MV: Weiße Flotte hofft auf Saisonstart im Mai

Im Stralsunder Hafen, unweit der Hauptgeschäftsstelle der Weißen Flotte, liegen seit Wochen fünf weiße Ausflugsschiffe vertäut. Dazu Sonne und strahlend blauer Himmel. Knut Schäfer (44), Geschäftsführer der Weißen Flotte, schaut von seinem Arbeitszimmer etwas wehmütig hinunter zu den sanft auf den Wellen des Strelasunds schaukelnden Schiffen. „Der Anblick schmerzt mich schon. Bei solch tollem Wetter würden sie normalerweise nicht an der Kaikante liegen, sondern mit Passagieren zu Ausflügen starten. Doch Corona hat alles verändert und aktuell die Hoffnung zerstört, dass wir Ostern wieder ablegen dürfen“, kommentiert Schäfer das Bild. Der Geschäftsführer ist verantwortlich für die weißen Schiffe, die in Berlin, in Warnemünde, Hiddensee, Fischland, Darß und Zingst auf kleine Fahrt gehen. Zurzeit liegt jedoch nicht nur in Stralsund ein Großteil von ihnen vor Anker. Deutschlands einzige Ruderfähre im Liniendienst: Doch Schiffe müssen fahren, wenn sie Geld bringen sollen. Zumindest trifft das auf die Hauptsaison zwischen Mai und September zu. Und das gilt sowohl für die 28 Schiffe, von denen 20 in MV beheimatet sind, als auch für die acht Auto- und Personenfähren in Berlin, Warnemünde, Stralsund und Wittow. Lesen Sie auch Greifswald: Dutzende Sportler ignorieren Corona-Regeln im Volksstadion Kliniken in MV: Immer mehr jüngere Patienten wegen Corona in Behandlung MV öffnet ab Montag seine Schulen weiter – Selbsttest sollen helfen Gegenwärtig sind es jedoch nur die Fähren, die Einnahmen bringen. Darunter – eine Kuriosität – Deutschlands einzige Ruderfähre im Linienverkehr. Das Ruderboot „Paule 3“ bringt bis zu 10 000 Fahrgäste pro Jahr im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) über die gut 30 Meter breite Dahme zwischen Berlin-Rahnsdorf und Müggelheim. Nur 40 Prozent Auslastung: „Zum Glück fahren wir in Berlin, Warnemünde und anderswo für den öffentlichen Personennahverkehr. Dadurch haben wir auch jetzt immer noch Einnahmen“, sagt Knut Schäfer. Doch liegt die Auslastung seiner gesamten Flotte derzeit gerade einmal bei 40 Prozent der Vor-Corona-Zeit. Damals wurden Jahr für Jahr rund fünf Millionen Passagiere gezählt. Den Winter nutzten die Reedereien in MV, um ihre Ausflugs- und Fahrgastschiffe für die neue Saison fit zu machen. Doch noch verhindert Corona ihren Start. Das trifft auch auf die Adler-Schiffe GmbH zu, die in Wismar, auf Rügen und Usedom zu Ausflugsfahrten zu etwa 15 Zielen einlädt. Sylke Hasse, Pressesprecherin des Unternehmens: „Wir sind voll in den Vorbereitungen und gehen mit rund zehn Fahrgastschiffen an den Start. In den vergangenen Monaten haben wir die Schiffe gründlich überholt.“ Das schon im vergangenen Jahr entwickelte Hygiene-Konzept werde weiter an die aktuellen Bedingungen angepasst. Ziel sei es, wenn möglich, zu Ostern auf Fahrt zu gehen. Andreas Poschke, Geschäftsführer der Poschke Fahrgastschifffahrt GmbH in Born, geht mit vier Schiffen an den Start: „Alle sind gründlich überholt. Die meisten meiner aktuell zehn Mitarbeiter sind gegenwärtig noch in Kurzarbeit, warten aber sehnsüchtig darauf, dass es wieder losgeht.“ Die Reederei gewährleistet den Fährverkehr auf der Strecke Barth – Zingst und ist auf Boddengewässern und nach Hiddensee unterwegs. Die vier Schiffe der Fahrgastschifffahrt „Käpp’n Brass“ in Warnemünde gehen auf Fahrt ins Rostocker Hafenrevier und bei Bedarf zur Yachthafen-Residenz Hohe Düne. Auch Charterfahrten gehören zum Angebot der kleinen, aber feinen Flotte, die in der Winterzeit gründlich überholt wurde. Geschäftsführer Rainer Möller wünscht sich, dass seine Schiffe wieder ab Mai auf Fahrt gehen können. 19 Mitarbeiter sorgen sich dann um das Wohl der Passagiere. Am 1. Mai sollen Touren starten: Noch aber hoffen Schäfer und seine 250 Mitarbeiter, von denen der Großteil in Kurzarbeit gehen musste, dass es spätestens am 1. Mai wieder „Leinen los!“ heißt. „Auf diesen Tag laufen all unsere Anstrengungen hinaus. Dafür brauchen wir Planungssicherheit.“ Doch da bislang nichts klar sei, raube das ihm und auch allen anderen Mitarbeitern Nerven und Kräfte. 13 Schiffe fernüberwacht: Dennoch sei das Team hoch motiviert darangegangen, die Flotte während des Winters zu überprüfen und instand zu setzen, sagt Knut Schäfer. Stolz ist er darauf, dass schon 13 Schiffe der Weißen Flotte mit einer besonderen Innovation ausgerüstet sind, dem digitalen Frühwarnsystem NautiTronix. In Zusammenarbeit mit dem Schweriner Verkehrsministerium, der Hochschule Stralsund und dem Putbusser Start-up NautiTronix UG, das dieses System entwickelte, wurde es getestet und für ausgezeichnet befunden. Technik vom Büro aus im Blick: „Von Stralsund aus können wir nun jederzeit alle Bord-Parameter überprüfen. So sehen wir dann, wie der technische Zustand der Schiffe ist, wo sie sich gerade befinden, ob sie bei Wind und Wellen optimal laufen oder wie hoch ihr CO2-Ausstoß ist.“ So sei es gelungen, „den Treibstoffverbrauch zu senken, die Fahrweise zu optimieren und die Sicherheit an Bord zu erhöhen“, erläutert Schäfer. Deuten sich Störungen an, springt eine Ampel zunächst von Grün auf Gelb: „Aber zu Rot lassen wir es möglichst gar nicht kommen. Wir haben also die Chance, früh einzugreifen, um Schäden und damit Reparaturkosten zu vermeiden.“ Erste Solarfähre zwischen Sellin und Baabe: Auch den Ladezustand der Batterien ihrer sechs Fähren, die mit Solarstrom betrieben werden, können die Stralsunder nunmehr vom Büro aus überprüfen und im Ernstfall sofort reagieren. Während fünf dieser Wasserfahrzeuge in Berlin von Ufer zu Ufer fahren, wird die erste Solarfähre in MV demnächst mit maximal 60 Personen an Bord zwischen Sellin und Baabe pendeln. Und das, wie Schäfer hervorhebt, „kurtax-finanziert“. Mit umgerüsteten Hybrid-Fähren geht es vermutlich ab Herbst auch in Rostock umweltfreundlich über die Warnow. „Skane Jet“ soll am 1. April starten: Den 1. April hat sich Schäfer im Kalender rot angestrichen. Passend zur Farbe des zur Mutterfirma FRS Baltic gehörenden High-Speed-Katamarans. Ab diesem Tag soll nämlich der „Skane Jet“ wieder zwischen Sassnitz und Ystad in Schweden pendeln. Zunächst nur einmal am Tag. „Aber wenn es die Situation zulässt, soll das Schiff auch zweimal am Tag verkehren“, kündigt Knut Schäfer an. Und hofft auf den Mai. Von Werner Geske

MV: Weiße Flotte hofft auf Saisonstart im Mai – Schiffe aufgerüstet