Bessere Luft in Rostock durch Corona?

Die Rostocker können trotz Corona ein wenig aufatmen – oder vielleicht sogar wegen der Pandemie. Denn seit Beginn der Beschränkungen zur Eindämmung des Virus ist die Luft in der Hansestadt besser geworden. Die Messstelle an der meistbefahrenen Straße in MV, der L 22 im Rostocker Stadthafen, zeige eine deutliche Abnahme der Stickoxid-Belastung, teilte das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) mit „Wenn die im Zuge der Pandemie erlassenen Maßnahmen zu einem Rückgang der Emissionen führen, wird sich das auch grundsätzlich positiv auf die Luftqualität auswirken“, sagte Thomas Draheim, Leiter der Abteilung Luftgüte. Allerdings sei es zu früh, zu sagen, welchen Einfluss die Corona-Maßnahmen auf die Messwerte haben. Ein Drittel weniger Autos: Auffällig ist aber: Die Werte beim Stickstoffdioxid (NO2) sind in den vergangenen Wochen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa ein Drittel zurückgegangen. Das entspricht ziemlich genau dem Rückgang des Verkehrsaufkommens im gleichen Zeitraum. Nach Angaben des Rostocker Umweltsenators, Holger Matthäus (Grüne), wurden im März 2019 auf der L 22 auf Höhe der Grubenstraße rund 41 700 Fahrzeuge am Tag gezählt. Seit Verhängung der Corona-Beschränkungen sind es nur noch etwa 26 000. „Das zeigt, dass sich Änderungen im Verkehrsverhalten schnell auf ein gesundes Stadtklima auswirken und den Verkehr besser fließen lassen“, so Matthäus. Denn auch Staus hätten deutlich abgenommen. Und die Menschen tun etwas für ihre Gesundheit: Die Zahl der Radler in der Hansestadt hat um ein Drittel zugelegt. Großer Wettereinfluss: Experte Draheim betont allerdings: „Durch den milden Winter, die häufigen Westlagen und die damit verbundene gute Durchmischung war die Luftbelastung in diesem Jahr bisher generell eher gering, unabhängig von den Maßnahmen zur Eingrenzung der Pandemie.“ Beim Vergleich der Messwerte müsse der starke Witterungseinfluss berücksichtigt werden, etwa auf die Belastung mit dem Feinstaub PM 10: „Vom 25. bis 28. März trat ein markanter Witterungswechsel auf, in dessen Folge in Rostock und auch in anderen Teilen des Landes die ersten PM 10-Überschreitungstage im laufenden Jahr zu verzeichnen waren.“ Auch die NO2-Belastung sei dadurch wieder leicht gestiegen. Auf die Luftbelastung durch den Feinstaub der Kategorie PM 2,5 und Schwefeldioxid (SO2) werden sich die Corona-Schutzmaßnahmen laut Draheim wohl wenig auswirken: Deren Werte würden wesentlich stärker durch überregionale Quellen und die Witterung geprägt. „Dementsprechend sind die Effekte hier geringer ausgeprägt“, so Draheim. Anders beim Stickstoffdioxid: Hier stammen etwa 50 Prozent der Emissionen aus dem Verkehr. Kaum Auswirkungen auf Ostsee: Auf den Zustand der Ostsee werden sich die Corona-Beschränkungen voraussichtlich kaum auswirken, prognostiziert der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei, Christopher Zimmermann. Die Nährstoffe Stickstoff und Phosphat seien die wichtigsten Parameter für die Wasserqualität. „Sie stammen vor allem aus dem Verkehr, den Privathaushalten und der Landwirtschaft.“ Zwar habe der Verkehr abgenommen, die anderen Faktoren aber nicht. „Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass wir messbar geringere Nährstoffeinträge haben.“ Auch der Rückgang bei Schifffahrt und Industrie durch Corona werde wohl kaum eine Rolle spielen. Aus einem ganz anderen Grund dürfte das Osterfest 2020 dagegen deutlich sauberer gewesen sein als in anderen Jahren, glaubt LUNG-Experte Draheim: „ Da Osterfeuer in diesem Jahr generell untersagt sind, ist hier mit Blick auf die Feinstaubbelastung mit einer deutlichen Entlastung zu rechnen“, sagte er am Donnerstag vor den Feiertagen. Mehr zum Thema: Umweltamt: Luftqualität vermutlich nur kurzzeitig besser Während der Corona-Krise: Deutsche Umwelthilfe für mehr Tempo-30-Zonen Venedig: Corona-Quarantäne sorgt für kristallklares Kanalwasser Von Axel Büssem