MV im Geschmackstest: Zehn leckere Spezialitäten von der Grünen Woche

Wie schmeckt Mecklenburg-Vorpommern? Der Zeitpunkt ist günstig, das zu ergründen: Noch bis zum 26. Januar läuft in Berlin die Internationale Grüne Woche. Auf der weltgrößten Messe für Ernährungswirtschaft präsentieren sich 62 Aussteller aus MV gemeinsam in einer Länderhalle. 42 von ihnen produzieren oder veredeln Lebensmittel. Die Messe gilt als Testmarkt: Was bei den 400 000 Besuchern gut ankommt, findet auch Abnehmer im Handel, der Gastronomie oder auf den Marktplätzen des Landes. Die OSTSEE-ZEITUNG hat zehn Produkte probiert, mit denen die Aussteller ihre Kunden auf den Geschmack bringen wollen. 1. „Flagstulle“ aus Wismar: Ein Butterbrot mit geräuchertem Lachs – was so unscheinbar klingt, sei als „Flagstulle“ ihr neuester Verkaufsschlager, sagt Gisela Schadowski, Geschäftsführerin der „Seeperle“. Sie betreibt in Wismar mit ihrem Sohn zwei Restaurants, verkauft Fisch vom Wagen und vom Kutter. „Ich kann so schnell keine Stullen nachmachen, wie die Kunden danach fragen“. Ein Biss hinein verrät ihr Erfolgsgeheimnis: Das Brot ist frisch und der Lachs butterweich und saftig, aber nicht fettig. Obendrauf thront eine Art süß-pikante Zwiebelmarmelade. „Der Lachs wird mit Wismarer Mummenbrand gebeizt und mit Ahornsirup heiß geräuchert. Die Zwiebeln kochen wir in Rotwein, bis sie eingedickt sind“, erklärt die Unternehmerin. Ein echter Gourmet-Tipp für Besucher der Hansestadt. 2. Elephant Gin aus Wittenburg: Wer glaubt, Gin muss zwingend mit Tonic gemixt werden, verpasst diesen Geschmack: Die Destillerie Elephant Gin aus Wittenburg hat extra zur Grünen Woche eine Sonderedition aufgelegt. Dafür hat Berno Hildwein den Gin ein Jahr im Eichenfass und acht Wochen im Rumfass gelagert. Das Ergebnis schmeckt holzig, vanillig, bodenständig. „Gin wird ja normalerweise nicht gelagert“, erklärt der Produktionsleiter. Das Experiment schlägt sich im stolzen Preis von 60 Euro pro Flasche nieder. Wer es klassisch mag, ist mit dem London Dry Gin des Unternehmens gut beraten. Wie in allen Gin-Sorten der Mecklenburger wurden hier neben afrikanischen Gewürzen auch Äpfel aus MV verarbeitet. 3. Spritzkuchen mit Apfelscheibe aus Meiersberg: Mit vier Verkaufswagen sind Mario Langer und seine Mitarbeiter auf Märkten und Stadtfesten unterwegs und bieten ihr Schmalzgebäck an – darunter auch Quarkbällchen mit Mousse au Chocolat. Auf der Grünen Woche probierte Langer die Äpfel vom Nachbarstand und kam so auf seine neueste Idee: Spritzkuchen gefüllt mit einer säuerlichen Apfelscheibe. So simpel, so gut und am besten sehr frisch gebacken. Demnächst kann jeder sie – etwa vor dem Greifswalder Real – selber testen. 4. Baiser aus Walkendorf: Wenn ein Produkt aus nur zwei simplen Zutaten besteht, gibt es wohl kaum geschmackliche Überraschungen. Und ja, auch die Baisers aus Walkendorf sind sehr süß. Trotzdem sind sie kleine Delikatessen, wie der Test zeigt. „Wir nutzen das Eiweiß unserer Bio-Eier, das übrig bleibt, wenn wir aus dem Eigelb Likör produzieren“, erklärt Hubertus Heinemann, Inhaber des Hofgut Rosengarten. „Außerdem nutzen wir ausschließlich Roh-Rohrzucker.“ Der Eischnee türmt sich kompakt und fest zu kleinen Bergen. Eine Karamellnote bestimmt Farbe und Geschmack. Kein Wunder, dass sie auf keinem Wochenmarkt – etwa in Rostock – fehlen dürfen. 5. Grillsauce aus Upahl: Die siebte Grillsauce vom Hof Silberkuhle bei Upahl (Nordwestmecklenburg) ist auch die schärfste. Unter dem neuen Markennamen „Doc Smoke BBQ“ ist sie seit Beginn der Grünen Woche auf dem Markt und heißt schlicht „Sauce No. 7 – hot hot hot“. Die Sauce kommt mit wenigen natürlichen Zutaten aus. Darunter Tomatenmark, Orangensaft, Apfelessig. Pur getestet, fällt das Fehlen der gewohnten Süße handelsüblicher Grillsaucen auf. „Wir nehmen so wenig Zucker wie möglich“, erklärt Unternehmer Michael Schaake. „Uns ist der fruchtige Geschmack wichtiger.“ Ob das aufgeht, wird sich in der kommenden Grillsaison zeigen. Wer es von vorn herein lieblicher mag, ist mit der „Sauce No. 6 – Smoke“ gut beraten. 6. Hanfschokolade aus Melz: Die Hanffarm in Melz (Mecklenburgische Seenplatte) arbeitet mit 15 Landwirten der Region zusammen, die auf 1000 Hektar Fläche Hanf anbauen. Aus der Nutzpflanze fertigt das Unternehmen verschiedene Produkte, darunter Teepulver, Öl und Schokolade. In der Bio-Vollmilch-Schokolade sind 12 Prozent Hanfnüsse enthalten. Zwar haben sie keinen nennenswerten Eigengeschmack, knuspern aber angenehm. 7. Apfel-Steinpilz-Pralinen aus Rostock: Ja, das klingt seltsam: „Apfel-Steinpilz an Heu“ steht auf einem Schild vor den kleinen, mit Kräutern bestreuten Schokokugeln. „Probieren sie“, fordert Chocolatier Ullrich Deprie auf. „Und keine Angst, das Heu ist in Wirklichkeit Basilikum.“ Die Kostprobe zeigt: Das ist durchaus eine stimmige Komposition. Zuerst sind ohnehin nur die Süße und Säure des Apfels präsent. Erst viel später, im Abgang sozusagen, breitet sich das Steinpilz-Aroma aus. Eine ungewöhnliche Erfahrung, die zeigt: Für solche Geschmackserlebnisse muss man sich Zeit nehmen. Die Pralinen von de Prie sind nichts für den schnellen Schoko-Appetit, sondern für einen bewussten Genuss gemacht. 8. Eis aus Kemnitz: Zum zweiten Mal ist Heike Ziemba auf der Grünen Woche und verkostet ihr Boddenland-Eis. „Mein Steckenpferd sind Heimische Obstsorten.“ Von Anfang an dabei ist ihr Sorbet mit schwarzer Johannisbeere. „Ohne das brauchen wir auf den Stadtfesten gar nicht mehr aufzutauchen. Die Leute fragen immer danach.“ Wer gern Milchspeiseeis isst, mag skeptisch sein, doch das hier ist eine echte Empfehlung: Das Eis ist enorm fruchtig und dabei mild zugleich. Die Unternehmerin aus Kemnitz ist mit ihrem Eis, abgepackt im Pappbecher, mittlerweile sogar in einigen Edeka-Märkten vertreten. 9. Bio-Gulasch vom Gut Klepelshagen: Ein Fertiggericht aus einem Glas – wie gut kann das überhaupt schmecken? Im Fall des Bio-Gulasch von Gut Klepelshagen fällt das Urteil eindeutig aus: Wie frisch gekocht! Tatsächlich so frisch, dass die Frage aufkommt, ob die Kostprobe wirklich aus dem Glas kommt. Der Anspruch der Gourmet-Manufaktur sei, dass die Leute die angebotenen Fertiggerichte als Sonntagsessen akzeptieren. „Die Biorinder des Gutes werden dafür nach Bedarf wöchentlich geschlachtet“, erklärt Betriebsleiterin Christin Richter. Allenfalls etwas Salz könnte das Gulasch noch vertragen, doch das ist bereits Kritik auf ganz hohem Niveau. 10. Gin-Spezialität aus Rostock: „Vive la France“ steht auf der Sonderedition des Blücher-Gins, der exklusiv für die Weinhandlung Schollenberger aus Rostock produziert wird. Das ist selbstverständlich bösartig, weil General Blücher, der gebürtige Rostocker, bekanntlich Napoleon in dessen letzter Schlacht bei Waterloo vernichtend schlug. „Der Gin schmeckt dafür aber auch bösartig gut“, schwört Michael Bierschenk. „Wir haben ihn sieben Monate lang in einem Sauternes-Fass gelagert.“ Das sei ein französischer Süßwein und gebe dem Getränk neben einem Aprikosen-Aroma auch die besondere Farbe, so der Fachmann. Tatsächlich ist der Gin mild und von unvergleichlichem Geschmack. Ihn mit Tonic zu verdünnen, wäre eine Sünde. Bierschenk hat jedoch einen Tipp für Genießer: „Wir empfehlen ihn mit trockenem Sekt oder Champagner.“ Das klingt ambitioniert, liegt die Flasche doch schon bei 45 Euro. Zum Glück geht es auch wunderbar ohne. 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