Die Frühaufsteher

Neubukow/Schwerin — Karl-Heinz Bakos arbeitet, wenn andere schlafen. Gegen halb drei klingelt sein Wecker, kurz darauf steigt er ins Auto, um in Neubukow (Landkreis Rostock) die OSTSEE-ZEITUNG auszutragen. „Ich mache das seit 20 Jahren“, erzählt Bakos. Aufzustehen, während viele andere sich noch ins Bett kuscheln, mache ihm nichts aus. „Ich liebe die Ruhe, wenn ich unterwegs bin, und das Vogelgezwitscher“, sagt der 68-Jährige. Kollegin Isolde Schramm (62) ist um fünf Uhr wieder zu Hause. Mit ihrem Mann Horst holt sie die frisch gedruckte OSTSEE-ZEITUNG am späten Abend in Rostock ab, bringt sie nach Grimmen und verteilt sie dort. Insgesamt tragen 1300 Zusteller montags bis sonnabends die OZ aus. „Diese Arbeit ist unentbehrlich und verdient großen Respekt“, lobt Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Zusteller würden das Zusammenleben im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern liebenswerter machen. Denn: Sie sind das Gesicht der Zeitung und Ansprechpartner, ergänzt A. Asghar Azmayesh vom Verband der Zeitungsverlage Norddeutschlands. Auch Zehntausende andere Arbeitnehmer im Land müssen früh oder spät raus, zum Beispiel die 1400 Bäcker und Konditoren. Sie legen ab Mitternacht los. „Damit alles frisch ist, wenn morgens die Kunden kommen“, sagt Thomas Müller. Der Bäcker aus Ribnitz- Damgarten arbeitet gern nachts, weil ihm sein Beruf Spaß macht. Bei der Landespolizei verrichtet ungefähr die Hälfte der 4950 Vollzugsbeamten Schichtdienst. Dazu gehören frühes Aufstehen, Nacht- oder Wochenendarbeit. Die zusätzlichen Belastungen werden mit finanzieller Zulage entschädigt. Nachtarbeit gibt es ebenso in der Metall- und Elektrobranche. 6000 Arbeitnehmer vertritt die Gewerkschaft IG Metall in MV. Betriebe mit einem 3-Schicht-Modell würden in der Regel um 6 Uhr beginnen, in einigen Betrieben mit individuellen Regelungen auch früher“, teilt Pressesprecher Heiko Messerschmidt mit. Nach den Tarifverträgen gebe es Nachtzuschläge für Arbeiten zwischen 22 und 6 Uhr: 15 Prozent bei regelmäßiger, 30 Prozent bei unregelmäßiger Nachtarbeit. Auch Fleischer, Landwirte, Lkw-Fahrer, Hotel- oder Restaurantfachleute, Ärzte, Bus- und Bahnfahrer sind nachts und morgens auf den Beinen — auch viele der 11 700 Alten- und 18 400 Krankenpfleger. Sven Glasow arbeitet seit 1998 in der DRK-Sozialstation Greifswald — immer von sieben bis 12 Uhr. „Das gefällt mir sehr gut, weil ich so Zeit für die Familie habe, vor allem für meinen achtjährigen Sohn“, erzählt er. Auch Schulen und Kindertagesstätten öffnen früh ihre Türen — die Schulen zwischen 7 und 8 Uhr. Kindergärten, Tagesmütter und -väter bieten Betreuung häufig ab 7 Uhr, manchmal schon eine Stunde früher an. In MV arbeiten rund 14 000 Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen, hinzu kommen 12 264 als hauptberufliche Lehrkräfte. Ehrung für Jubilare 16 Zusteller sind in diesem Jahr seit 20 Jahren bei der OSTSEE-ZEITUNG: Karl-Heinz Bakos, Jürgen Diedrich, Helga Dorn, Roswitha Eichler, Fred Flieger, Wolfgang Hirr, Ute Klar, Cornelia Klemm, Gerhard Knorr, Gisela Pagel, Ilona Ruwoldt, Gerd Schmugler, Isolde Schramm, Elfi Stahlberg, Mario Wendtland und Bärbel Wolfgram. Anlässlich des Jubiläums fand gestern eine Zustellerehrung in der Orangerie des Schweriner Schlosses statt. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) überreichte den Jubilaren Medaillen und Urkunden. Kerstin Schröder