Die Maschinenpistole im Koffer

Hochsicherheitstrakt Landgericht: Zuschauer müssen durch eine Schleuse, bevor sie in den Gerichtssaal 8 in Schwerin dürfen. Der Angeklagte, Elite-Soldat Marko G. (49), betritt lächelnd den Saal. Basecap, heraushängendes Hemd, Jeans – G. klopft mit der Faust auf Herzhöhe gegen die Brust, ein Gruß ins Publikum. Ihm werden Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz vorgeworfen. Einiges gibt G. auch zu: dass er nach Schießübungen Munition der Polizei abzweigte, dass er unerlaubt Waffen besaß. Auch, dass er als Administrator der Chatgruppen „Nord“ und „Nordkreuz“ agierte, denen Terrorpläne zugerechnet werden. Beschuldigter bestätigt „Gedankenspiele“ für Krisenfall: Viel mehr aber auch nicht. G. präsentiert sich auch am zweiten Prozesstag als rechtstreuer Staatsdiener, ein Waffenexperte und -sammler, wie es sie nur wenige im Land gibt. Die Chatgruppen seien unpolitisch gewesen, lässt er seinen Anwalt erklären. Die Idee einer Sammelbestellung von Patronen für sich und andere habe mit Preisnachlässen zu tun. Ja, er und seine Mitstreiter hätten sich auf einen Krisenfall vorbereitet, dafür etwa 40 000 Schuss Munition für angemessen erachtet. Dies seien aber nur „Gedankenspiele“ gewesen, „keinerlei konkrete Überlegungen“. Möglich, dass G. damit durchkommt. Im Verfahren der Bundesstaatsanwaltschaft zu Machenschaften eines rechtsextremen „Prepper“-Netzwerks, in dem auch ein Rostocker Anwalt und ein Bundeswehrsoldat eine Rolle spielen, wird G. als Zeuge geführt. Deals mit Ermittlern sind nicht unüblich. Experte entzog G. bereits 2017 Waffen und Berechtigung: In Schwerin geht es, gemessen an Terrorvorwürfen, um weniger. Polizisten schildern, wie im August 2017 und im Juni 2019 G.s Haus in Banzkow bei Schwerin durchsucht wurde. Beim ersten Mal stürmten SEK-Leute das Haus. Beim „Besuch der Kollegen“, wie G. es nennt, entdeckten Ermittler eine Pistole im Flur. Die habe er getragen, weil er Einbrecher vermutete. Ermittler fanden diverse Waffen und Munition, auf mehrere Zimmer verteilt, Blendgranaten, ein Langwaffen-Magazin mit zehn Patronen – einen beidseitig geschärften Dolch in der Tür eines Autos. Und diverse Patronen in einer blauen Tonne hinter der Garage. Ein herbeigerufener Waffenexperte des Landkreises Ludwigslust-Parchim packte alles ein – „wegen der Unübersichtlichkeit“, wie er vor Gericht erklärt. Denn obwohl G. viele Waffen legal habe besitzen dürfen, sei nicht klar gewesen, ob das für alle im Haus gilt. Erst zwei Jahre später verbietet die Behörde den Waffenbesitz komplett. Doch schon mit Einzug der Berechtigung 2017 habe G. sein Recht verwirkt, neue Waffen und Munition zu kaufen. Das wird wichtig für die zweite Razzia. Vor sechs Monaten fand das Landeskriminalamt zehntausende Schuss Munition und eine Winchester in G.s Haus. Eine Maschinenpistole der Marke „Uzi“ – „in einem Koffer im Schrank“, sagt ein Polizist aus. Lachen im Saal, als G. erklärt, er habe für die Waffe über einen Antrag zu legalem Besitz nachgedacht. Der Prozess wird am 12. Dezember fortgesetzt. Mehr zum Thema: SEK-Skandal in MV: Innenminister Caffier setzt Polizei-Chefs ab „Nordkreuz“-Gruppe: Polizist aus MV räumt illegalen Waffenbesitz ein Debatte um „Nordkreuz“-Namenslisten – Linken-Politiker fordert mehr Information Von Frank Pubantz

Terror-Netzwerk „Nordkreuz“ - Die Maschinenpistole im Koffer