Trucker-Festival auf Rügen ausgebremst

„Er fährt‘n 30-Tonner-Diesel und ist die meiste Zeit auf Tour“, hat die deutsche Country-Ikone Gunter Gabriel bereits in Neddesitz gesungen, der Adresse für Trucker- und Countryfans auf Rügen. Doch die werden in diesem Jahr ebenso wie Gabriel oder Brummi-Fahrer ihre Karossen in den Ort auf Jasmund lenken können, um dort ihren Faible für die Landstraße mit der passenden musikalischen Untermalung ausleben zu können: Das Trucker-Festival auf Rügen fällt in diesem Jahr aus. Veranstalter Torsten Ewert hat sich „schweren Herzens“, wie er betont, entschlossen, das Festival „country pur & live“ abzusagen. „Ohne die passende Kulisse leidet die Stimmung bei solchen Festivals“, sagt Torsten Ewert. Selbst Country-Fan mit Leib und Seele sorgte der Insulaner in mehr als zwei Jahrzehnten als Veranstalter dafür, dass sich Neddesitz zum Mekka für Trucker-Freunde und deren Musik entwickelt hat. Die Geburtsstunde des Festivals schlug bereits 1990 in Sagard. Seit 1995 ist der Reiterhof in Neddesitz der Veranstaltungsort für das jedes Jahr Ende Juli an einem Wochenende ausgetragene Festival. Doch dort kamen Truckerfans in jüngster Vergangenheit immer weniger auf ihre Kosten. Der Grund: Die Brummis blieben aus und somit fehlte die Kulisse. „Die Vorschriften sind schuld“, sagt Torsten Ewert. „Für Lkw-Fahrer gelten strenge Regelungen für die Lenkzeiten“, erläutert er. Früher wurden die auf einer Papierscheibe aufgezeichnet. Seit 2010 gibt es dafür aber eine digitale Fahrerkarte. Wie lange ein Brummi-Fahrer hinter dem Lenkrad sitzt, wird auf einer Festplatte gespeichert. Laut Vorschrift müssen die Fahrer am Wochenende am Stück 45 Stunden pausieren. „Wenn sie das nicht einhalten, droht ihnen eine satte Strafe“, skizziert Torsten Ewert die Folgen für das Festival. „Ohne das Risiko einer Strafe kann somit kein Trucker mehr zu Country pur & live nach Neddesitz kommen.“ Er habe versucht, über Anträge für eine Sondergenehmigung und in Gesprächen mit der Politik eine Lösung zu finden, so Ewert. „Vergebens.“ Die Folgen der strengen Vorschriften hat er als Veranstalter bereits in den vergangenen Jahren zu spüren bekommen. Die Brummis blieben aus und im Ergebnis musste er einen Zuschauerrückgang quittieren. „Weil für dieses Jahr keine Lösung gefunden werden konnte, habe ich mich entschlossen, das Festival abzusagen“, zieht Torsten Ewert als Veranstalter die Konsequenzen. Dafür gäbe es aber auch berufliche Gründe, räumt er ein. Torsten Ewert arbeitet beim Eigenbetrieb des Landkreises für Abfallwirtschaft, wo er erst im vergangenen Jahr den Stellvertreter-Posten des Betriebsleiters übernommen hat. „Da bleibt kaum Zeit, mal so nebenbei so ein Festival zu organisieren und zu gestalten“, sagt er. Einen Schlussstrich unter die traditionelle Veranstaltung zieht Torsten Ewert aber noch nicht. Das Festival werde vorerst nicht fortgesetzt. Er betont, dass die Absage für dieses Jahr kein endgültiges Aus bedeute. „Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern und die Voraussetzungen stimmen, würde ich die Tradition von country pur & live in Neddesitz gern wieder aufleben lassen und fortsetzen.“ Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die Trucker-Hymne „Er fährt‘n 30-Tonner-Diesel“ — 2008 und 2009 live von Gunter Gabriel in Neddesitz gesungen, irgendwann wieder auf Jasmund zu hören ist. Magnet für bis zu 800 Countryfreunde 1990schlug die Geburtsstunde für das Festival „Country pur & live“. Torsten Ewert, selbst passionierter Country-Fan, und Uwe Lerch hoben es aus der Taufe und stellten damals am 21. Juli mit ein paar Freunden auf der ehemaligen Festwiese in Sagard das erste Konzert auf einen Tieflader. 350 Countryfreunde erlebten 1995 die erste Veranstaltung am neuen Ort, dem Reiterhof in Neddesitz. Obwohl die zweite Auflage dort ein Jahr später buchstäblich vom Sturm von der Bühne gefegt wurde, verbuchte „Country pur & live“ 1997 den bis dahin größten Erfolg mit rund 800 Festivalbesuchern. Zu den Höhepunkten des Festivals zählen nicht nur Auftritte von Country-Stars wie Gunter Gabriel (2008 und 2009). Besonders hoch in der Publikumsgunst standen auch zur Tradition gewordene Wettbewerbe wie der im Gummistiefel-Weitwerfen und das Truck-Ziehen. Die Bestenermittlung fand immer unter reger Teilnahme der Gäste statt. Udo Burwitz

Neddesitz - Trucker-Festival auf Rügen ausgebremst