Schwimmunterricht in MV: Corona-Auflagen verhindern Kurse an vielen Schulen

Vielen Jungen und Mädchen in MV bleibt der Schwimmunterricht in diesem Schuljahr verwehrt. Und das, obwohl Brustschwimmen und Kraulen eigentlich auf dem Stundenplan stehen sollen. Wegen der hohen Hygieneauflagen mussten Schwimmbäder ihr Angebot ausdünnen. Folge: Der Schwimmunterricht fällt komplett aus oder wird ins kommende Jahr verschoben. Ministerium weiß von sieben Schulen, dabei sind es viel mehr: Das Bildungsministerium ist nicht wirklich im Bilde. Sprecher Henning Lipski listet landesweit sieben Schulen auf, die keinen Schwimmunterricht anbieten könnten: eine, weil in Güstrow die Schwimmhalle saniert werde; sechs in Vorpommern, davon zwei, weil die Schwimmhalle der Bundeswehrkaserne Karpin bei Eggesin für Außenstehende geschlossen sei; und vier weitere, weil keine Schwimmzeiten gefunden wurden oder Anfahrt und Kosten zu hoch wären. Mehr zum Thema: 11 000 Kinder in MV ohne Schwimmunterricht: Wasserwacht fürchtet mehr Badeunfälle Zu wenig Plätze, zu wenig Lehrer: Kritik am MV-Programm für Ferien-Schwimmkurse Stichprobe: Im Raum Wismar wird Unterricht verschoben: Dass wohl deutlich mehr Schulen Probleme mit dem Schwimmunterricht haben, ergab eine stichprobenartige Umfrage der OZ. Allein im Raum Wismar seien neun Schulen betroffen, erklärt Stadtsprecher Marco Trunk. Da das Spaßbad Wonnemar die Corona-Hygieneregeln umsetzen muss, müssten einige Kurse ins kommende Jahr verschoben werden – bis in den Juni hinein. In der Grundschule Mühlen Eichsen (Nordwestmecklenburg) müsse der geplante Schwimmunterricht in Schwerin verschoben werden, erklärt Schulleiterin Sybille Schläger. Auch hier seien die Hygiene-Regeln der Grund. Der Unterricht solle nun im Frühjahr nachgeholt werden. Aus einer Grundschule in Groß Nemerow bei Neubrandenburg ist Ähnliches zu erfahren. Der Schwimmunterricht falle aus und werde durch „ein anderes sportliches Angebot“ ersetzt, informiert ein Sportlehrer die Eltern der Schüler schriftlich. Wann es Ersatz gibt, sei offen. Schwimmunterricht nach Plan vermelden dagegen die Hansestädte Rostock, Stralsund und Greifswald. DLRG: Kinder können immer schlechter schwimmen: Nachdem wegen der Corona-Beschränkungen bereits im vergangenen Schuljahr Kurse ausfielen, wächst die Sorge, dass viele Kinder nicht schwimmen lernen. In geförderten Sommerkursen ließ die Landesregierung einiges nachholen. Das genüge aber nicht, erklärt Mathias Manthei, CDU-Fraktion im Landtag. „Es ist bedauerlich, dass auch in diesem Schuljahr Schwimmunterricht ausfällt. Beim erstmaligen Schwimmenlernen geht es nicht nur um Sport, sondern um die Gesundheit und das Leben der Kinder.“ In früheren Schuljahren konnten fast 60 Prozent der Schüler in MV nach der Grundschule nicht sicher schwimmen. Ein Drittel hatte noch nicht einmal das „Seepferdchen“ als Mindestanforderung abgelegt. Nun also noch weniger Unterricht. „Das ist eine fatale Situation“, erklärt Thorsten Erdmann von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) in MV. „Die Schwimmfähigkeit der Kinder wird immer schlechter.“ Folge: schlechtere Beweglichkeit. „Das wird uns alles irgendwann auf die Füße fallen“, so Erdmann. Der Landtag hat gerade erst beschlossen: der Schwimmunterricht müsse landesweit verbessert werden. Dazu beigetragen habe bereits das Programm „MV kann schwimmen“, durch das laut Ministerium 120 zusätzliche Schwimmkurse stattfanden. FDP fordert Schwimmhallen-Konzept, Linke mehr Unterricht: Der FDP reicht das nicht. „Eine Pflicht zum Schwimmunterricht ist de facto eine Pflicht für den Schwimmhallenbau“, erklärt David Wulff, Generalsekretär der Landes-FDP. Doch die fehlten in der Fläche. Er fordert von der Regierung ein lückenloses Schwimmhallen-Konzept. Denn: „In Badewannen kann man kein Seepferdchen machen.“ „Wir müssen sicherstellen, dass alle Kinder, die am Ende des Schuljahres die Grundschule verlassen, schwimmen gelernt haben“, erklärt Simone Oldenburg, Linken-Fraktionschefin im Landtag. „Hier lässt das Bildungsministerium die Schulen und Schulträger komplett allein.“ Sie erwarte ein Konzept, das aufzeige, wie alle Kinder der 3. und 4. Klasse, die bisher keinen Schwimmunterricht hatten, dies nachholen können. „Zusätzliche Kosten hat selbstverständlich das Land zu tragen“, so Oldenburg. Lesen Sie auch Wirbel um Elternbrief an Rostocker Schule: Schlechte Noten nach Urlaub im Risikogebiet? Besonders gefährdet: So viele Schüler in MV lernen wegen Corona gerade dauerhaft zu Hause Laternenumzüge, Weihnachtsbasare, Adventsfeiern: Das ist in Schulen und Kitas in MV erlaubt Ministerin will Schulschließungen vermeiden: „Müssen die Schutzmaßnahmen einhalten“ Von Frank Pubantz