Streit ums Extreme: Die AfD in MV bekämpft sich selbst

Ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl fliegen bei der AfD MV die Fetzen: Der Landesvorstand hat am Montagabend in Teterow Mitglieder des Kreisverbandes Rostock zusammengetrommelt. Die Vorwürfe sind massiv: Der vor Wochen abgesetzte Rostocker AfD-Kreisvorstand habe Neonazis als Mitglieder abgesegnet, dafür andere, gemäßigte nicht. Das Gros im Vorstand kochte demnach ein eigenes Süppchen, das vor allem ein Ziel hatte: Gefolgsleute zu rekrutieren. Die Sonne lacht vor dem Kulturhaus in Teterow. Etwa ein Dutzend AfD-Mitglieder steht vor der Tür, rund 40 sollen gekommen sein. Presse ist beim internen AfD-Gefecht unerwünscht, teilt Landessprecher Leif-Erik Holm mit. Es gehe um „interne Informationen“. Vor vier Wochen war ein solcher Gesprächstermin geplatzt. Niederlage für Rostocker vor Landesschiedsgericht: Das Landesschiedsgericht der AfD hat einen Eilantrag des Rostocker Kreisvorstandes, der die Amtsenthebung für nichtig erklären sollte, zurückgewiesen. Schon formal gebe es Fehler. Aber auch so sind die Botschaften klar. Es liege „der Verdacht nahe“, dass „bei der Aufnahme oder Nichtaufnahme von Mitgliedern nicht immer nach Eignung, zu erwartender Verfassungstreue sowie Übereinstimmung mit den Grundsätzen der AfD entschieden wurde“. Vielmehr sei zu vermuten, dass Mitglieder danach ausgewählt wurden, ob sie dem Vorstand blind folgten. Dies verletzte die Grundsätze innerparteilicher Demokratie schwer, urteilt das AfD-Schiedsgericht. Massive Vorwürfe des AfD-Landesvorstands: Auf 23 Seiten breitet der AfD-Landesvorstand im Amtsenthebungsverfahren seine Vorwürfe gegenüber dem abgesetzten Rostocker Kreisvorstand aus. So seien Dutzende Aufnahmeverfahren von Mitgliedern zu beanstanden. Manche seien viele Monate liegen gelassen, andere wohl unzulässig beschleunigt worden. Je nachdem, ob die Bewerber ins Kalkül des Vorstandes passten oder nicht. In der Kritik steht fast der gesamte Ex-Kreisvorstand der AfD um den Vorsitzenden Volker Litke. Auch von Parteiausschlussverfahren bei Kritikern ist die Rede. Holm bestätigt „Ordnungsmaßnahmen“. Norbert Müller, ehemaliges Mitglied im Rostocker Vorstand, ging vor Wochen zu Litke & Co auf Distanz – und belastet die ehemaligen Mitstreiter nun schwer. Neonazis als AfD-Mitglieder? Besonders brisant dürften zwei Personalien für den Ex-Vorstand werden. Da ist zum einen Ivan K., ein junger Mann, der laut der Rechercheplattform Exif 2018 von Neonazis in der Ukraine ausgebildet wurde und mit einer Kalaschnikow posierte (die OZ berichtete). Die AfD Rostock schickte K. in einen Ortsbeirat. Holm erklärte zu Jahresbeginn dazu: „Diese Person ist kein Mitglied der AfD und wird es auch nicht werden. Wer mit Kriegswaffen und mit ukrainischen Faschisten posiert, die die russische Minderheit in der Ukraine terrorisieren, verstößt gegen alle Grundprinzipien der AfD.“ Unterlagen zeigen dagegen jetzt: Die Rostocker AfD hat K. 2019 als Vollmitglied bestätigt. Ex-Kreisvorstand weist Vorwürfe zurück: Der zweite Fall: Für Marcel P.s Aufnahme stimmten die Rostocker AfD-Leute laut Unterlagen des Landesvorstands bereits Anfang 2019. Zunächst folgte laut Unterlagen ein Widerspruch des Landesverbandes, offenbar im Herbst ein erneuter Beschluss des Kreisvorstandes, dieses Mal zu Fördermitgliedschaft. Dabei sei bekannt, dass P. Verbindungen in die Neonaziszene habe, argumentiert die Landes-AfD. Der geschasste Rostocker AfD-Kreisvorstand weist die Vorwürfe zurück, spricht von einem „Säuberungsskandal“. Beisitzer Steffen Reinicke bezeichnet das Amtsenthebungsverfahren als „grundlos, widerrechtlich und konstruiert“. Der juristische Prozess sei noch nicht beendet. Lesen Sie auch: Interner Streit eskaliert: AfD ruft wegen der AfD die Rostocker Polizei Die AfD in MV zerlegt sich selbst: Fällt nun Parteichef Holm? AfD-Zoff in MV: Partei findet keinen Ort zum Streiten „Kalaschnikow-Mann“ tritt aus Rostocker Ortsbeirat zurück Von Frank Pubantz