Coronakritische Partei "Die Basis": Darum macht dieser Stralsunder mit

Den Stralsunder Boxclub-Chef Ronny Poge zieht es in die Politik. Der 56-jährige Vorsitzende des Sportvereins Phoenix ist Gründungsmitglied des Landesverbandes MV der seit wenigen Monaten deutschlandweit agierenden corona-kritischen Partei „Die Basis“. Auf der Gründungsveranstaltung wurde Politikneuling Poge direkt für den erweiterten Bundesvorstand nominiert. Doch wofür steht die Partei eigentlich, in der es unter anderem „Schwarmbeauftragte“ gibt? Die Mitglieder nennen sich Basisdemokratische Partei, kurz: „Die Basis“. Schlagzeilen machte sie im Januar, weil die Polizei gleich zweimal eine nicht genehmigte Parteiversammlung in einer Berliner Kneipe aufgelöst hatte. Die Anwesenden trugen keine Masken – darunter viele bekannte Anhänger der Querdenker-Bewegung wie Anwalt Reiner Fuellmich, den Schlagerstar Michael Wendler zu seinen Mitstreitern zähl t, oder die Hutmacherin Rike Feurstein alias Viviane Fischer. Partei rekrutiert sich aus Querdenker-Kreisen: Ein Video der Versammlung zeigt Fuellmich, als er einen Witz darüber macht, Österreichs Kanzler Sebastian Kurz „kürzer“ zu machen: „Es gab ja schon mal so eine Revolution, wo das üblich war“, sagte er dort unter großem Gelächter. „Die Basis“ ist mindestens die zweite Partei, die sich aus den Kreisen der Querdenken-Bewegung rekrutiert. Sie wurde im Mai vergangenen Jahres von Bodo Schiffmann unter dem Namen „Widerstand 2020“ gegründet. Dieser hatte sich nach wenigen Tagen mit dem Vorstand überworfen und schließlich die Partei „Wir 2020“ gegründet. Später wurde „Widerstand 2020“ in „Die Basis“ umbenannt. Nicht überzeugt von Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung: In ihrem Logo wirbt die „Basis“-Partei mit den Worten: Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz. Doch was heißt das mit Blick auf konkrete Vorhaben? Ronny Poge nennt zwei Ziele, für die er sich einsetzen will: „Als Vereinsvorsitzender kenne ich die durch die Corona-Einschränkungen verursachten Sorgen und Nöte der vielen ehrenamtlich tätigen Menschen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass nicht nur das normale Leben so schnell wie möglich wieder zurückkehrt, sondern auch dafür, dass die ehrenamtliche Arbeit mehr Anerkennung und Würdigung erhält.“ Und, so Poge weiter: „Ich möchte, dass die von den Corona-Verordnungen betroffenen Betriebe schnellstmöglich wieder ihren Geschäften nachgehen können.“ Auf die Frage, ob er die Ansicht seines Parteikollegen Fuellmich, das Coronavirus sei nicht gefährlicher als eine Grippe, teilt, antwortet der Stralsunder: „Ich bin kein Mediziner oder Virologe und kann das nicht beurteilen.“ Dennoch sagt er: „Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Epidemie haben mich nicht überzeugt.“ Das sei seine Motivation gewesen, sich in der Partei „Die Basis“ zu engagieren. Partei setzt sich für Volksentscheide ein: Wie genau die Partei Ziele wie die von Poge umsetzen will, ist noch unklar – in jedem Fall soll es basisdemokratisch zugehen, was bedeutet: „In unserer Partei werden alle Mitglieder in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden. Dazu nutzen wir die Internet-Tools, die uns zur Verfügung stehen“, sagt Poge. Auf der Seite der Bundespartei heißt es dazu allerdings, dass an diesen Tools – also Werkzeugen – noch gearbeitet werde. Dort geht man aber noch einen Schritt weiter und kündigt an, über Themen wie Corona-Maßnahmen, Glyphosateinsatz, Rüstung oder Migration künftig per Volksentscheid abstimmen zu wollen. Schwarmintelligenz und Basisdemokratie: Der Greifswalder Politikwissenschaftler Stefan Ewert blickt mit Interesse auf „Die Basis“. Er ist mit Denkmustern wie Schwarmintelligenz und Basisdemokratie vertraut, sagt aber: „Es gibt naturwissenschaftliche Erkenntnisse, die man nicht wegdiskutieren kann.“ Dazu gehöre etwa der menschliche Einfluss auf den Klimawandel, der von der Partei „Die Basis“ anerkannt wird. Und: „Dazu gehört auch der Fakt, dass es ein neuartiges Virus gibt, das Menschen tötet und das verlangt, dass wir handeln und nicht erst darüber diskutieren, ob es tatsächlich gefährlich ist.“ Grundsätzlich stecke hinter der Idee einer breiten Beteiligung die Annahme, dass strittige Entscheidungen dadurch legitimiert werden, dass sich viele Menschen eingebracht haben. Und dass die Leute, wenn sie mitgemacht haben, das Ergebnis auch besser verstehen können. Problematisch sei nur: „In unserer arbeitsteiligen Gesellschaft hat vermutlich kaum jemand Lust, sich ständig in Parteidiskurse einzubringen.“ Politikwissenschaftler: Parteineugründungen sind wichtig: Auch deshalb kann sich Ewert nicht vorstellen, dass „Die Basis“ im September in den Schweriner Landtag einzieht. Der Politikwissenschaftler findet es demokratietheoretisch wichtig, dass es regelmäßig Parteineugründungen gibt. „Mit Blick auf das politische Personal ist es jedoch schade, wenn Leute, die sich engagieren wollen, gleich in neue Parteien gehen, statt bestehende zu nutzen. Durch die Fünf-Prozent-Hürde verliert die Politik so häufig politische Talente.“ Auch Ronny Poge hatte sich zuvor in keiner Partei eingebracht. Nun will er gesellschaftliche Probleme in der „Basis“ lösen. Von Juliane Schultz