Das Blaulicht ist eingeschaltet, die Sirenen heulen, die Schlagstöcke sind am Ellenbogen auf Anschlag: Beamte der Bereitschaftspolizei bereiten sich gestern Mittag auf einen möglicherweise gefährlichen Einsatz in Peenemünde vor. Aus der Leitstelle hören sie über Funk die Lage: Eine Gruppe, so heißt es, verfolge im Bereich des Peenemünder Nordhafens einen Mann. Die Verfolger seien bewaffnet und geben vor, den Mann aufschlitzen zu wollen. Im Eiltempo geht es für die Beamten in den Inselnorden.
Die Polizisten kommen ganz aus der Nähe, genau gesagt aus Kienheide bei Karlshagen. Dort war am Dienstag ein herrenloses Damenrad gefunden worden, dazu mehrere Flaschen Bier in einer Umhängetasche sowie eine Decke. Zunächst hatte man den Sachverhalt als Fundsache eingestuft. Am Tag darauf entschieden sich die Beamten jedoch, die Suche nach einer möglicherweise vermissten Person zu starten. Die Hunde der Bereitschaftspolizei machten sich samt Hundeführer auf den Weg zur Insel Usedom. Es könnte ja sein, dass die Person, die das Fahrrad fuhr, ins Wasser gegangen ist. Hätte die Suche nichts ergeben, wäre der Polizeihubschrauber „Merlin“ zum Einsatz gekommen ...
Binnen weniger Minuten treffen die Beamten am Eingangstor zum Nordhafen ein, wo ein Mann wartet und ihnen die Situation schildert. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um den angeblich verfolgten Mann handelt. Er wirkt geistig verwirrt und irgendwie abwesend, gibt wirre Aussagen zu Protokoll. In seiner Tasche finden die Beamten ein weißes Pulver, höchstwahrscheinlich Drogen.
Während ein Teil der jungen Bereitschaftspolizisten sich um den Mann kümmert, fahren die anderen Kollegen das naheliegende Ferienwohngebiet ab. Im dichten Schneetreiben ist keine Menschengruppe auszumachen, die dort nicht hingehört und dem Mann etwas Böses antun will. Nur einige Bauarbeiter werkeln an einem Haus. Auch sie haben niemanden gesehen.
Die Beamten vernehmen den Mann aus Peenemünde und stellen ihm eine Reihe von Fragen. Zum Beispiel, was er gesehen hat, ob er Stimmen gehört oder Alkohol getrunken hat. Das Atemalkoholmessegerät stoppt bei rund 0,7 Promille.
Im Gespräch mit dem Mann stellt sich allmählich heraus, dass ihm das am Vortag in Kienheide abgestellte Fahrrad gehört. Er kann nach mehreren Anläufen bestätigen, dass er auch der Eigentümer der anderen Fundsachen ist. Die Biersorten von Kienheide stimmen mit jenen überein, die er in seinem Rucksack mitführt. Auch die Farbe des Fahrrades kann er auf Anfrage bestätigen.
Axel Falkenberg von der Pressestelle der Polizeiinspektion in Anklam erklärt am Nachmittag, dass die Kollegen in Heringsdorf den ganzen Fall nun zu den Akten legen könnten. „Der Mann wurde nach der polizeilichen Maßnahme vom Rettungsdienst ins Krankenhaus nach Wolgast gefahren. Es ist nicht auszuschließen, dass er Betäubungsmittel zu sich genommen hat“, so der Sprecher.
Hannes Ewert