MV: Nach den Sommerferien müssen alle Schüler zum Wissenstest

Täglicher Unterricht, kein Mindestabstand in den Klassenzimmern: Nach Ende der Sommerferien soll es an den Schulen in MV wieder „verlässlichen Regelunterricht“ geben, kündigt Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) an. Aber nur, wenn sich das Infektionsgeschehen positiv entwickelt, so ihr Sprecher Henning Lipski. Grundschüler sollen täglich vier Stunden unterrichtet werden, Schüler an weiterführenden Schulen fünf Stunden. Auf eine Maskenpflicht wird verzichtet. Auch die Idee eines Schichtbetriebs ist vom Tisch. Feste Lerngruppen: Der Unterricht wird in festen Lerngruppen stattfinden. Zwischen den Stunden und in den Pausen sollen sich Schüler und Lehrer so wenig wie möglich begegnen. Lehrer, die wegen ihres Alters oder einer Vorerkrankung einer Risikogruppe angehören, benötigen künftig ein Attest, um vom Präsenzunterricht befreit zu werden. Bislang sollen bis zu 2000 Lehrer, das entspricht etwa 15 Prozent, davon Gebrauch gemacht haben – ohne eine ärztliche Bescheinigung vorlegen zu müssen. Flächendeckende Coronatests: Zu Beginn des neuen Schuljahrs sind unbenotete Wissenstests in allen Klassen geplant, um den jeweiligen Lernstand zu ermitteln. Außerdem soll es Coronatests geben, Einzelheiten stehen noch nicht fest. Ministerin Martin kündigt die Rückkehr zu einem normalen Schulbetrieb an, aber „unter Pandemiebedingungen“. Ihr Fahrplan für den Neustart soll in den Ferien von den Schulen organisatorisch umgesetzt werden. Elternrat: Richtiger Schritt: Der Landeselternrat begrüßt das Konzept. „Die Regelungen sind ein richtiger Schritt“, sagt der Vorsitzende Kay Czerwinski. Die vergangenen Monate, in denen die Schüler überwiegend zu Hause blieben, waren nicht folgenlos. „In den elften und neunten Klassen fehlen vier bis sechs Wochen Unterricht. Das ist ein großes Problem“, so der Elternvertreter. Diese Jahrgänge legen 2021 die Prüfungen zur Mittleren Reife und zum Abitur ab. Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Durch den frühen Ferienbeginn – MV startete als erstes Bundesland in die Sommerferien – wird der Abstand zu Bayern und Baden-Württemberg noch größer, befürchtet Czerwinski. Dort fällt wegen der späten Ferien weniger Unterricht in diesem Schuljahr aus als im Nordosten. In den zentralen Abituraufgaben würden Schüler aus MV dadurch im kommenden Jahr benachteiligt. Lehrer werden zum TÜV geschickt: Ehe sich Lehrer zum Schulstart als Corona-Risikopatienten einstufen und damit dienstunfähig melden, müssen sie zum Betriebsarzt. In einem Brief an alle Schulleitungen hat Bildungsministerin Bettina Martin verfügt, dass Lehrerinnen und Lehrer, die sich für gefährdet halten, eine Beratung von den Betriebsärzten des TÜV Rheinland in Anspruch nehmen sollen. In dem Schreiben, das der OZ vorliegt, heißt es wörtlich: „Nach der fernmündlichen beziehungsweise persönlichen Beratung erstellt der Betriebsärztliche Dienst eine betriebsärztliche Vorsorgebescheinigung. Die Bescheinigung enthält Aussagen des Betriebsärztlichen Dienstes über mögliche gesundheitliche Bedenken oder mögliche Voraussetzungen für Ihren Einsatz im neuen Schuljahr.“ Diese Atteste sollen den Schulleitern „zeitnah“ vorgelegt werden, damit der Einsatz der Lehrer geplant werden kann. Schule wie im 19. Jahrhundert: Der digitale Unterricht in den vergangenen Monaten funktionierte laut Landeselternrat unterschiedlich gut: „Die Bandbreite ist sehr groß. Einige Schulen bieten sehr guten digitalen Unterricht an. Es gibt aber auch solche, in denen Lehrer den Familien ausgedruckte Aufgabenzettel in die Briefkästen werfen.“ Laut Czerwinski gab es einen bunten Mix an Bildungsmethoden, „vom 19. bis zum 21. Jahrhundert“. Simone Oldenburg, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, warnt davor, dass sich das Schulsystem durch die Corona-Krise dauerhaft verschlechtert. Bereits im Schuljahr vor der Corona-Krise fielen nach ihren Berechnungen eine Million Vertretungsstunden an. 700 Lehrer seien dauerhaft krankgeschrieben, so die langjährige Schulleiterin. Eltern hängt „Zunge aus dem Hals“: Das Neustart-Konzept des Ministeriums nennt Oldenburg einen „Fahrplan im Zickzack-Kurs mit ständigen Zugausfällen“. Täglicher Unterricht von vier beziehungsweise fünf Stunden bedeute einen Unterrichtsausfall von mehr als 20 Prozent. Vieles sei völlig unklar, etwa die Hortbetreuung für Grundschüler in den zusätzlichen freien Stunden. Sie befürchtet, dass wieder die Eltern als Betreuer einspringen müssen. „Dabei hängt vielen Eltern schon jetzt vor Erschöpfung die Zunge aus dem Hals“, sagt Oldenburg. Lesen Sie auch: Corona-Schulabschlüsse sind bisher nicht schlechter als in den Vorjahren Lernen auch in den Ferien: MV bezahlt Nachhilfestunden Rostocker Corona-Test für Mütter von Kita- und Schulkindern: Ergebnisse sind da Von Gerald Kleine Wördemann