„Heute ist noch nicht der Tag der Befreiung“, sagte Bürgermeister Hartmut Kolschewski scherzhaft zur Eröffnung der Feier am Freitagabend. Aber das Ende der Staus durch Langsdorf (Landkreis Vorpommern-Rügen) und die Nachbardörfer sei in Sicht. Mit der Fertigstellung der Behelfsbrücke am A-20-Loch endet die Zeit der Umleitung und der damit verbundenen Staus, des Lärms und damit der extremen Belastung für die Dorfbewohner.
Rund 100 Einwohner folgen der Einladung
Mit einem Grillfest zollte die OZ dem Durchhaltevermögen der Langsdorfer Respekt und löste gleichzeitig ein Versprechen bei Bürgermeister Kolschewski ein, der in den vergangenen Monaten jede Woche seine Kolumne „Leben am Loch“ für die OZ verfasst hatte.
Rund 100 Einwohner der Gemeinde Lindholz, zu der Langsdorf gehört, folgten der Einladung von Chefredakteur Andreas Ebel. Er versicherte: „Auch wenn die Behelfsbrücke fertig ist, sind wir weiter für die Langsdorfer da und berichten über kaputte Häuser und Straßen.“
Gekommen war auch Günter Gregori aus Böhlendorf von der Bürgerinitiative „A 20“. Ihm war die Erleichterung anzusehen, dass die Blechlawine bald aus dem Ort verschwinden wird. „Das ist ein sehr guter Tag, wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, sagte er strahlend. Denn gerade das Verhalten mancher staugeplagter Autofahrer habe ihn schockiert. „Das war ein ziemlicher Schreck für uns zu sehen, wie die Leute bei uns in den Park uriniert haben.“ Gregoris Ehefrau Barbara ergänzt: „Viele fuhren viel zu schnell und überholten gemeingefährlich – sogar den Schulbus trotz roter Ampel. Diese Ignoranz ist für uns nicht zu verstehen.“ Sie selbst habe zwei Mal miterlebt, wie beinahe ein Kind überfahren wurde.
„Die Leute fühlten sich alleine gelassen“
Feuerwehrchef Silvio Bauch war einer der engagiertesten Langsdorfer in der Stauzeit. Kein Wunder, schließlich war die Freiwillige Feuerwehr mit am stärksten beeinträchtigt. Die Kameraden steckten auf der Fahrt zur Feuerwache regelmäßig im Stau. Erst als Bauch dringend warnte, dass die Einsatzfähigkeit gefährdet sei, erhielten die Feuerwehrleute Sondergenehmigungen und durften gegen die Einbahnstraße fahren. In seinem Kampf hätte sich Bauch am Anfang auch mehr Unterstützung von der OZ gewünscht. „Die Leute fühlten sich alleine gelassen.“ Bei der ersten Bürgerversammlung hätten die Anwohner den Eindruck gehabt, dass sie von den Behördenvertretern nicht ernstgenommen werden. Das habe sich später jedoch deutlich gebessert, räumt der Feuerwehrchef ein.
Erika Cordt hätte sich zu Beginn des A-20-Dilemmas mehr Polizeipräsenz gewünscht, um die Raser in die Schranken zu weisen. „Wir leben hier auf dem Dorf, da laufen auch Hunde und Katzen frei herum.“ Eine ihrer zwei Katzen überlebte den Umleitungsverkehr nicht. Aber sie blickt auch nach vorne: „Wir wollen uns nicht beschweren, jetzt ist es ja bald vorbei. Dann können sie auf der A 20 so viel rasen wie sie wollen.“
Letzte Teilstücks der Behelfsbrücke eingesetzt
Im Herbst 2017 war die A 20 bei Langsdorf zunächst abgesackt, später brach ein Teil der Fahrbahn ab. Als Ursache wird angenommen, dass neuartige Stützen aus Trockenmörtel, die beim Bau an dieser Stelle erstmals überhaupt eingesetzt wurden, die Last nicht mehr tragen konnten. Die Autobahn wurde daraufhin zunächst halb, später komplett gesperrt.
Die Umleitung wurde durch Langsdorf geführt. Alternativen wurden nicht gefunden, da es in dem moorigen Gelände nur wenige Straßen gibt. Der entstandene Krater wurde immer größer, so dass bald klar wurde, dass der Schaden nicht zu reparieren ist. So wurde am Ende die Entscheidung getroffen, die A utobahn auf der gesamten Länge durchs Moor abzureißen und als Brücke neu zu bauen. Bis diese fertig ist, soll eine Behelfsbrücke den Verkehr aufnehmen und so Langsdorf entlasten. Das letzte Teilstück der Behelfsbrücke wurde am vergangenen Montag eingesetzt, die Eröffnung ist für Anfang Dezember geplant.
Mehr lesen
Endspurt am A-20-Loch: Bald rollt der Verkehr wieder
A-20-Loch Tribsees: Die ersten Brücken-Teile sind da
Axel Büssem