Corona-Symptome verschwiegen? Campingplätze in MV drohen Gästen mit Konsequenzen

Auf zwei Campingplätzen auf der Insel Usedom greift die Angst vor Corona um sich: Sie wollen Gäste für mögliche finanzielle Folgen verantwortlich machen, falls ein Platz aufgrund eines Corona-Ausbruchs zusätzlich desinfiziert, zum Teil gesperrt oder möglicherweise ganz geschlossen werden muss. Und das, obwohl eine Übertragung des Virus in den meisten Fällen zunächst mehrere Tage lang unbemerkt bleibt. Der Campingverband Mecklenburg-Vorpommern reagiert mit Unverständnis. Das „Dünencamp“ in Karlshagen und der Natur-Campingplatz „Am Strand“ in Ückeritz haben im Zuge ihrer Wiedereröffnung für Gäste aus ganz Deutschland folgenden Passus in ihre Platzordnungen aufgenommen: „Wir können Sie nur als Gast aufnehmen, wenn Sie frei von ansteckenden Krankheiten gemäß Paragraf 6 des Infektionsschutzgesetzes sind. Mit Ihrer Anmeldung erklären Sie und alle Sie begleitenden Personen ausdrücklich, frei von solchen Krankheiten zu sein. Bei falschen Angaben/Erklärungen haften Sie gegenüber dem Campingplatzbetreiber für alle Folgen, die durch eine mögliche Beeinträchtigung des Betriebs bis hin zur Schließung des Platzes auf Grund behördlicher Anordnung entstehen.“ Nicht typisch für gesamte Branche: Gerd Scharmberg, der Sprecher des Campingverbandes Mecklenburg-Vorpommern, ist verwundert. Eine solche Regelung sei nicht typisch für die gesamte Branche im Nordosten. „Der Passus geht weit über die gegebenen Vorschläge zur Abgabe persönlicher Erklärungen und Angaben unserer Gäste hinaus und entspricht nicht den erarbeiteten und mit Fachbehörden abgestimmten Empfehlungen des Fachverbandes“, kritisiert er. Der Verband habe auch entsprechende Mustererklärungen vorgelegt, „die von den anreisenden Gästen erbeten werden, um die Risiken möglichst gering zu halten und eine erneute Ausbreitung des Coronavirus möglichst auszuschließen“, betont Scharmberg. Auf den betroffenen Campingplätzen auf Usedom versteht man die Welt nicht mehr. Pikant: Die beiden bisher bekannten Anlagen werden von kommunalen Eigenbetrieben geführt. „Wir wollen erreichen, dass keine kranken Menschen zu uns kommen“, sagt die Leiterin des Eigenbetriebes Tourismus und Wirtschaft der Gemeinde Karlshagen, Silvia-Beate Jasmand. Es solle das Motto gelten: „Wenn ihr zu uns kommt, seid gesund.“ „Wir haben das nur übernommen.“: Und ja, dass Ansprüche geprüft werden könnten, wenn ermittelt werden könne, wer das Coronavirus eingeschleppt habe, sei nicht auszuschließen. Der Aufwand auf den Campingplätzen, anschließend eine Ausbreitung des Erregers einzudämmen, sei schließlich groß. Der umstrittene Passus richte sich Jasmand zufolge vor allem an Menschen, die bereits bei der Anreise Erkältungssymptome hätten. Weitere Zeltplätze auf Usedom hätten genauso reagiert. „Wir haben das nur übernommen.“ OZ-Umfrage: Sollten Campingplätze in MV Gäste bei falschen Angaben für Coronafolgen haftbar machen? Auf den Hinweis, dass dieser Umstand so nicht in der Campingordnung benannt werde, sagt Jasmand: „Vielleicht denken wir darüber noch einmal nach.“ Toni Schulz von der Kurverwaltung Ückeritz, die den Naturcampingplatz „Am Strand“ betreibt, ließ eine entsprechende Anfrage unbeantwortet. Komplette Schließung nicht bei jedem Einzelfall: Andere Plätze im Land bitten ihre Gäste zwar mit Nachdruck darum, Hygienebestimmungen exakt einzuhalten, ohne aber finanzielle Konsequenzen anzudrohen, sollte ein Platz aufgrund eines Corona-Falles geschlossen werden müssen. Der Leiter des Fachdienstes Gesundheit im Landratsamt Vorpommern-Rügen, Jörg Heusler, hatte bereits vor der Öffnung des Landes für Urlauber aus ganz Deutschland am Montag betont, dass eine komplette Schließung von Hotels und Campingplätzen erst dann anstehe, wenn „Zusammenhänge bei der Ansteckung nicht mehr nachzuvollziehen sind“. Verfolgbare Einzelfälle seien aber noch kein Grund. Landestourismusverband, Campingverband und Landesregierung weisen in gemeinsam festgelegten Schutzstandards für Campingplätze auf drei Punkte hin, die im Krankheitsfall zu beachten sind. So sei die Platzleitung umgehend zu informieren, wenn während des Aufenthaltes Krankheitssymptome von Covid-19 auftreten. Campingunterkünfte dürften zudem nicht verlassen werden und es sei bei Notwendigkeit ein Arzt aufzusuchen. Gegebenenfalls solle, wenn möglich, die Abreise organisiert werden. Jetzt neu: Wir bieten Ihnen gebündelt alle News und Tipps rund um den Urlaub in MV in Corona-Zeiten. Der Newsletter kommt jede Woche am Donnerstag gegen 10 Uhr in Ihr E-Mail-Postfach. Ganz einfach hier anmelden! Mehr zum Thema: Regeln für Ostsee-Urlaub: Was ist an den Stränden in MV erlaubt und was nicht? So flutet die Urlauberwelle die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst Nach neuesten Corona-Lockerungen: Was jetzt in MV noch alles verboten ist Von Benjamin Fischer