Wenn Weltenbummler Landrat trifft

Man nehme ein Moderatorenpaar — Eva Bauer und Martin Schneider. Dazu eine bunte Gästeschar, setze sie in gemütlich-drollige Möbel und würze kräftig mit mitreißender Live-Musik und exotischem Tanz und, das Sahnehäubchen darf nicht fehlen, lasse dazu, ebenfalls live, kochen. Fertig ist der Barther „Klönpott“. Federn vom Ara, Pfeilspitzenköcher, Wildschweinzähne. Eine seltsame Sammlung von Souvenirs hatte Wieland Meier von seinen Expeditionen mitgebracht. Der Weltenbummler, Jahrgang 1959, ist einer der Gäste beim Gesprächsabend am Sonnabend in der Barther Boddenbühne. „Eigentlich“ Rentner, zieht es den gelernten Maler Wieland Meier aus Berlin immer wieder in die Regenwälder Amazoniens, Borneos oder Madagaskars, zu exotischen Pflanzen, wilden Tieren und „Leuten, die keine Adressen haben.“ Das könne durchaus gefährlich werden, erzählt er — wenn man in Papua-Neuguinea über das Fotohonorar verhandeln wolle, da werde schon mal mit dem Speer argumentiert. Kurt Planitz-Wächter aus Grimmens Nachbargemeinde Süderholz sammelt auch, und zwar „Geschichten gegen das Vergessen“. Daraus ist ein Buch mit 45 Erinnerungen aus der Wendezeit geworden, das man zwar nicht kaufen, aber kopieren kann. Schon in jungen Jahren hatte Planitz-Wächter einen Hang zum Dokumentieren, sein Erinnerungen-Sammeln soll nun Kreise bis zurück in die Nachkriegszeit ziehen. Barbara Krippendorf (64) ertanzte sich den Berufsausweis als Solo-Pantomime in Berlin. An der Saale geboren, kam sie über Rostock, Afrika und die Pfalz wieder nach Mecklenburg-Vorpommern. Ein Indianer auf Rügen gab ihr den Namen „Tanzende Rabenfrau“, dem sie in Workshops und auf der Boddenbühne alle Ehre macht. „Man sollte die Gefühle leben, nicht unterdrücken“, rät sie. Auch Peter Schumann, den frischgebackenen Landeskulturpreisträger, interessiert die Suche nach dem Lebensglück und dem Einfluss der Politik. Mit seinem berühmten Film „Flüstern und schreien“ hat er 1988 die Befindlichkeiten der Jugend durch die Lupe der Rockmusik betrachtet. Und was ist das Lebensglück? „Das werden, was man sein könnte“, sagt er. Was eine Hammond-Orgel kann, wenn sie in die Hände eines Peter Weltner gerät, demonstriert der Kölner aus Köln beim „Klönpott“ mit einer Kostprobe satter Bluesrockhymnen und filigraner Klangmuster. Ebenfalls Gesprächsgast — „Wetterfrosch“ Maik Thomaß. „Es bleibt nur kühl windig, ohne richtig winterlich zu werden“, macht der Wetter-Experte keine Hoffnungen auf weiße Weihnachten in der Region. Schuld sei eine anhaltende südwestliche Strömung. Fast ein Vierteljahrhundert ist Ralf Drescher in der Politik — und nun zum ersten Mal in einer Talkshow. Vorpommern-Rügens Landrat Ralf Drescher sitzt mit in der Runde — ebenso wie eine Familie aus Syrien. Der syrische Mathematiklehrer Salah Hussein, seine Frau Mayada Ali und ihre Tochter, die 13-jährige Yara erzählen von der explosiven Lage in ihrer Heimat und der dramatischen Flucht nach Deutschland. „Toll von Deutschland, dass es uns und die anderen Asylbewerber aufgenommen hat“, bedankt sich die dolmetschende Yara. Drei Jahre darf ihre Familie vorerst bleiben. Während sich Yara kostenlose Medizin für Afrika wünscht, wollen ihre Eltern gerne in Deutschland arbeiten. Da jedoch kann der Landrat keine konkrete Hoffnung machen. Es sei zwar ein Programm in Arbeit, aber es gebe auch viele Deutsche, die Arbeit suchen. Ralf Drescher betont die große Akzeptanz, auf die die Asylbewerber in Barth stoßen. Darf‘s ein bisschen mehr sein? Die Moderatoren servierten mit dem Barther „Klönpott“ eine Talkshow mit Verlängerung, die sicher auch am Ende noch mehr Zuschauer gehabt hätte, wenn die Gespräche etwas straffer und die Tontechnik weniger empfindlich gewesen wäre. Aber das Format hat definitiv Zukunft — „weiter machen“, lautet die Empfehlung. Susanne Retzlaff

Barth - Wenn Weltenbummler Landrat trifft