Tanzfestival: Theater macht sich selbst Konkurrenz

„Ordentlich trommeln“, empfahl Intendant Dirk Löschner den drei Festival-Kuratorinnen Brigitte Schöpf, Sabrina Sadowska und Marie Henrion, als sie in dieser Woche das Programm für die „Tanztendenzen“ vorstellten. Das Greifswalder Festival für zeitgenössischen Tanz feiert immerhin 20-jähriges Jubiläum. Ordentliches Trommeln ist aber wohl auch nötig. Gleich zur Eröffnung hat das Festival große Konkurrenz. Und die kommt — ausgerechnet — aus dem eigenen Haus. Denn am 21. Oktober, wenn im St. Spiritus drei Ballettproduktionen aufgeführt werden und mit Szenekenner Arnd Wesemann über Formen des zeitgenössischen Tanzes diskutiert werden soll, schwingt im Theater Vorpommern Generalmusikdirektor Golo Berg den Taktstock und dirigiert das erste Philharmonische Konzert der Saison. Schostakowitsch und Beethoven werden zu hören sein Warum diese Überschneidung? David Adler, Referent des Intendanten: „Wir begreifen Angebotsvielfalt als eine Bereicherung und und nicht als Verdrängungsstrategie. Und es ist unser Kulturauftrag, unserem Publikum ein möglichst vielfältiges Programm mit möglichst vielen Handschriften zu bieten.“ Die Zielgruppen für die Veranstaltungen würden sich „nur teilweise“ überschneiden. „Wer als Konzertbesucher die Eröffnung der Tanztendenzen vorzieht, hat die Möglichkeit, das Konzert am Folgetag in Stralsund zu erleben“, erklärt Adler. War es also Absicht? Offenbar nicht: „Die Spielplangestaltung gehorcht vielen Zwängen. Die Erstellung des Spielplans der Tanztendenzen kann, da es keine alleinige Theaterveranstaltung ist, nur zum Teil in Abstimmung mit der Theaterspielplanerstellung erfolgen.“ Letztere sei meist schon viel früher fertig. Zudem hätten die Philharmonischen Konzerte feste Wochentage. Davon ungeachtet kann sich das Programm des Festivals, das seit 2012 nur noch alle zwei Jahre stattfindet, mal wieder sich sehen lassen. Mehr als 250 Stücke hat die vierköpfige Jury im Vorfeld über Wochen hinweg gesichtet, um eine Auswahl zu treffen. Der Anspruch ist hoch, die Veranstalter begreifen sich als „Königsmacher“. Denn in der Vergangenheit seien viele Tänzer in Greifswald gewesen, die später internationalen Ruhm erlangten, etwa Sasha Waltz, Constanza Macras oder Meg Stuart. Innovationen und Tendenzen sollen Platz gegeben werden. Als einen großen Höhepunkt preist Organisationsleiterin Sabrina Sadowska den Auftritt des „18 Monkeys Dance Theaters“ aus Thailand an. Außerdem seien die Miniaturen sehr sehenswert: „Sie sind ein Wagnis. Die Tänzer setzen sich dabei 15 bis 20 Minuten mit einer Figur auseinander.“ Spannend wird es auch bei der interaktiven Aufführung „Life Net“ des „post theaters“ aus Deutschland und Japan, bei dem die Zuschauer miteinbezogen werden. Workshops, Aufführungen, Diskussion 21. Oktober, 16 Uhr: Workshop Zeitgenössischer Tanz im Ballettsaal; 20 Uhr: Eröffnung des Festivals mit „Green“ (I), „Three headed Hollywood Star“ (GB), „Non(leg)azioni“ (I) und Podiumsdiskussion im St. Spiritus 22. Oktober, 16 Uhr: Workshop Zeitgenössischer Tanz, Ballettsaal; ab 19 Uhr alle 30 Minuten: „Life Net“ (D/J), Kaisersaal 23. Oktober, 20 Uhr: Schwerpunkt Asien mit „Nothing for 60 min“ (D/KOR) und „On the Tightrope“ (THA), Großes Haus 24. Oktober, 16 Uhr: Workshop Körperwahrnehmung, Ballettsaal, 20 Uhr: Miniaturen — Bewegungsstudien, „Study #3 The Circle (VEN), „Metamorfosis“ (GR), „What if“ (CH), Rubenowsaal 25. Oktober, 16 Uhr: Workshop Akrobatisches Partnering, 20 Uhr: Abschlussabend „(How to be) almost there“ (D), „Wolfpack“ (GB), „Solographies“ (CH), Großes Haus Karten: ☎ 03834 / 57 22 224 • www.tanztendenzen.de Kai Lachmann

Greifswald - Tanzfestival: Theater macht sich selbst Konkurrenz