„Moni“ trägt mühelos eine Schiffskabine zum Lkw und hebt sie auf den Anhänger. Das wird der Elektro-Gabelstapler künftig sehr oft tun. Denn von jetzt an werden Schiffskabinen von Wismar nach Rostock transportiert. Am Montag ist Premiere gewesen. Die ersten beiden Kabinen sind verladen und zur Werft nach Warnemünde gebracht worden – von Fahrer Christian Caciu. Er ist Mitarbeiter der Firma Eillogistik aus Rostock. Die hat den Zuschlag für den Transport der möblierten Schiffskabinen bekommen. Die werden in die nach Passagierzahl (9500) größten Kreuzfahrtschiffe der Welt eingebaut.
In 15 Minuten sollen zwei Kabinen verladen werden
„Wir beliefern alle drei Standorte der MV Werften: Wismar, Rostock und Stralsund“, berichtet Geschäftsführer Marco Broening. Für den Auftrag sei der Fuhrpark extra erweitert worden – um drei Transporteinheiten, wie es in der Fachsprache heißt. Gemeint sind drei Lkw. Mit denen werden künftig insgesamt sechs Fahrer im Einsatz sein. Denn so schnell wie die Kabinen in Wismar am Fließband entstehen, so sollen sie auch verladen werden. „Wir arbeiten an dem Projekt seit einem Jahr“, berichtet Broening. Unter anderem seien die Fahrzeuge mit Schiebebügelsystemen ausgerüstet worden.
10 bis 15 Minuten soll es dauern, zwei Kabinen auf den Anhänger zu bringen und sie dort zu befestigen. „Das ist das Ziel“, sagt Johannes Gößler, Geschäftsführer der MV Werften Fertigmodule GmbH. Das Schwesterunternehmen der Werft produziert an der Westtangente in Wismar Kabinen für Kreuzfahrer und Crewmitglieder. Die Herstellungszeit pro Stück beträgt fünf Stunden – alle 20 Minuten verlässt eine fertige Kabine das Band. „Wenn die Produktion auf Hochtouren läuft, darf beim Transport nichts schiefgehen“, betont Broening. Deshalb werde die Prozedur in den nächsten Wochen perfektioniert. „Damit es beim Ausliefern keine Beschädigungen an den Kabinen gibt, werden die auf dem Lkw mit Airbags geschützt“, erklärt der Geschäftsführer von Eillogistik.
Wismar, Rostock und Stralsund werden beliefert
Da es in der Rostocker Werft keine „Moni“ gibt, werden die Kabinen auf dicken Metallplatten befestigt. So können sie dort per Kran vom Lkw gehoben werden. Außerdem sind sie in Folie eingeschweißt, um sie vor Regen zu schützen.
Die Premiere verläuft gut. Etwa eine halbe Stunde dauert es, die ersten beiden Kabinen zu verladen. Die Plane kann sekundenschnell nach vorne und hinten verschoben werden und ist mit dem Schriftzug „Hier fährt ein Wohnmodul“ bedruckt.
Insgesamt werden 3400 Crew- und Passagier-Unterkünfte für ein XXL-Kreuzfahrtschiff der Global Class gebraucht. Das 342 Meter lange Schiff wird seit 2018 in Rostock und Wismar gebaut. Auch Stralsund soll bald Teile dazuliefern. Am Sund werden außerdem 150 Kabinen für die Luxus-Expeditionsyachten der Endeavor-Klasse benötigt, von denen die erste im kommenden Jahr die Werft verlassen soll. „Für die Yachten liefern wir aber nur die Crew-Kabinen“, berichtet Gößler. Die Suiten für die Passagiere werden an Bord durch die Werft gebaut, weil die Unterkünfte „zu groß sind, um sie zurzeit modular zu bauen“.
Unterkünfte sind komplett ausgerüstet
Modular bedeutet, sie sind ausgerüstet. Rohre werden eingebaut, Kabel, Betten, Kleiderschränke, Lampen, Waschbecken, Toiletten, Spiegel, Fernseher, Nasszellen mit Silikon verfugt. 15 Stationen gibt es dafür am Fließband in der 9000 Quadratmeter großen Produktionshalle in Wismar. An jeder Station arbeiten drei- bis vierköpfige Teams. Die setzen alle Teile nacheinander ein - so wie man es von Automobilherstellern kennt. Um die Module vom Fließband sicher ins Lager zu transportieren, sind für eine sechsstellige Summe zwei Elektro-Riesen-Gabelstapler gekauft worden. Die Mitarbeiter haben sie „Moni“ und „Cindy“ getauft. Die Namensgeberinnen gehören zum Unternehmen. Ihre Fahrer haben monatelang trainiert, denn auch sie dürfen beim Transport keine Schäden an der teuren Fracht verursachen.
13 Millionen Euro investiert
Im Sommer 2016 hat die MV Werften Fertigmodule GmbH die Halle der ehemaligen Solarfabrik in Wismar-Dammhusen an der Westtangente gekauft, 13 Millionen Euro investiert und das Firmengelände vergrößert. Die 9000 Quadratmeter große Produktionshalle ist klimatisiert und beheizbar, die Lampen sind auf LED umgerüstet worden, um Tageslicht zu imitieren. 15 Stationen gibt es am Fließband. An jeder Station arbeiten drei- bis vierköpfige Teams. Die setzen alle Teile nacheinander ein - so wie man es von Automobilherstellern kennt.
Um genügend Kabinen auf Reserve zu haben, ist neben der Produktionsstätte eine neue Lagerhalle gebaut worden. Die kann mehr als 300 Kabinen aufnehmen – jeweils drei Stück übereinander. Sie ist 83 Meter lang und 76 Meter breit und hat vier Millionen Euro gekostet.
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Kerstin Schröder