Zapfhähne der Marke „HGW“

Ende dieses Jahres soll es losgehen. Die Wohnungsbau und Verwaltungsgesellschaft Greifswald (WVG) will auf einer der Brachflächen am Hansering 60 neue Wohnungen errichten. Der Bauantrag sei eingereicht, so der zuständige Bauleiter Frank Sens. Auf dem 5000 Quadratmeter großen Areal zwischen Brügg- und Kuhstraße laufen im Vorfeld bereits seit vergangenem Jahr Grabungen, um die Hinterlassenschaften der Stadtgeschichte zu bergen. Und da ist allerhand zu finden, weil beim Flächenabriss der 1980er Jahre nach der Beseitigung der Häuser der darunter liegende Boden kaum angetastet wurde. „Wir haben fünf einzelne Münzschätze bergen können“, berichtet Renate Samariter, die gemeinsam mit Maria Albrecht die Ausgrabungen des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege leitet. Geprägt wurde das Geld in Anklam, Demmin, Greifswald und Stralsund. Die insgesamt 89 Silber-Hohlpfennige stammen aus den Jahren 1350 bis 1375 und wurden unter verkohlten Dielen in einem Keller an der Brüggstraße gefunden. „Auf diesem Grundstück haben wir noch etwas seltenes entdeckt“, berichtet Maria Albrecht. „Das sind Einsatzgewichte, die wie kleine Kuchenformen aussehen.“ Viele andere Altersgegenstände wurden südlich des Hanserings gefunden: Angelhaken und Netzschwimmer für die Fischerei sowie Pinzetten und Spinnwirtel, beispielsweise. Spangen, Schnallen, Pailletten, Ösen und so weiter, zeugen vom Modebewusstsein unserer Vorfahren. Bleiplomben aus Flandern für Textilien belegen, wie begehrt Tuche aus dieser Region waren. Über zehn Pilgerzeichen und zwei Pilgerflaschen sind Zeichen der Frömmigkeit der Greifswalder, die im Mittelalter Heilige aufsuchten. Im konkreten Fall sind das beispielsweise die Schreine für den Heiligen Servatius in Maastricht und die Heiligen Drei Könige in Köln. Ein Spielzeugschwert aus Holz aus dem 14. Jahrhundert ist einer der jüngsten Funde. „Wir haben auch über 30 Zapfhähne gefunden“, berichtet Renate Samariter weiter. „1707 sind für zwei Grundstücke Brau- und Malzrechte nachgewiesen.“ Allerdings waren die Zapfhähne recht gleichmäßig über die Fläche verteilt, mit einem Schwerpunkt an der Brüggstraße. Dort und an der Roßmühlenstraße wohnten eher vermögendere Familien. „Auf vielen Zapfhähnen steht ,HGW‘“, berichtet Maria Albrecht. „Das steht aber nicht für Hansestadt Greifswald, sondern den Nürnberger Hans-Georg Winterschmid.“ An der Kuhstraße haben die Archäologen übrigens die Tätigkeit von Böttchern nachweisen können. Wer über das Gelände geht, sieht derzeit viele Mauern, die zu Häusern vom 13. Jahrhundert bis zur Gründerzeit gehören. „Das Quartier ist mehrfach abgebrannt“, erzählt Renate Samariter. „Wir kennen jetzt die mittelalterlichen Grundstücksgrenzen. Die Höfe waren sehr dicht bebaut.“ Ein besonderer Fund sei eine der ältesten Greifswalder Holzstraßen, die sich von Ost nach West durchs ganze Quartier zog und 1251 oder etwas später errichtet wurde. Vielleicht der nördliche Uferweg des Ryck, meint Renate Samariter. Wir haben eine Holzstraße gefunden, die durch das ganze Quartier führt.“Renate Samariter, Archäologin Eckhard Oberdörfer

Greifswald - Zapfhähne der Marke „HGW“