Coronavirus-Mutation in MV: Werden nun Maßnahmen verschärft?

Es war nur eine Frage der Zeit: Die britische Corona-Mutation hat Mecklenburg-Vorpommern erreicht. Bei den Nachweisen von zwölf Fällen der hochansteckenden Mutation B.1.1.7 handelt es sich aber offenbar nur um die Spitze des Eisberges. Die positiven Proben waren im Rahmen einer Stichprobenanalyse aufgefallen, wie das Landesamt für Gesundheit und Soziales mitteilte. Um Virus-Varianten aufzuspüren, schicken seit kurzem Labore aus MV fünf bis zehn Prozent der positiven Corona-Proben an Speziallabore zur Auswertung. Nun wurde in zwölf von 200 Proben die Mutation nachgewiesen. Werden nun die Corona-Maßnahmen in MV verschärft? Ob jetzt das Land die Corona-Schutzmaßnahmen verschärft, ist offen. „Wir sind in Vorbereitungen zum Impfgipfel am Montag. Am Dienstag wird im Kabinett die Corona-Lage beraten“, gab der Sprecher der Staatskanzlei, Andreas Timm, am Nachmittag den weiteren Fahrplan vor. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) äußerte am Freitagabend in der ARD schließlich ihre große Sorge vor den Mutationen: „Dann, glaube ich, reden wir weniger über Lockerungen, sondern eher über Verschärfungen.“ Immer mehr Bundesländer melden Fälle vom Typ B.1.1.7. Tendenziell sinken aber die Corona-Infektionszahlen. Kommentar: Jetzt keine Verschärfungen, bitte! Wer sind die Infizierten? Nach Angaben des Lagus sind zwölf Menschen im Alter zwischen 13 und über 100 Jahren aus den Landkreisen Ludwigslust-Parchim, Nordwestmecklenburg und dem Kreis Rostock betroffen. Sechs sind zwischen 35 und 39 Jahre alt. Drei Infizierte arbeiten in Pflegeeinrichtungen, eine Infizierte in einer Kita. Die meisten Betroffenen hätten keine oder milde Krankheitszeichen. Zwei Infizierte werden im Krankenhaus behandelt. Lesen Sie auch: Forscher zu Corona-Mutationen: Inzidenz in MV würde rasant auf über 300 ansteigen Wie haben Sie sich angesteckt? Die Fälle konzentrieren sich nicht auf Hotspots. Nur einige Fälle stünden in direktem Zusammenhang, aber nicht alle, sagte Lagus-Sprecherin Anja Neutzling. Fest steht auch, dass keiner der Infizierten zuvor im Ausland war. Die Gesundheitsämter arbeiteten nun mit Hochdruck an der Ermittlung der Kontaktpersonen, sagte Neutzling. Welche Schutzmaßnahmen werden eingeleitet? „Wir haben bewährte Strategien, um mit solchen Ausbrüchen umzugehen“, hatte der Chefhygieniker der Greifswalder Uni-Medizin, Professor Nils-Olaf Hübner, bereits am Donnerstag betont. Dazu gehören strikte Quarantänemaßnahmen, Schutzkleidung, Testungen. Aber es besteht die Gefahr der weiteren Ausbreitung. Denn, so Hübner weiter: „Das, was an Infektionen vor dem Nachweis passiert ist, kann man nicht mehr zurückdrehen.“ Lesen Sie auch: Aufnahmestopp an Rostocker Uni-Klinik: Was Patienten jetzt wissen müssen Woher kommt die Virus-Mutation B.1.1.7? Die Virus-Mutation wurde erstmals Mitte Dezember 2020 in Großbritannien nachgewiesen und hat sich dort rasant ausgebreitet. Inzwischen wurde die Variante bereits in 70 Ländern nachgewiesen, unter anderem in Russland, China, USA, Kanada und auch in Deutschland, wo immer mehr Bundesländer Fälle melden. Ist die Mutante ansteckender? Davon gehen die Wissenschaftler aus. Diese Variante weist eine Reihe genetischer Veränderungen auf, vor allem am Spike-Protein, das dem Corona-Virus sein stachliges Aussehen verleiht. Diese Mutationen können das Eindringen in die Körperzellen erleichtern. Damit werden die Menschen schneller infiziert. Wie ansteckender die Variante ist, darüber gibt es unterschiedliche Studien. Britische Experten gehen von einer um 30 bis 70 Prozent leichteren Übertragbarkeit aus. Ist die Mutante mit einem höheren Sterberisiko verbunden? Inzwischen gibt es erste Hinweise darauf. Allerdings ist die Datenlage noch sehr begrenzt. Drei britische Studien, die unabhängig voneinander durchgeführt wurden, kamen zu dem Ergebnis, dass die Sterblichkeit erhöht ist. Die London School of Hygiene & Tropical Medicine ermittelte in ihrer Studie beispielsweise einen Anstieg des Sterberisikos um 35 Prozent. Muss ich mich vor der Virus-Mutation anders schützen? Prinzipiell nein, denn die britische Mutation wird ebenso wie die anderen Corona-Varianten über Aerosole verbreitet. „Wir müssen nicht neue Dinge erfinden, wir müssen aber dafür sorgen, dass die Schutzmaßnahmen, die es bereits gibt, konsequent umgesetzt werden“, sagt der Chefhygieniker der Universitätsmedizin Greifswald, Professor Nils-Olaf Hübner. Das bedeutet: Masken tragen, Abstand halten, Räume lüften, Hände waschen. Was gilt für Infizierte und Kontaktpersonen? Betroffene in Pflegeeinrichtungen sollten von anderen positiv getesteten Personen isoliert werden, empfiehlt das Lagus. Die Quarantäne darf nur mit einem abschließenden Antigentest beendet werden, um eine Ansteckung anderer auszuschließen. Für Kontaktpersonen ersten Grades ist keine Quarantäneverkürzung durch Freitestung möglich. Zudem müssen die Kontaktpersonen über die Quarantäne hinaus ein Symptomtagebuch führen. Lässt sich die Ausbreitung verhindern? Wohl kaum. Das Virus wurde bereits in mehreren Bundesländern nachgewiesen, darunter auch in Ländern in unmittelbarer Nachbarschaft zu MV: Berlin, Brandenburg, Hamburg. Um neue Mutationen zu verhindern, sollten jedoch die Fallzahlen reduziert werden, weil jede neue Übertragung die Möglichkeit zur Mutation birgt. Wirken die Impfstoffe? Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gibt es bislang keine Hinweise auf eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe. Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU): „Die bisherigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die derzeit in Deutschland zugelassenen Impfstoffe gegen die Virusvariante B1.1.7 wirksam sind.“ Von Martina Rathke