Insel Usedom: Autofahrer filmt Wolf im Ahlbecker Gothenweg

Auf der Insel Usedom wurde am Wochenende in Ahlbeck erstmals ein Wolf unmittelbar in der Nähe von Wohnhäusern gesichtet. Ein unbekannter Autofahrer hat das Tier am Samstag aus dem Auto heraus gefilmt. Der Wolf hatte sich im Gothenweg in Richtung Wasserwerk aufgehalten. Wie in dem Video zu sehen ist, kommt der Wolf links aus den Wiesen, läuft auf der Straße vor dem Auto, überquert den zweiten Bahnübergang in der Straße und flüchtet dann nach links über eine Wiese in Richtung Bahnschienen und Wald. Gesichtetes Tier ist junger Rüde: Jäger und Forstleute sind sich sicher, dass es sich um einen Wolf handelt. Der langjährige frühere Forstamtsleiter und erfahrene Jäger Norbert Sündermann (70) erläutert nach dem Sichten des kurzen Videos, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen jungen Rüden handelt, von dem keine Gefahr ausgehe. Das Tier sei noch sehr schlank. „Er streift allein umher und wird mit große Sicherheit die Insel verlassen und entweder weiter Richtung Polen ziehen oder Richtung Festland in die Peeneniederungen. So ein Rüde möchte sich ja irgendwann mit einer Wölfin zusammentun und paaren“, sagt er. Lesen Sie auch Swine-Tunnel auf Usedom: Die ersten Meter sind geschafft Naturpark Usedom: 15 tote Schafe auf Vogelschutzinsel Werder Vorpommern-Greifswald: Biber-Population im Kreis außer Kontrolle Usedom-Krimi: Diese Frau wohnt wirklich im Mörderhus von Katrin Sass Wolfsriss bei Wusterhusen nachgewiesen: Amt ließ sich mit Bestätigung viel Zeit Der junge Wolf ziehe allein, weil die jungen Rüden, wenn sie geschlechtsreif werden, aus ihrem alten Rudel von der Wölfin verstoßen werden. In diesem Alter seien die Tiere sehr neugierig und erkunden gerne neues Terrain, da sie ein neues Rudel bilden wollen. Dass es allerdings auf der Insel Usedom zur Rudelbildung kommt, hält Sündermann aber eher für unwahrscheinlich. „Wölfe benötigen mehrere Hundert Hektar Fläche, denn sie legen in einer Nacht oftmals gigantische Strecken zurück“, so der pensionierte Forstdirektor. Wolfsmonitoring: Usedom kein Verdachtsgebiet: Norbert Sündermann betont, dass Wölfe hochintelligente Tiere sind, die sehr schnell lernen. Wolfssichtungen habe es in den zurückliegenden Jahren bereits mehrere auf Usedom gegeben, es seien stets einzelne Tiere gewesen, die durchgezogen sind. So wurde vor drei Jahren ein ausgewachsener Rüde kurz hinter der Zecheriner Brücke in Johannishof von einem Auto erfasst und überfahren, als er am helllichten Tag die B 110 überqueren wollte. „Usedom taucht bei uns nicht als Verdachtsgebiet auf. Die Sichtung in Ahlbeck ist schon was Besonderes“, sagt Norman Stier von der TU Dresden. Er ist für das Wolfsmonitoring in Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich. Ahlbecker Bruch gute Jagdmöglichkeit für Wolf: Ymir Schreiber, Leiter des Forstreviers Kamminke auf Usedom, bestätigt unterdessen, dass es mehrfach schon Wolfssichtungen auf Usedom gegeben habe, die auch gemeldet wurden. „So konnte im vergangenen Jahr nach einem Schafriss bei Dargen eindeutig nachgewiesen werden, dass es der Wolf war. Wir haben Genmaterial entnommen und untersuchen lassen“, erklärt er. Auch bei mehreren Wildrissen sei offensichtlich der Wolf der Verursacher gewesen. Und: Auf Wildkameras seien mehrfach Wölfe zu sehen gewesen. Das aktuell im Video festgehaltene Tier sei „mit großer Sicherheit ein Wolf, auch wenn man ihn nicht so nah und direkt von der Breitseite sehen kann“, so Schreiber. Da er sofort flüchte, würde deutlich, dass von diesem Wolf keine Gefahr ausgehe. Dass er nahe der Wohnbebauung auftauche, hänge viel mehr mit der Nähe des Ahlbecker Bruchs zusammen, wo es Rot- und Schwarzwild und damit genug für den Wolf zu jagen gäbe. Appell der Gemeinde an Einwohner: Die Gemeinde Heringsdorf appelliert unterdessen an die Einwohner, bei erneutem Auftauchen des Tieres unbedingt Abstand zu halten und die Sichtung zu melden. Forst, Landkreis, Jäger und Wolfsmanager seien informiert. Von Von Cornelia Meerkatz und Henrik Nitzsche