Friseure in MV öffnen nach Lockdown wieder: 500 Anfragen über Nacht

Aufatmen in der Corona-Krise: Ab dem 1. März dürfen Friseure ihre Salons wieder öffnen. In vielen Läden hat mit dem Beschluss der Ansturm begonnen. Friseurmeisterin Janine Böttcher aus Rostock erhielt über Nacht rund 500 Terminanfragen. Mit der Öffnung kamen auch neue Auflagen: Eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Person darf im Salon nicht unterschritten werden, wenn sich mehrere Personen im Raum befinden. Für Henriette Lähn aus Wismar und ihre Mitarbeiter ist das eine neue Hürde. Kurzarbeit und Schichtsysteme seien nicht zu umgehen. Der Landesinnungsverband des Friseurhandwerks Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich erleichtert. „Endlich kann es weitergehen“, sagt Geschäftsführerin Gabriela Glävke-Münkwitz. Der Verband sieht auch ein Ende der Schwarzarbeit und „teils unmoralischer Angebote“. Der Druck auf die Friseure wuchs im Lockdown zunehmend. „Wir mussten uns eine gute Logistik ausdenken“: Als die Nachricht kam, reagierte Friseurmeisterin Janine Böttcher schnell. „Wir haben ein Online-Buchungssystem und unsere Telefonanschlüsse direkt auf die Handys der Mitarbeiter umgeleitet“, erklärt die Inhaberin der Salons „Kluge Köpfe“. Lesen Sie auch 174 neue Corona-Fälle am Donnerstag in MV – Inzidenz sinkt weiter Friseure in MV erhalten im Corona-Lockdown unmoralische Angebote 15 Angestellte und fünf Salons leite die erfahrene Friseurin mittlerweile. Über Nacht ereilten sie rund 500 Terminanfragen. „Wir mussten uns eine gute Logistik ausdenken und die Terminierung untereinander aufteilen“, so Böttcher. Die Meisterin ist froh, wieder öffnen zu können, habe den Lockdown aber auch nicht untätig verbracht. Mit kreativen Konzepten und Renovierungsarbeiten überbrückte sie die Zeit, „um wieder frisch zu starten“. Kurzarbeit bleibt Thema: Henriette Lähn leitet „Die Haarschneiderei“ in Wismar. Ihre Freude ist getrübt. Der Sars-CoV-2-Arbeitsschutzstandard für das Friseurhandwerk wurde aktualisiert. Die grundsätzlichen Anforderungen an Reinigung und Hygiene in Friseursalons und Barbershops werden weiterhin vorausgesetzt. Lähn habe sich einen Tag nach dem Beschluss mit ihrem Team beraten. Sie habe fünf Mitarbeiter, nach den neuen Auflagen können nur noch drei im Salon gleichzeitig arbeiten. „Ich möchte meine Mitarbeiter natürlich behalten“, sagt sie. Lähn überlegt, ein Schichtsystem einzuführen, von morgens um 6 bis abends um 22 Uhr. Auch Kurzarbeit wird ein Thema bleiben. „Ein Friseur verdient eh schon nicht viel. Wer dann in Kurzarbeit ist und Kinder hat, hat eine schwere Zeit“, so Lähn. Unmoralische Angebote im Lockdown: In Boltenhagen bei Manuela Koch hinterlässt die Corona-Pandemie ebenfalls Spuren. Im vergangenen Jahr war der Salon „Ostseehair“ gerade erst umgezogen, um mit lokalen Anbietern zusammenzuarbeiten. Nun öffnet Koch wieder am alten Standort. Auch ihr machen die Auflagen zu schaffen. „Ich kann nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig beschäftigen, muss Schichten verteilen, neue Konzepte entwickeln“, sagt die Inhaberin. Im Lockdown wurde sie oft angesprochen, anderen die Haare zu schneiden. „Weil ich es doch nötig hätte, meinten viele.“ Koch sei darauf nicht eingegangen. „Am Ende traute man sich kaum, die eigene Familie zu frisieren.“ Der Wiedereröffnung schaut sie mit gemischten Gefühlen entgegen. In einem touristischen Ort wie Boltenhagen sei die Nachfrage noch verhalten. Rettung kurz vor dem Aus: Bianca Orpel, Friseurmeisterin aus Zinnowitz, war schon im Januar total verzweifelt, weil sie kein Geld verdienen konnte und Hilfen nicht flossen. Sie sagt: „Seit Mittwochabend stand mein Telefon nicht mehr still. Ich hatte bis zum Donnerstagvormittag bestimmt 60 Anrufe. Alle Kunden wollten sofort einen Termin haben, möglichst am 1. März. Das schaffen wir nicht, aber wir haben allen einen Termin gegeben und arbeiten abends auch länger. Auch wenn es unter Vorbehalt ist wegen der hohen Inzidenz im Landkreis Vorpommern-Greifswald, ich werde nicht nur öffnen, ich muss, um endlich wieder Einnahmen zu erzielen. Sonst bedeutet das für mich das Aus“, sagt Bianca Orpel. Schwarzarbeit hat nun ein Ende: Andere Friseure dagegen gehen es vorsichtiger an: So will das Friseurteam Wolgast mit der Terminvergabe erst noch abwarten, was endgültig am 22. Februar zur Öffnung der Friseurläden entschieden wird. Erst dann werde es Termine geben. Jetzt ginge das sowieso nicht, da sich niemand im Laden befindet. Fakt sei, dass jetzt noch vorsichtiger gearbeitet und das Hygienekonzept den neuen Bestimmungen angepasst werde. Der Landesinnungsverband des Friseurhandwerks hat die Öffnung herbeigesehnt. „Wir freuen uns, dass es endlich wieder weitergehen kann“, sagt Geschäftsführerin Gabriela Glävke-Münkwitz. Man habe auch gesehen, dass der Druck auf die Friseure zugenommen habe. Schwarzarbeit und „unmoralische Angebote“ haben mit der offiziellen Öffnung nun ein Ende. Dass Friseure in der Corona-Krise so eine Relevanz erleben, erklärt Glävke-Münkwitz auch unter psychologischen Gesichtspunkten. Ein frischer Haarschnitt habe etwas mit körperlichem und seelischem Wohlbefinden zu tun. Von Lea-Marie Kenzler und Conny Meerkatz