Zwei Geschwister holen das Blaue vom Himmel

Middelhagen — Der kleine Hafen in Middelhagen avanciert zum Künstlertreff: Jorinde und Cornelius Jelen sitzen auf einem Boot — sie stimmt an, er bringt das Vibraphon zum Klingen. So sehen letzte Vorbereitungen für eine kleine Inseltournee aus. Jorinde Jelen gastiert mit ihrer Band auf Rügen und Hiddensee. OZ sprach mit den Jelen-Geschwistern über das bevorstehende Heimspiel. OSTSEE-ZEITUNG: Blauer Himmel, garniert vom Blau des Wassers der Hagenschen Wiek. Obendrein auch noch ein blau gestrichenes Boot als Sitzplatz: Ist Blau die Lieblingsfarbe der Jelen-Geschwister? Cornelius Jelen: Die Farbe passt. Blau steht für Heimat. Jorinde Jelen: Blau passt auch wunderbar zu der Musik, meiner Musik, die ich mit meiner Band auf die Insel bringe. OZ: Können Sie diese Musik kurz und knapp beschreiben? J. Jelen: (schaut dabei ihren Bruder an) Na klar: Wir werden das Blaue vom Himmel holen. OZ: Was heißt das konkret? J. Jelen: Wir werden die neue CD, die ich mit meiner Band produziert habe, vorstellen. Und die titelt ,Mitten ins Blau‘. OZ: Sie haben ihren Bruder beim Wir so groß angesehen. Hat das eine Bedeutung? J. Jelen: Und was für eine. Auf Rügen wird es eine Premiere geben: ,Mitten ins Blau‘ nicht nur von Jorinde Jelen und Band, sondern erstmals mit Vibraphon. Mein Bruder wird dabei sein. C. Jelen: Ich werde das Blau sozusagen vergolden. Und es ist nicht die einzige Premiere. Jorinde tritt zwar schon seit Jahren jeden Sommer auf Rügen auf. Dieses Jahr aber zum ersten Mal im Putbusser Theater. Und ich kann dabei sein. Dort haben wir beide unsere ersten Theaterstücke gesehen. Jetzt werden wir dort gemeinsam auf der Bühne stehen. OZ: Auf dem Album sind Gedichte unter anderem von Goethe, Rilke und Morgenstern mit Musik arrangiert. Lieben Sie Lyrik? J. Jelen: Auf jeden Fall. Ich bin ein Freund klassischer Literatur und der Romantik. OZ: Mit dem Gedicht ,Hinter allem ist ein Ort‘ haben Sie sich auch lyrisch auf dem Album verewigt. Sind Sie ein Multitalent? J. Jelen: Wenn beides in einem wohnt, ist es schön, wenn man beides auch ausleben kann. Das Album ist gewissermaßen auch eine musikalische Liebeserklärung an die Lyrik. OZ: Die manchen Hörer sicher erstaunen wird. J. Jelen: Warum? OZ: Weil es eine jazzige und keine klassische wie die literarische Vorlage ist. J. Jelen: Die Texte sind autonom. Erzeugen aber Stimmungen, Bilder und Szenarien im Kopf, die in dieser Landschaft spielen, wo wir gerade sind. Die ist für mich ein Sehnsuchtsort, der mich immer und immer wieder inspiriert. Der Jazz wiederum ist die Richtung, in der ich mich musikalisch zu Hause fühle. OZ: Der Bruder ist auf die Insel zurück gekehrt, lehrt an der Musikschule Rügen. Die Schwester hat eine eigene Band gegründet mit der sie eigene Musik entwirft — aber nicht auf Rügen. Wer beneidet wen eigentlich mehr? C. Jelen: Es ist schon beneidenswert, dass sich Jorinde künstlerisch voll ausleben kann. Aber ich tröste mich, habe ja drei Bands, in denen ich spiele. J. Jelen: (stubst den Bruder in die Seite) Ich muss immer stundenlang fahren, um an meinen Sehnsuchtsort zu kommen. Den kannst du jeden Tag genießen. Sängerin und Musikschul-Lehrer Jorinde (38) und Cornelius (43) Jelen haben beide an der Musikhochschule in Leipzig studiert. Ihr Elternhaus steht in Middelhagen. Ihr Vater Frieder ist eine über die Inselgrenzen hinaus bekannte Persönlichkeit, war Pfarrer, Umweltminister von MV, Bürgerbeauftragter des Landes und Landrat von Demmin. Cornelius Jelen ist heute Lehrer an der Musikschule Rügen (u. a. Schlagzeug, Drums). Jorinde Jelen hat vor zehn Jahren eine Band gegründet, mit der sie Ende 2014 das zweite Album herausbrachte. Zurzeit wird an einem Tonträger „Jazz für Kinder“ gearbeitet. Außerdem ist sie als Lehrerin an einem Berufscollege für Musik tätig. Sie wohnt in Nordrhein-Westfalen. Konzerte auf Rügen und Hiddensee: 26. Juni ab 20 Uhr im Theater Putbus und am 28. Juni zur gleichen Zeit in der Seebühne Hiddensee. Begleitet werden sie vom Autor und Dramaturgen Holger Teschke, der aus seinem Buch „Baltische Balladen“ lesen wird. Interview von Udo Burwitz

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