Ribnitzer Fitnessstudio öffnet wieder: Aber nicht für Touristen

Von der Trainingsfläche klingt das Scheppern der Metallgewichte. Schnelle Musik erfüllt den Eingangsbereich der „Fitmacher“. Ein Besucher mit Sporttasche gibt seinen Spintschlüssel zurück. Soweit wirkt es fast normal. Doch statt den Schlüssel einfach an den Haken zu hängen, wird er ausgiebig hinter der Scheibe am Tresen desinfiziert. Überall flattert weiß-rot-gestreiftes Band. Nichts ist normal am Tag der Wiedereröffnung von Sporthallen und Fitnessstudios im MV. Es gelten zahlreiche Auflagen. Und bei den „Fitmachern“ kommt eine weitere Hausregel hinzu. „Wir werden keine Touristen reinlassen“: Inhaber Tobias Müller erklärt, was bei ihm zusätzlich zu den Vorgaben der Landesregierung gilt: „Wir werden vorerst keine Touristen reinlassen. Ich mache da von meinem Hausrecht Gebrauch.“ Der 41-Jährige sagt, er habe generell Angst davor, wie sich die Corona-Infektionszahlen entwickeln, wenn nun die Touristen wieder nach MV reisen. Sie machen gewöhnlich etwa zehn Prozent seiner Besucher aus. „Wenn jemand die Infektion zu uns ins Studio trägt, müssen alle, die zur selben Zeit hier waren, in Quarantäne und die ,Fitmacher’ müssen schließen, bis alle Angestellten getestet wurden.“ Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Kein Kündigungsrecht wegen Corona: Zehn Wochen war das Studio zu. Die Mitarbeiter waren in Kurzarbeit, Müller habe die Soforthilfe des Landes erhalten. Doch wie hoch der wirtschaftliche Schaden ist, könne er noch nicht sagen. „Die Tageseinnahmen fehlen, einige Mitglieder haben ihre Beiträge zurückgebucht.“ Alles Weitere werden die kommenden Wochen zeigen. Ein Sonderkündigungsrecht gibt es wegen der Pandemie nicht. Allenfalls können Beiträge zurückgefordert oder die Mitgliedschaft um die Zeit, in der das Studio geschlossen war, verlängert werden. Tobias Müller hofft darauf, dass sich die Mitglieder solidarisch verhalten und keine der Optionen nutzen. „Wir haben auch schon sehr viel Solidarität erfahren“, sagt er. Die Trainingsregeln im Fitnessstudio: Als Jan Zapnik das Studio betritt, ruft Müller ihm zu: „Kuck mal, ob du es noch kannst.“ Der 46-Jährige muss sich vor dem Training in eine Liste eintragen und seine Adresse hinterlassen – für den Fall der Fälle. Nur eine der neuen Regeln. Müller zählt auf: „Die Duschen und Sauna bleiben zu, bis wann, weiß keiner.“ Mitarbeiter müssen einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz tragen. Die Umkleide dürfe nur genutzt werden, um Schuhe zu wechseln und Wertsachen einzuschließen. Generell gelte ein Abstand von zwei, beim Training sogar drei Metern. Jedes Gerät muss vom Sportler nach der Benutzung desinfiziert werden. Kurse finden mit weniger Teilnehmern statt – pro zehn Quadratmeter Fläche dürfe nur eine Person trainieren. Auch müsse moderat trainiert werden: „Es gilt die Vorgabe, dass nicht mehr als 100 Liter Sauerstoff pro Minute bei einer Übung verbraucht werden dürfen. Wer soll das messen?“, fragt Müller kopfschüttelnd. Jeder kann ohne Anmeldung kommen: Bei allen Einschränkungen gibt es aber auch eine gute Nachricht: „Anders als andere Studios, vergeben wir keine Termine. Jeder kann ohne Anmeldung kommen.“ Bei einer Fläche von 500 Quadratmetern dürften rechnerisch 50 Sportler gleichzeitig trainieren. „Das erreichen wir selbst in Spitzenzeiten nicht.“ Kein Getränkeverkauf und mehr Ausgaben: Dennoch, seine Grundstimmung sei optimistisch, er wüsste nur gern, wo er gerade finanziell steht. „Es hängt schließlich mehr dran, als nur ein Gewerbe,“ sagt der Vater eines zwölfjährigen Sohnes. Und zu den Verlusten der vergangenen Wochen kämen nun höhere Kosten und weniger Umsätze. Einerseits müsse er in Desinfektionsmittel, Handschuhe, Masken und Reinigungspapier in rauen Mengen investieren. Andererseits dürfe er keine Getränke verkaufen. Auch die Sportler müssen Verzicht üben: Um die Abstandsregeln einzuhalten, wurden einige Geräte gesperrt. Die Entscheidung wurde mit dem Zollstock und nach Wichtigkeit fürs Training getroffen. Genug Platz für Touristen: „Ich wollte mich heute erstmal rantesten“, erzählt Jan Zapnik. „Jetzt, wo ich weiß, welche Geräte ich nutzen kann, mache ich mir fürs nächste Mal einen Plan.“ In den vergangenen Wochen hat er sich mit Arbeiten rund um Haus und Hof fit gehalten. Hat den Rasen gemäht und ist Rad gefahren. „Es ist heute auf jeden Fall anstrengender als sonst“, so sein Eindruck. Dafür, dass Müller zunächst keine Touristen ins Studio reinlassen möchte, hat er Verständnis: Das gebe ihm als Unternehmer vielleicht mehr Sicherheit. Den Standpunkt könne man vertreten. „Mich persönlich würde es nicht stören, mit Touristen zu trainieren. Es gibt schließlich genug Platz.“ Mehr lesen: So flutet die Urlauberwelle die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst Luxus oder Broterwerb? Anwaltsbrief der Landesregierung macht Hotelier aus MV wütend Ist Maske Pflicht? Alle Infos zur Öffnung von Fitnessstudios und Tanzschulen in MV Hass gegen Ferienhausbesitzer in MV: „Wir dachten, uns will hier keiner mehr“ Von Juliane Schultz