Breiter, höher, leiser: Die Rostocker Flusskreuzfahrtreederei Arosa zeigte am Donnerstag in Hamburg erstmals Details und Bilder ihres neuen Hybrid-Schiffs. Rostock bleibt damit, was Innovationen angeht, Tempomacher der Kreuzfahrtbranche. Nachdem Aida mit der „Aidanova“ 2018 das weltweit erste Ozean-Kreuzfahrtschiff mit abgasarmem Flüssiggasantrieb taufte, führt nun auch Arosa umweltfreundlichere Antriebstechnik ein, die es so in diesem Markt bisher nicht gibt.
Ohne Abgase in die Häfen
2021 soll das neue Schiff zwischen Köln, Amsterdam und Antwerpen den Rhein entlangpendeln. Alle Häfen sind mit Landstromanlagen ausgestattet, so Arosa-Chef Jörg Eichler. Das Ein- und Auslaufen in die Häfen geht dank Elektroantrieb leise und abgaslos über die Bühne. Unterwegs laden Dieselgeneratoren die Batterien auf. Reinen Elektroantrieb wie bei Autos werde es auf dem Wasser nicht geben. „Ein Speicherelement, wie Wasserstoff oder Methanol, wird immer nötig sein“, sagt Matthias Lutter.
Blasenteppich im Wasser lässt Schiff schweben
Der neue Leiter der Neubauabteilung kam im Januar von der Warnemünder Neptun Werft zu Arosa, bisher Haus- und Hoflieferant der Rostocker Flusskreuzfahrt-Flotte. Das neue Schiff wird allerdings auf der niederländischen Werft Concordia Damen gebaut. Als weitere Neuerung erhält es einen künstlich erzeugten Luftblasenteppich, der bei zügiger Fahrt im Wasser für Schweben sorgt. Bei „Aida“ gibt es diese Technik bereits. Das senkt die Spritkosten noch einmal um acht Prozent. Zu den Gesamtbaukosten sagt Arosa nichts.
Das wirtschaftliche Umfeld für solche technischen Neuerungen ist derzeit so gut wie lange nicht mehr. Arosa ist eigenen Angaben zufolge das sechste Jahr in Folge bei Umsatz und Passagierzahlen gewachsen. Der Gewinn legte 2018 um acht Prozent zu. Der Markt für Flusskreuzfahrten wächst jährlich um fünf Prozent. Arosa-Chef Eichler denkt, dass die Kurve noch eine Weile nach oben zeigen wird: „Vor uns liegt das Jahrzehnt der Flusskreuzfahrten.“
Rostocker krempeln die Branche um
Das Rostocker Unternehmen will die Branche umkrempeln: weg vom betulichen Reisevergnügen für wohlhabende Senioren hin zu Erlebnisreisen für jüngere Leute, die es sich leisten können. Dafür soll nicht zuletzt der neue Schifftyp sorgen: Mit 17,40 Metern und vier statt üblichen drei Docks bietet er deutlich mehr Platz als bisher üblich. Es wird große Familiensuiten geben, aber auch mehr Platz in den Standardkabinen, einschließlich eines begehbaren Kleiderschranks und Pool mit Liegestühlen auf dem Oberdeck.
Eichler schwebt eine Neudefinition des Städtetourismus vor, in dem natürlich auch seine Firma eine Rolle spielen könnte. Statt per Zug oder Flugzeug soll sich das Städtereisen auf dem Wasser etablieren. „Wenn wir nur ein Prozent vom Städtereisen-Markt übernehmen, müssten wir unsere Flotte verdoppeln“, sagt Eichler. Das sei noch eine „Vision“. Derzeit kommt Arosa in Deutschland bei den Flusskreuzfahrten auf einen Marktanteil von knapp 25 Prozent, im Premiumsegment sind es dagegen mehr als 70 Prozent.
Weniger Senioren, mehr Kinder
Die Verjüngung der Zielgruppe hat bereits begonnen, so der Reederei-Chef, und verweist auf Branchen-Zahlen: Der Anteil der 66- bis 75-Jährigen auf den Flusskreuzfahrtschiffen ging 2018 um 31 Prozent zurück, während viel mehr Jüngere an Bord kamen. 2400 Kinder fuhren 2018 auf einem Arosa-Schiff mit, das war ein Drittel mehr als noch 2016. Werbemaßnahmen, wie das Gratis-Ticket für Kinder bis 15 Jahre, greifen offenbar.
Auch beim Unterhaltungsprogramm an Bord will Arosa weiter Vorreiter bleiben. In der Nebensaison gibt es in der Saison 2020 neue Themenfahrten, bei denen etwa Schauspieler mehrtägige Krimis inszenieren oder Improvisationstheater spielen. Es wird Fahrten mit Songwriter-Wettbewerben geben, bei denen das Publikum mitabstimmen darf. Auch hier gilt: höher, breiter, aber nicht unbedingt leiser.
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Gerald Kleine Wördemann