütezeit der Hanse heute von Gästen bewundert und die Einheimischen erfüllen sie mit Stolz. Aber wie so oft sind es gerade die Details, die das Ganze ausmachen. Zu den erwähnenswerten Kleinoden zählt unbedingt das Kommandantenhaus am Alten Markt. Es wurde 1750 im Stile des nordischen Klassizismus auf Kosten der Stadt gebaut und erinnert an die Schwedenzeit, die von 1630 bis 1815 dauerte. Nach 1945 avancierte der Bau zum „Haus der Einheit“. In den fünfziger Jahren wandelte es sich zum „Haus der Offiziere“ und nannte sich schließlich „Haus der Armee“. Im Herbst 2003 ist das Stadtwappen wieder im Giebelfeld des Kommandantenhauses angebracht worden, nachdem man es im August 1951 entfernt hatte. Zünfte haben eine lange Tradition, die bis ins 12. Jahrhundert zurückgeht. Sie wurden zum Schutz des jeweiligen Handwerks gegründet und vertraten die Interessen der einzelnen Mitglieder. So hatte jede Zunft auch ein eigenes Wappen, das in seinem Schilde Handwerkszeug oder Erzeugnisse des Gewerbes zeigte. Besonders gut ist das im Wappen über der Haustür der Ossenreyerstrasse 5 zu erkennen. Elle, Messer und Stoffballen erinnern daran, dass hier einmal die Gewandschneiderkompanie ihr Domizil hatte. Eine aufwändige Renaissancegestaltung besaß das Traufenhaus in der Jacobiturmstrasse 32. Das Sandsteinportal von 1568 ist bis heute erhalten. An der Fassade befanden sich mehrere Terrakotta-Medaillons, von denen noch zwei über der Haustür zu sehen sind. Die Originale, die Statius von Düren zugeschrieben werden, befinden sich im Kulturhistorischen Museum. Beim Bau des Marinelazaretts an der Großen Parower Straße (1936 -1938), dem heutigen Hanseklinikum, gab es auch sogenannte Kunst am Bau. Das Großrelief aus Keramikplatten „Herkules, die Hydra zerschmetternd“ an der Westseite des Gebäudes stammt vom Berliner Bildhauer Adolf Wamper. Es zeigt den Kampf mit einer vielköpfigen Schlange, die mit ihrem Gift das Land verpestete. Gerhard Schliepstein aus Berlin hat für die Stirnseite des mittleren Nordflügels die Figur einer flügelschlagenden Möwe geschaffen. Schade nur, dass das Kunstwerk verschandelt wurde, indem man dort ein Fenster eingebaut hat. Übrigens handelt es sich hier nicht um einen umfunktionierten Hoheitsadler der NS-Zeit , wie oft vermutet wird. Das Ensemble der Speicher auf der Hafeninsel prägt seit Jahren die Silhouette der Stadt. Fast alle Bauten wurden in den 1930er Jahren gebaut und der Architektur der Backsteingotik angepasst. Der Silo IV entstand 1934 und 1937 erfolgte ein Anbau. Zur Verschönerung des Gesamtbildes schuf der Bildhauer Paul Horn für die hafenseitige Wand das Keramikrelief einer Hanse-Kogge, die eigentlich eine Korvette ist. Die Gasse zwischen der Papen- und der Frankenstraße hieß seit 1624 Karrenstraße. Geht man aber weiter in der Zeit zurück, so findet sich für diesen Teil der heutigen Jacobichorstraße die Bezeichnung „erschkarne“. Übersetzt in die heutige hochdeutsche Sprache lautet der Straßenname Arschkerbe. Diesen doch sehr deftigen Namen erhielten früher Gassen, die eng, düster und schmutzig waren. Natürlich wollte kein anständiger Bürger in so einer Straße wohnen. Nur eine Figur am Eckgebäude an der Frankenstraße 57a, die 2002 von Reinhard Dietrich geschaffen wurde und dem Betrachter den nackten Hintern zeigt, erinnert an die einstige historische Bezeichnung. Harry Hardenberg

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