Hohen Wangelin: Nach Stromschlag-Tod einer Studentin durch brennenden Wohnwagen am Badesee: Gemeinde will Wildcamper weiter dulden

Der tödliche Unfall mit einem Wohnmobil am Malkwitzer See wirft Fragen zum sogenannten Wildcampen auf. Das Fahrzeug aus Heidelberg war auf einem abgelegenen, nicht gekennzeichneten Parkplatz abgestellt, als es Montagabend in Brand geriet. Eine 22-jährige Studentin aus Bayern, die helfen wollte, wurde von einer Hochspannungsleitung getroffen, die über dem Parkplatz verläuft und durch die Hitze abriss. Sie starb an den Folgen des Stromschlags mit 20 000 Volt. Lesen Sie auch: Junge Frau (22) stirbt unter Hochspannungsleitung: Tragödie am Malkwitzer See Auf der unbefestigten, kleinen Wiese übernachten regelmäßig Camper in Wohnmobilen, heißt es in der zuständigen Gemeinde Hohen Wangelin. „Für eine Nacht dulden wir das“, sagt Bürgermeister Torsten Nörenberg (parteilos). Daran werde sich nach dem tragischen Unfall nichts ändern. Was passierte, sei zwar traurig, aber zugleich unwahrscheinlich „wie in der Wüste gegen eine Palme zu laufen“. Der ehrenamtliche Kommunalpolitiker denkt darüber nach, an der Stelle ein Schild aufzustellen, das auf die Gefahr durch die Stromleitung in sieben Meter Höhe hinweist. „Aber eigentlich weiß doch jeder, das man unter einer Hochspannungsleitung nicht parkt,“ sagt der Bürgermeister. Landkreis äußert sich nicht: In der Landkreisverwaltung Mecklenburgische Seenplatte sorgt die lockere Haltung des Gemeindechefs für Kopfschütteln. Die Zahl der Wildcamper habe stark zugenommen. Offiziell will sich aber niemand äußern, für Ordnungsangelegenheiten der Gemeinden sei das Amt Seenlandschaft Waren zuständig. Dort ging am Mittwochnachmittag niemand ans Telefon. Amtsvorsteher Enrico Malow (CDU), ebenfalls ehrenamtlicher Bürgermeister in der Region, will sich nicht äußern, weil er den Parkplatz am Malkwitzer See nicht kenne. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg eröffnet kein Verfahren zum Tod der Studentin. Es gebe keine Anzeichen für Fahrlässigkeit. Nach geltender Rechtslage ist das Schlafen auf einem Parkplatz über Nacht erlaubt, wenn es zur „Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit“ dient – aber nur wenn der Parkplatz grundsätzlich nachts genutzt werden darf. Kampieren für länger ist lediglich auf offiziellen Zelt- und Campingplätzen erlaubt. Der Malkwitzer See gehört zum Naturschutzgebiet Obere Nebelseen. Für das Gebiet gibt es eine eigene Verordnung. Laut der ist es verboten, „zu zelten, Wohnwagen oder Wohnmobile aufzustellen“ – was aber anscheinend nicht oder zumindest nicht überall kontrolliert wird. Laut Staatsanwaltschaft parkte das Wohnmobil legal an der Stelle. Mehr als doppelt so viele Fälle wie im Vorjahr: Die deutlich größeren Schutzgebiete an der Ostseeküste leiden dieses Jahr so stark unter Wildcampern wie noch nie und gehen strikt gehen sie vor. „Das Problem hat enorm zugenommen“, sagt Gernot Häffner, Leiter des Nationalparkamts Vorpommern. Dieses Jahr stellten die Ranger in den beiden Nationalparken Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund, für die Häffner zuständig ist, bereits 450 Bußgelder aus. Das sind schon jetzt mehr als doppelt so viele Fälle wie im Vorjahreszeitraum, und das, obwohl dieses Jahr wegen des Lockdowns erst ab Ende Mai überhaupt wieder Touristen aus anderen Bundesländern nach MV dürfen. Feuer kostet mindestens 350 Euro: Der Wohnmobil-Boom führt auch dazu, dass in den Nationalparken mehr heimlich gegrillt, gekocht und Feuer angezündet werden. Was ebenfalls strikt verboten ist. Derzeit gilt die höchste Waldbrandstufe. Nicht einmal Rauchen ist in den betroffenen Flächen erlaubt. Auf der Halbinsel Zudar auf Rügen fällten illegale Camper für Lagerfeuer sogar Bäume. Erwischte Wildcamper zahlen ein Bußgeld von 55 Euro je erwachsener Person. Bei einem Feuer oder Grill werden mindestens 350 Euro fällig. Um das Problem in den Griff zu bekommen, müssten mehr Ranger her, sagt Häffner. Auch die Ordnungsämter haben ihre Kontrollen ausgeweitet, heißt es beim Landkreis Vorpommern-Rügen. Lesen Sie auch Party-Hotspots in MV: Junge Leute treffen sich trotz Corona – Polizei reagiert entspannt Urlaub mit Wohnmobil: Übernachtung in Ribnitz-Damgarten soll teurer werden Kochbuch für Campen, Reisen und „Van-Life“ aus Greifswald Von Gerald Kleine Wördemann