Friseurkette Klier in MV: Welche Filialen müssen schließen?

Unsicherheit in den Salons der Friseurkette Klier. Insgesamt 19 gibt es in Mecklenburg-Vorpommern – in Rostock und im nahen Sievershagen, in Wismar und gleich nebenan in Gägelow, in Greifswald, Parchim, Ludwigslust, Neubrandenburg und Schwerin. Alle geschlossen – wegen Corona. Entsprechend schwierig ist es, von einem Klier-Mitarbeiter in MV ein Statement zum Insolvenzverfahren der Kette zu bekommen. Aber auch wenn man einen Friseur antrifft: Schweigen, Zurückhaltung, vielleicht auch Angst. „Nein, zur Insolvenz will ich nichts sagen.“ „Kein Kommentar.“ „Bitte rufen Sie bei unserer Pressestelle in Wolfsburg an.“ Etwas offener sind die Kunden: Sie sei „immer zufrieden“ gewesen, erklärt zum Beispiel Sarah Gast (19) aus Rostock. Besonders gut finde sie, „dass man bei Klier ohne Termin bedient wird“. Sie und ihre Familie gehe regelmäßig zu Klier, „es wäre schade, wenn es die Kette in Zukunft nicht mehr geben würde“. Ganz ähnlich sieht es auch der Rostocker Frank Hoffmann. Aber momentan müsse ihm „ja ohnehin eine Freundin die Haare schneiden“, sagt der 51-Jährige. Corona sei schuld an der Pleite: Hintergrund: Die Firma Klier, größte Friseur-Kette Deutschlands, steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Wichtigster Grund: der Umsatzeinbruch durch die Corona-Krise. Auch nach der Lockerung der Auflagen und der Öffnung der Läden nach dem ersten Lockdown hielten sich viele Kunden zurück, heißt es vom Unternehmen mit Sitz im niedersächsischen Wolfsburg. Anfang Dezember wurde das Insolvenz-Verfahren über das Vermögen der Klier Hair Group (KHG) eröffnet. Und am 16. Dezember mussten wieder alle Salons schließen – die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Für Kunden besteht gegenwärtig nur die Möglichkeit, Termine telefonisch oder online zu vereinbaren – für die Zeit nach dem Lockdown. Dieses Angebot werde „auch gerne angenommen“, so Klier-Sprecherin Elke Schmitz. Das Gericht bestätigt derweil eine „positive Fortführungsprognose“. Ziel sei die nachhaltige Sanierung der KHG. Die Geschäftsführung bleibe im Amt, informiert Elke Schmitz. In den nächsten Wochen werde der Sanierungsplan eingereicht und den Gläubigern zur Abstimmung vorgelegt. Lesen Sie auch: Reinigungen und Wäschereien in der Krise: Erste Schließungen in MV wegen Corona Unprofitable Salons sollen schließen: Fakt ist: Klier werde sich „von dauerhaft unprofitablen Salons und Shops trennen müssen“, erklärt CEO Michael Melzer. „Jede Standortschließung tut weh.“ Aber nur so könne man die große Mehrheit der Arbeitsplätze sichern. Wie viele Salons gefährdet sind, sei bisher unklar. Ein Drittel aller Filialen, bundesweit wohl 450, könnten auf der Kippe stehen, heißt es in der Branche. Die Folge: 1800 Mitarbeiter könnten ihre Jobs verlieren. Die KHG will das nicht bestätigen. Ziel sei, „möglichst viele Salons und Shops sowie die damit verbundenen Arbeitsplätze zu erhalten“, erklärt Elke Schmitz. Als Familienunternehmen nehme man die besondere Verantwortung für die Mitarbeiter und deren Familien sehr ernst und kämpfe um jeden Standort. Es gebe „Gespräche und Verhandlungen über einzelne Standorte mit den Vermietern“. Die KHG könne gegenwärtig nicht belastbar sagen, wie welche Salons und Shops in MV geschlossen werden müssen. Entscheidend seien unter anderem das „Entgegenkommen der Vermieter, staatliche Unterstützungen und die Dauer des Lockdowns“, so Elke Schmitz. Derzeit betreibt Klier nach eigenen Angaben in Deutschland rund 1350 Salons und Shops – unter anderem unter den Namen Klier, Super Cut, Hair Express, Cosmo, Styleboxx, Essanelle und Beautyhairshop. Die Gruppe hat etwa 8500 Beschäftigte. Aus für Klier in Österreich: Daneben hat Klier rund 100 Salons und Shops in Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei. Vom Insolvenzverfahren sind nach Firmenangaben aber nur die deutschen Standorte betroffen. Vor kurzem hatte der Konzern allerdings beschlossen, sich aus Österreich zurückzuziehen – hier gab es 35 Filialen. Für die Mitarbeiter in Deutschland forderte die Gewerkschaft Verdi einen fairen und vor allem transparenten Umgang. Beschäftigte hätten zuletzt von Schließungen vom einen auf den anderen Tag ohne jede Vorwarnung berichtet, sagt eine Verdi-Sprecherin. Sollte eine angestellte Friseur-Meisterin einen von Schließung bedrohten Laden übernehmen wollen, müsste sie mit dem Vermieter über die Konditionen verhandeln, informiert die Pressestelle der KHG. Gläubiger sollen Forderungen anmelden: „Die Gläubiger werden aufgefordert, Insolvenzforderungen bei dem Sachwalter anzumelden“, teilte das Amtsgericht mit. Eine Gläubigerversammlung wurde für den 25. Februar 2021 angesetzt. Während des vorgeschalteten Schutzschirmverfahrens ab September war das Restvermögen von Klier zunächst vor äußeren Zugriffen geschützt. Ziel war es, noch nach weiteren Lösungen zu suchen, ohne dass förmlich Insolvenz angemeldet wird. Jetzt hofft das Unternehmen auf eine „nachhaltige Sanierung“. Mögliche Auswirkungen wollte der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks nicht bewerten. Klier sei aber das mit Abstand größte Einzelunternehmen in einer sonst eher kleinteilig strukturierten Branche. „Das ist ein Schwergewicht in diesem Marktsegment“, sagt Hauptgeschäftsführer Jörg Müller. 1948 in Sachsen gegründet: Klier wurde 1948 von Friseurmeisterin Elfriede Klier in Werdau (Sachsen) eröffnet. 1954 wurde der Unternehmenssitz nach Wolfsburg verlegt. Mittlerweile wird die Unternehmensgruppe in der dritten Generation geführt. 2017 erwirtschaftete die Klier Hair Group einen Jahresumsatz von knapp 320 Millionen Euro. Von Thomas Luczak