Die AfD in MV zerlegt sich selbst

Die AfD in MV steht erneut vor einer Zerreißprobe: Nach Zoff mit dem Landesvorstand wollen drei Kreisverbände im Richtungsstreit einen Showdown auf einem Sonderparteitag erzwingen. Jüngster Eklat: Der Landesvorstand hat den Rostocker Kreisvorstand mit sofortiger Wirkung abgesetzt. Den Rostockern wird vorgeworfen, massiv gegen Beschlüsse des Landesvorstandes zu verstoßen und Mitglieder nach Gesinnung aufzunehmen oder eben nicht. Damit eskaliert ein landesweit andauernder Streit zwischen dem Lager des als gemäßigt geltenden AfD-Landessprechers Leif-Erik Holm und den Rechtsaußen in der Partei. Vorwurf: „Willkürliche Praxis bei der Mitgliederaufnahme“: Die Rostocker AfD nehme nur neue Mitglieder auf, die nicht zum Holm-Lager gehören. So lautet der Vorwurf aus dem Landesvorstand. Nach OZ-Informationen sollen Dutzende unbearbeitete Aufnahmeanträge in Rostock vorliegen. Für den Landesvorstand sei damit das Fass übergelaufen, ist aus der Partei zu hören. In einem Brief an Parteimitglieder spricht Holm von „massiven und beharrlichen Verstößen gegen die Satzung“ und einer „willkürlichen Praxis bei der Mitgliederaufnahme“. Trotz mehrfacher Mahnungen habe sich daran nichts verändert. Daher habe der Landesvorstand nun die Reißleine gezogen. Norbert Müller, bis Mittwoch Vize-Kreischef der AfD in Rostock, bestätigt dies: Die Vorwürfe des Landesvorstandes seien „die Wahrheit und lassen sich auch beweisen“. Rostocker AfD beklagt eine „Säuberungswelle“ in der Partei: Der Rostocker AfD-Rest-Vorstand wiederum fährt schwere Geschütze auf, unterstellt eine „Säuberungswelle“ innerhalb der Partei. Nachdem sich die Rostocker klar gegen einen Rauswurf des AfD-Rechtsauslegers Andreas Kalbitz positioniert hatten, sei dies die „Quittung“. Vor der Amtsenthebung habe es keine Anhörung gegeben. Die Rostocker unterstellen Holm und Co., „unliebsame parteiinterne Kritiker kaltzustellen“. Als Beispiele nennen sie die rausgeworfenen früheren AfD-Landessprecher Dennis Augustin und Holger Arppe. Bei Augustin wurde dies mit einer Mitgliedschaft in der rechtsextremen NPD-Jugendorganisation begründet, bei Arppe mit diffamierenden Internet-Chats, was beide zurückwiesen. „Quatsch“ sind die Vorwürfe für das Rostocker Vorstandsmitglied Steffen Reinicke. Man habe sich an alle Regeln gehalten. „Wir werden mit allen juristischen Mitteln gegen diese Willkür des Landesvorstands vorgehen“, so Reinicke. Für eine Entmachtung des Kreisvorstandes sehe er keine Handhabe. Es gebe nur eine E-Mail, nichts Unterzeichnetes. Auch Unterschriftenliste für Sonderparteitag: Der Machtkampf innerhalb der MV-AfD treibt weitere Blüten. Die Kreisverbände Rostock, Vorpommern-Rügen und Südwestmecklenburg fordern einen Sonderparteitag, um Entscheidungen des Landesvorstandes zu kassieren. Dabei geht es unter anderem um die Auflösung einer eigenmächtig gegründeten AfD-Kreistagsfraktion in Vorpommern-Rügen. Holm und Co. ließen Parteiausschlussverfahren einleiten. Kommentar zum Thema: Es geht um den persönlichen Vorteil Der Landesvorstand weist den Antrag der drei Kreisverbände nun wegen formaler Fehler ab. Nach OZ-Informationen wird allerdings geprüft, ob ein Antrag mit 177 Unterschriften von AfD-Mitgliedern dennoch ausreicht, um einen Sonderparteitag zu erzwingen. Mitglieder: Es geht jetzt schon um Listenplätze für die Wahlen: Dies alles seien Auswüchse des Lagerkampfes innerhalb der Landes-AfD, bei dem es gut ein Jahr vor der nächsten Landes- und Bundestagswahl um Einfluss und begehrte Plätze auf den Listen geht, berichten Parteimitglieder. Rund 780 Mitglieder habe die Partei derzeit, wobei die drei aufmüpfigen Kreisverbände zusammen auf etwa 360 kämen. Offiziell versucht Holm, den Streit kleinzureden: „Es ist eine unschöne Situation, dass sich Kreisverbände nicht an Satzungen halten“, sagt er auf OZ-Anfrage. Daher müsse der Landesvorstand „für Ordnung sorgen“. Einen Sonderparteitag lehnt Holm in einem Schreiben an AfD-Mitglieder ab. Ein Beschluss sei „nicht rechtswirksam“. Sein Hinweis: Für Ende August sei sowieso ein Parteitag geplant, der wegen der Corona-Krise auf Ende September verschoben werden soll. Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Mehr zum Thema: Holm gewinnt Machtkampf in der AfD MV Holm vs. Augustin: Machtkampf bei der AfD in MV AfD-Flügelkampf: Ein Brief zeigt die Zerrissenheit der Partei Von Frank Pubantz